Thema des Tages


Wetter aktuell
Dicker Brocken

Das Thema des Tages beschäftigt sich heute mit dem ungewöhnlich 
kräftigen und großräumigen Tief CONSTANTIN.

Falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten: Es ist Hochwinter! 
Laut Wikipedia im Allgemeinen "die kälteste Phase des Winters" und 
damit natürlich auch des gesamten Jahres. Aber in den letzten Tagen, 
genau genommen seit etwa zwei Wochen, ist davon nichts zu spüren. In 
vielen Wetterberichten lauteten die Kommentare zu den Temperaturen 
mild, sehr mild oder ungewöhnlich mild.
 
Großräumig betrachtet scheint die Wetterlage festgefahren. Nördlich 
von uns geben sich die Tiefdruckgebiete die Klinke in die Hand. War 
es gestern noch Sturmtief AXEL, das sich heute aber schon auf den Weg
nach Osteuropa gemacht hat und dessen Windfeld auch allmählich nach 
Polen abzieht, so haben wir es ab der kommenden Nacht mit Tief BENITO
und danach mit Tief CONSTANTIN zu tun. 

Und letzterer ist wahrlich ein dicker Brocken - genauer muss man 
sagen, er entwickelt sich zu einem dicken Brocken. Denn wer aktuell 
auf die Wetterkarten schaut, sieht auf dem zentralen Nordatlantik, 
etwa auf halbem Weg zwischen Neufundland und Spanien, nur ein 
kleines, unscheinbares Teiltief, dessen Kerndruck von knapp unter 995
hPa erstmal keinen Anlass zu Sorge bereitet (siehe Abbildung, kleiner
Ausschnitt, Zeitpunkt Donnerstag 13 MEZ). 

Diesbezüglich ist allerdings Vorsicht geboten: Da unter anderem die 
Konfiguration der Höhenströmung (Divergenz https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?nn=10334
6&lv2=100578&lv3=100614) für bodennahen Druckfall sorgt und auch ein 
Starkwindband (Jetstream  https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?nn=10334
6&lv2=101304&lv3=101330) in der Höhe die Tiefdruckentwicklung 
"anfacht", plustert sich CONSTANTIN ganz schön auf. Der Druckfall ist
beachtlich: heute um 18 UTC (früher Greenwich Mean Time; entspricht 
MEZ -1 Stunde) soll er bei knapp unter 985 hPa liegen, morgen früh um
06 UTC schon bei 950 hPa - um morgen Abend Werte von knapp unter 945 
hPa zu erreichen! 

Aber nicht nur die Druckentwicklung ist beeindruckend. Auch 
CONSTANTINs Ausdehnung ist gewaltig. Die Abbildung (großer 
Ausschnitt) zeigt eine Prognose des Bodendrucks und der Position der 
Fronten für den morgigen Samstag um 12 UTC. CONSTANTIN überdeckt zu 
diesem Zeitpunkt weite Teile des Nordatlantiks, dazu auch West- und 
Nordeuropas. Und da Mitteleuropa östlich bzw. südöstlich des 
Tiefzentrums liegt und damit im Zustrom milder Luft verbleibt (roter 
Pfeil), ist es mit winterlichen Verhältnissen bei uns auch erstmal 
nicht weit her. 

Dabei hätte das Tief BENITO, das in der Abbildung (kleiner 
Ausschnitt) nordwestlich von Irland zu finden ist, durchaus Kaltluft 
im Gepäck gehabt. Sein Frontensystem ist in den Feuchtefeldern in 700
hPa (ca. 3 km Höhe) gut zu erkennen. Die Warmfront erstreckt sich als
grünes Band von England nach Ostfrankreich, die Kaltfront liegt 
dagegen, von Nordost nach Südwest orientiert, über dem Atlantik. 
Allein: Die Kaltfront schafft es nicht bis zu uns. Da sich CONSTANTIN
aufbläht, wird in dessen Zirkulationsfeld BENITOs Kaltluft wieder 
nach Norden geschoben - also dahin, wo sie herkam. Und in der Folge 
hält die milde Witterung auch in den kommenden Tagen an.
 
Wird es denn irgendwann doch noch Winter? Nach jetzigem Stand 
versucht ab dem 9.1. wieder kalte Luft bei uns Fuß zu fassen. Dann 
rutschen wir auf die westliche und somit kalte Seite von CONSTANTIN. 
Er bestimmt unser Wetter also weiterhin, aber dann sollte die 
Situation zumindest "winterlich angehaucht" sein. Aber ein veritabler
Kaltlufteinbruch, der dem Hochwinter wirklich Ehre macht, ist 
weiterhin nicht in Sicht.


Dipl.-Met. Martin Jonas  
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 05.01.2023

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