Thema des Tages
Wetter aktuell
Schnee - des einen Freud, des anderen Leid
Am heutigen 27. Dezember begehen alle Schneebegeisterten den
Bastle-ausgeschnittene-Schneeflocken-Tag. Bei uns sucht man den
Schnee leider vergeblich, in anderen Längengraden war es in den
letzten Tagen bezüglich Schnee mancherorts leider zu viel des Guten.
Damit beschäftigt sich das heutige Thema des Tages.
Da das (bereits wieder) vergangene Weihnachtsfest in unseren Breiten-
und Längengraden leider nicht mit Schnee in Verbindung gebracht
werden konnte, besteht nunmehr die Möglichkeit, sich anlässlich
dieses "Feiertags" die Fensterscheiben winterlich zu dekorieren,
insofern dies nicht bereits längst geschehen ist.
Schnee ist an sich etwas sehr Filigranes, was man beim Basteln
schnell feststellen wird. Die größte Faszination für diese
sechseckigen Strukturen hatte mit Sicherheit Wilson Bentley, denn
sein Lebenswerk bestand aus mehr als 2.400 Fotografien natürlicher
Schneekristalle. Die wichtigsten Parameter bei der Entstehung sind
Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Ukichiro Nakaya war von der Arbeit
Bentleys so fasziniert, dass er sich auch physikalisch mit der
Entstehung von Schneekristallen beschäftigte. Demnach lassen sie sich
je nach Temperatur in zwei verschiedene Grundformen einteilen: Bis -4
Grad Celsius sowie zwischen -11 und -22 Grad liegen sie als Plättchen
vor, ansonsten haben sie die Form von Prismen.
Viele Schneekristalle zusammen bilden eine mehr oder weniger große
weiße Masse. In den USA und Japan fiel tatsächlich pünktlich zu
Weihnachten Schnee und man hätte sich so schön über weiße Weihnachten
freuen können, wenn nicht die tatsächlichen meteorologischen
Gegebenheiten gezeigt hätten, dass "Viel" nicht unbedingt gleich
"Gut" sein muss.
Wie im Thema des Tages vom 22.12.2022 berichtet, gab es in den Tagen
vor Weihnachten ein Kaltluftausbruch in Kanada und den USA, der die
Great Plains mit extrem kalten Luftmassen mit 850hPa-Temperaturen
(Temperaturen in etwa 1,5km Höhe) von unter -30 Grad Celsius flutete.
Bei Durchzug der arktischen Kaltfront fiel die Temperatur örtlich
binnen weniger Minuten um 40 Kelvin. Starke Winde verstärkten die
Kälte mit Windchill-Temperaturen von gebietsweise unter -45 Grad
Celsius, sodass es innerhalb kürzester Zeit lebensbedrohlich wurde.
An der Vorderseite dieses Kaltluftausbruchs entwickelte sich
pünktlich zum Weihnachtsfest rasch ein Wintersturm, der auf den Namen
"Elliott" getauft wurde. Schnell war von einem "Bomben-Zyklon" die
Rede. Wie im Thema des Tages vom 07.01.2018 erläutert, kann ein
Zyklon per Definition NICHT in den USA auftreten, eine Zyklone aber
sehr wohl. Weniger "reißerisch" ist es hierbei, den Begriff der
"rapiden Zyklogenese" zu verwenden, bei dem der Kerndruck binnen von
24 Stunden um mindestens 24hPa (Hektopascal) fallen muss, um die
Bedingung einer rapiden Zyklogenese zu erfüllen. Im Fall von Elliott
fiel der Kerndruck binnen 24 Stunden um 30 hPa.
Der amerikanische Wetterdienst gab Blizzard-Warnungen heraus. Per
Definition müssen hierbei folgende Bedingungen erfüllt sein:
- Windgeschwindigkeiten von wenigstens 56,3 km/h (35 Meilen/Stunde,
Bft 7) - heftiger Schneefall und/oder aufgewirbelter Schnee
(Schneetreiben) - Sichtweiten unter 400 m (1/4 Meile)
Die Auswirkungen dieser Kälteperiode und des Wintersturms waren
immens. Landesweit gab es mehr als 50 Todesopfer. Flächenweise kam es
zu Stromausfällen und pünktlich zur Haupt-Reisewelle kurz vor
Weihnachten mussten zahlreiche Flüge gestrichen werden. Das Umsteigen
auf das Auto war allerdings vielerorts keine gute Idee. Insofern ein
Ausrücken der Rettungskräfte überhaupt möglich war, konnten diese am
Ende viele nur tot aus ihren Fahrzeugen bergen, die unter
Schneeverwehungen verschüttet waren.
So meldete der Flughafen in Buffalo am Eriesee an Heiligabend
Schneemengen von 71cm innerhalb von 48 Stunden. Angefacht durch den
Lake-Effekt sollten noch mehr als 25 cm dazukommen, was aufgrund der
starken Winde allerdings schwer messbar ist, da sich an manchen
Stellen meterhohe Schneeverwehungen bildeten.
Auch auf der anderen Seite des Pazifiks hatte es seit zehn Tagen
heftig geschneit. Grund hierfür waren kalte sibirische Luftmassen,
die beim Überströmen des vergleichsweise warmen Japanischen Meers
viel Feuchtigkeit aufnehmen konnten. Diese trafen dann auf die
japanischen Inseln und blieben an deren Hochgebirge hängen. In
manchen Regionen gab es binnen 24 Stunden fast einen Meter Neuschnee.
Mancherorts wurden Schneemengen gemeldet, die dem Dreifachen dessen
entsprechen, was sonst für die Jahreszeit üblich ist. Die Folge waren
17 Todesopfer und Tausende Haushalte ohne Strom.
M.Sc. Tanja Sauter / Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.12.2022
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