Thema des Tages


Wetter aktuell

Winter statt Frühling?!

Heute startet der März und damit auch der meteorologische Frühling. 
Das Wetter verfolgt aber alles andere als frühlingshafte Pläne. Mehr 
dazu lesen Sie im heutigen Thema des Tages.

Am heutigen 1. März beginnt wie jedes Jahr der meteorologische 
Frühling. Das Wetter traut sich jedoch noch nicht so richtig, bei 
diesem Jahreszeitenwechsel mitzugehen. Zwar scheint in weiten Teilen 
des Landes die Sonne - und die kann einem Anfang März in 
windgeschützten Lagen gefühlt durchaus schon ganz gut "einheizen". 
Allerdings bleibt das Temperaurniveau mit Höchstwerten zwischen 2 und
9 Grad noch recht gedämpft.

Mit Blick auf die Luftdruckverteilung über Europa fällt einem direkt 
eine ausgedehnte Hochdruckzone mit Zentrum zwischen Island und 
Schottland auf, die sich von Grönland über Mitteleuropa bis zum 
Schwarzen Meer erstreckt. HAZAL nennt sich dieses Hoch, das uns den 
oben erwähnten Sonnenschein (aber mancherorts auch Nebel und 
Hochnebel) bringt. Dem gegenüber befindet sich Tief ZAKARIYYA, das 
auf internationalem Parkett auf den Namen JULIETTE hört, über dem 
westlichen Mittelmeerraum. Da sich ein Hoch bekanntlich im und ein 
Tief gegen den Uhrzeigersinn dreht, kommt die Strömung zwischen HAZAL
und ZAKARIYYA überwiegend aus östlicher bis nordöstlicher Richtung. 
Damit gelangt kalte Kontinentalluft nach Deutschland, die es der 
Sonne schwermacht, Frühlingsgefühle zu wecken. Über dem Süden und 
Südwesten ist diese Strömung zudem recht lebhaft, sodass sich die 
Luft durch den zum Teil böigen Ost- bis Nordostwind noch etwas kälter
anfühlt, als sie eigentlich ist. (T-Beispiel aus Süddeutschland?)

Dem Wind geht allerdings bereits ab dem morgigen Donnerstag 
allmählich die Puste aus, denn Tief ZAKARIYYA schwächt sich ab. 
Gleichzeitig beginnt sich ein Tiefdruckkomplex über Skandinavien 
einzunisten, wodurch die Strömung über Deutschland langsam aber 
sicher auf Nord dreht. Dadurch gelangt ab dem Wochenende polare 
Kaltluft nach Deutschland, die für einen länger anhaltenden, 
nasskalten bis winterlichen Abschnitt sorgen könnte.

Deutliche Hinweise auf ein solches Szenario liefert seit ein paar 
Tagen die Ensembleprognose des auf mittelfristige Vorhersagen 
spezialisierten Modells des ECMWF. Aufgrund der mit der Zeit deutlich
zunehmenden Vorhersageunsicherheit, versucht man mit Hilfe von 
Ensembleprognosen diese Unsicherheit abzuschätzen. Dabei wird für 
einen Ort nicht nur eine, sondern mehrere Prognosen mit leicht 
veränderten Anfangsbedingungen gerechnet. Dieses sogenannte Ensemble 
beinhaltet beim ECMWF 51 Mitglieder, also 51 Vorhersagen. Je weiter 
sich diese Vorhersagen voneinander unterscheiden, desto unsicherer 
ist die Prognose. Liegen sie dagegen nah beieinander, ist sich das 
Ensemble einig, in welche Richtung sich das Wetter entwickeln soll. 

Mit Blick auf die Ensemblevorhersage der Temperatur in 850 hPa (etwa 
1500 m Höhe) am Beispiel Offenbach erkennt man schön, dass das Gros 
der einzelnen Vorhersagen (dünne, rot-gestrichelte Linien) bis 
einschließlich übermorgen (Freitag) recht nah beieinanderliegen und 
um die 0-Grad-Marke tänzeln. Niederschlag hat dagegen kein einziges 
Ensemblemitglied auf der Agenda. Am Wochenende rauscht die Temperatur
dann aber in den Keller, da ist sich das Ensemble einig. Die Frage 
ist letztlich, wie tief der Keller ist. Die Mitglieder spannen einen 
Raum von etwa -5 bis -13 Grad (in rund 1500 m Höhe - nur zur 
Erinnerung) auf, den sogenannten Spread. Die meisten Vorhersagen 
tummeln sich dabei zwischen -6 und -10 Grad und das sogar über weite 
Teile der nächsten Woche. Es gibt auch immer wieder einzelne 
Ensemblemitglieder, die zum Teil sogar in den positiven Bereich 
abdriften. Dieses Szenario muss nach momentanem Stand aber als 
Außenseiterlösung und daher als unwahrscheinlich abgestempelt werden.
Erst zum Ende nächster Woche gewinnen die Ausreißer nach oben die 
Überhand.

Die Temperatur geht es also erst einmal zurück, gleichzeitig nehmen 
aber die Niederschlagssignale zu, was übrigens nicht nur für 
Offenbach, sondern für ganz Deutschland gilt. Das bedeutet also auf 
jeden Fall für das Bergland winterliche Aussichten, wobei sich - je 
nach "Kellertiefe" - auch in tiefen Lagen immer wieder mal etwas 
Schnee die Ehre geben dürfte. 

Schlechte Nachrichten also für alle Frühlingsfans. Ihnen bleibt nur 
die Hoffnung, dass das Wetter nicht auch den astronomischen 
Frühlingsstart am 20. März verschläft.


Dipl.-Met. Tobias Reinartz 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 01.03.2023

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