Thema des Tages


Wetter aktuell
Sonnenmystik

In den vergangenen Tagen ließen sich vermehrt optische Lichteffekte 
rund um die Sonne beobachten. Was es mit den faszinierenden 
Erscheinungen wie "Nebensonnen", "Zirkumzenitalbögen" oder dem 
"22°-Ring" auf sich hat, lesen Sie im heutigen Thema des Tages.

Der einen oder dem anderen werden sie schon einmal mehr oder weniger 
bewusst aufgefallen sein: Lichteffekte, die rund um die Sonne 
auftreten. Diese werden generell unter dem Oberbegriff "Halo" 
zusammengefasst und sind teilweise so farbenprächtig wie der allseits
bekannte Regenbogen. Das vom griechischen "halos" abstammende Wort 
bedeutet so viel wie "Scheibe" und beschreibt am Himmel erscheinende 
helle Ringe, Bögen, Flecken oder Säulen. 

Halos entstehen durch Reflexion und Brechung des Sonnenlichts an in 
der Luft befindlichen Eisteilchen. Wer nun davon ausgeht, dass man 
zur Sichtung der faszinierenden Phänomene auf eisige Temperaturen 
warten muss, liegt allerdings falsch. Auch in unseren Breiten kommen 
die Eisteilchen sehr häufig vor, zwar nicht in Bodennähe, dafür aber 
in Cirrus- oder Cirrostratuswolken in einer Höhe von 8 bis 12 
Kilometern. Diese Wolken sind meist sehr zart, gleichen Fasern, 
Haaren oder schmalen Bändern und lassen öfter den blauen Himmel durch
sich hindurch schimmern. Hin und wieder sind sie überhaupt nicht mit 
dem bloßen Auge wahrnehmbar, Eiskristalle halten sich dennoch in den 
eisigen Höhen auf. 

Man kann Halos prinzipiell das ganze Jahr über beobachten, denn in 
Höhen, in denen Cirren vorkommen, ist es immer sehr kalt. Allerdings 
können sich Halos im Winter auch in Bodennähe bei Eisnebel, in der 
Nähe von Schneekanonen oder im Polarschnee (Entstehung von Eisnadeln 
aus dem Wasserdampf der unteren Luftschichten) bilden. Entscheidend 
dafür, ob oder welche Art von Halo man zu sehen bekommt, ist die 
Form, Größe und Ausrichtung der Eisteilchen.

Auf dem Weg zum Brecherspitz-Vorgipfel im Mangfallgebirge in den 
Bayerischen Alpen zeigten sich meinem Kollege Jens Winninghoff am 
vergangenen Donnerstag rund um die über dem Horizont stehende Sonne 
gleich mehrere Haloerscheinungen zur selben Zeit. Auf dem Foto in 
Abbildung 1 steht die Sonne hinter den Kronen der sich in der 
Bildmitte befindlichen Nadelbäume. Kreisförmig um die Sonne herum 
befindet sich ein weißlich-braun schimmernder Kreis. Dabei handelt es
sich um eine der häufigsten Haloerscheinungen: den sogenannten 
"22°-Ring" oder auch "kleiner Halo" genannt. Die Ausrichtung der 
Eiskristalle spielt dabei keine Rolle, diese können zufällig 
orientiert sein. 

Anders sieht es zu beiden Seiten des Rings aus. Dort lässt sich ein 
kleiner hellerer Abschnitt beobachten. Bei dieser Erscheinung, die 
man als "Nebensonne" bezeichnet (jeweils eine links und rechts von 
der Sonne angeordnet), werden die Sonnenstrahlen an waagerecht 
schwebenden Eisplättchen gebrochen. Zum besseren Verständnis wurden 
die einzelnen Phänomene im Foto in Abbildung 2 beschriftet. 

Wer nun ganz genau hinsieht, stellt eine bogenförmige 
Verbindungslinie zwischen den Nebensonnen und der Sonne selbst fest, 
die auch über den 22°-Ring hinausgeht. Dabei handelt es sich um ein 
Kreissegment des sogenannten "Horizontal- bzw. Nebensonnenkreises", 
der sich aufgrund der Spiegelung des Lichts an den vertikalen Flächen
von Eiskristallen ausbildet. Daher erscheint der Kreis immer weiß und
nicht in den Spektralfarben. 

In etwas größerer Entfernung zur Sonne lässt sich ein weiterer Kreis 
feststellen. Nun ist es aufgrund des Sonnenstandes nicht immer 
einfach, diesen eindeutig zu bestimmen, denn hierbei kann es zu einer
Überlagerung von zwei verschiedenen Phänomenen kommen. Zum einen 
erkennt man den sogenannten "46°-Ring" ("großer Halo"). Dieser tritt 
seltener auf als sein "kleiner Bruder" und ist auch deutlich 
schwächer ausgeprägt. Bei genauem Hinsehen erkennt man jedoch, dass 
der Ring stellenweise in Regenbogenfarben leuchtet. Entsprechend 
könnte sich der 46°-Ring hier mit dem seltenen "Supralateralbogen" 
überlagern. 

Im oberen Bildbereich lässt sich ein nach oben hin geöffnetes 
Kreissegment beobachten, das einem "auf dem Kopf stehenden" 
Regenbogen gleicht. Hierbei handelt es sich um den sogenannten 
"Zirkumzenitalbogen", der eine der farbenprächtigsten 
Haloerscheinungen darstellt. Hierbei werden die Sonnenstrahlen an 
waagerecht schwebenden Eisplättchen gebrochen. 

Wenn sich der Autor abschließend nicht vollständig täuscht, kann man 
knapp oberhalb des 22°-Rings noch einen weiteren kleinen farbigen, 
allerdings lichtschwachen Bogen erkennen. Dabei sollte es sich um den
eher selten auftretenden "konkaven Parrybogen" handeln. Dieser 
entsteht durch die Brechung des Sonnenlichts an säulenförmigen 
Kristallen, die "doppelt orientiert" sind. Das bedeutet, nicht nur 
die Hauptachse der Kristalle ist horizontal orientiert, auch die 
obere und untere Prismenfläche ist parallel zum Horizont 
ausgerichtet. 

Falls Sie es an diesem Wochenende ins höhere Bergland schaffen oder 
eine Wolkenlücke erwischen, schauen Sie ruhig mal in den Himmel. Es 
könnte sich lohnen!


MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 28.01.2023

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