Thema des Tages


Wetter aktuell 

Wenn der "Snow Bowl" abgesagt ist ? Historische Schneemengen im 
Bundesstaat New York
Die heftigen Schneefälle im Zusammenhang mit dem "Lake Effect Snow" 
haben im Bundesstaat New York inzwischen an einigen Orten historische
Ausmaße erreicht. Wir schauen auf ein paar Messwerte und 
meteorologische Details und klären welche Auswirkungen das auf ein 
Spiel der National Football League hat.

Vor beinah fünf Jahren, am 10. Dezember 2017, empfingen die Buffalo 
Bills die Indianapolis Colts in ihrem heimischen Highmark Stadium in 
Orchard Park, einem Örtchen knapp südlich von Buffalo. Das Spiel fand
inmitten eines Schneesturmes statt, der durch den sogenannten Lake 
Effect ausgelöst wurde. Dabei fielen in Orchard Park insgesamt 42 cm 
(16.7 inches) Schnee, davon alleine 20 bis 23 cm (8-9 inches) während
des über drei Stunden dauernden Spieles. Der starke Schneefall in 
Verbindung mit starken Winden machte die Übertragung und 
Kommentierung des Spieles aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse 
zu einer Herausforderung. Aber auch die Spieler auf dem Platz hatten 
mit den Bedingungen zu kämpfen. Die Hausherren entschieden 
schließlich nach mauer Punkteteilung erst in der Verlängerung die 
Partie für sich. Das Match ging unter dem Namen "Snow Bowl" (in 
Anlehnung an den Super Bowl) letztendlich in die Football-Annalen 
ein.
Ein neuerlicher "Snow Bowl" für den heutigen Sonntag wurde jedoch 
frühzeitig abgesagt, denn das Stadion in Orchard Park ist inzwischen 
von Schneemassen begraben. Die Liga entschied daher schon am 
Donnerstagabend, dass die Bills aus Sicherheitsgründen ihr heutiges 
Heimspiel gegen die Cleveland Browns in der 350 km westlich gelegenen
Stadt Detroit im überdachten Stadion der Lions austragen müssen. 
Ursache für die teils massiven Schneemengen im Bundesstaat New York 
ist ein seit Donnerstag anhaltendes und intensives "Lake Effect Snow"
Event. Dieses brachte und bringt immernoch insbesondere den östlichen
Küstenregionen der Großen Seen in den Vereinigten Staaten und Kanada 
enorme Schneemassen, die inzwischen erste historische Marken geknackt
haben. Besonders betroffen ist einmal mehr die Region rund um Buffalo
am östlichen Ende des Eriesees sowie die Region rund um Watertown am 
Ontariosee. Bis zum gestrigen Samstag wurden knapp östlich von 
Watertown gut 180 cm (72.3 inches), in Orchard Park schon beinah 2 
Meter Schnee (77 inches) registriert. Noch nie seit Beginn der 
Aufzeichnungen kam im Bundesstaat New York an einem bzw. zwei Tagen 
so viel Schnee zusammen. Und auch heute schneit es in den Regionen 
kräftig weiter. Dementsprechend gibt es dort starke Einschränkungen 
auf und neben den Verkehrswegen.  
Die wichtigsten Fakten zum "Lake Effect Snow" wurden im gestrigen 
Thema des Tages bereits erörtert (siehe: 
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/11/19.html). Ein 
paar ergänzende Details zur vorherrschenden Wetterlage und 
Ergänzungen zum Lake Effect sollen heute noch dazu kommen.
Auslöser für die derzeitigen Schneefälle ist ein hartnäckiges 
Wettermuster, dass sich mit Blick auf höhere Luftschichten erkennen 
lässt. Über dem Osten des nordamerikanischen Kontinents hat sich seit
der zweiten Wochenhälfte ein umfangreicher und weit nach Süden 
ausgreifender Trog eingenistet (siehe animierte Abbildung 1). Damit 
einhergehend wird aus dem Norden Kanadas anhaltend hochreichend 
arktische Polarluft über die offenen Gewässer der Großen Seen 
geführt. Erst im heutigen Tagesverlauf und in der Nacht zum Montag 
zieht der Trog allmählich ostwärts ab.

Jetzt kennen wir den großskaligen, synoptischen Antrieb. Doch was 
macht die Schneefälle besonders intensiv? Aus dem Thema von gestern 
wissen wir, dass, je größer die Temperaturdifferenz (mindestens 13 
Kelvin) zwischen den Wasseroberflächen und Höhen von rund 1500 m ist,
umso mehr Energie steht für kräftige und langlebige 
Niederschlagsbänder zur Verfügung. Aktuell sind die Großen Seen mit 
+4 bis +10 Grad für die Jahreszeit noch ziemlich warm. Im Gegensatz 
waren beispielhaft am gestrigen Samstag in 1500 m (850 hPa) -10 bis 
-15 Grad vorherrschend (Abbildung 2). Summa summarum sind demnach 
Differenzen von 14 bis 25 Kelvin vorherrschend, die besonders viel 
Energie für die Bildung von intensiven und teils gewittrig 
durchsetzten Schneeschauerstraßen bereitstellen. Dabei wurden häufig 
pro Stunde Neuschneeraten von 5 bis 10 cm (2-3 inches), in einigen 
Fällen auch 10 bis 15 cm (5 inches) oder darüber beobachtet.  

Eine weitere Schlüsselkomponente bei der Bestimmung von besonders 
betroffen Küstengebieten beim "Lake Effect Snow" ist die 
Windrichtung. Aufgrund der geringen Breite der Niederschlagsbänder 
von meist nur wenigen Kilometern kann ein bestimmtes Gebiet im Schnee
versinken, während in der unmittelbaren Nachbarschaft deutlich 
weniger oder gar kein Schnee fällt. Zudem ist der sogenannte "Fetch" 
entscheidend, der die Wirklänge des Windes über die offene 
Wasserfläche beschreibt. Je länger die Strecke ist, desto größer ist 
die Menge an Wärme und Feuchtigkeit, die dem See entnommen werden 
kann. Der "Fetch" sollte typischerweise mindestens 100 km betragen, 
damit der Luft ausreichend Wärme und Feuchtigkeit für die Entwicklung
der Schneeschauerstraßen zugeführt werden kann. Für den Eriesee und 
den Ontariosee ist der "Fetch" bei einem südwestlichen bis westlichen
Wind besonders lang. Abbildung 3 zeigt eine Animation der 
Windrichtung und Böen in Kombination mit dem Bodendruck aus dem ICON 
13 Modell für den gestrigen Samstag und heutigen Sonntag. In 
Verbindung mit einem Bodentrog drehte am gestrigen Samstag die 
Strömung vorübergehend auf Südwest, sodass die Schneeschauerstraßen 
am Eriesee etwas stärker in den Norden Buffalos und am Ontariosee zu 
den Niagarafällen gerichtet waren.

Heute hingegen hat der zudem stürmische Wind wieder vermehrt auf West
gedreht, sodass die östlichen und südöstlichen Küstenregionen bei 
Buffalo und Watertown wieder im Fokus der heftigsten Schneefälle 
liegen. Bis in die Nacht zum Montag werden strichweise noch einmal 30
bis 50 cm, lokal auch mehr erwartet.


M.Sc.-Met. Sebastian Altnau 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 20.11.2022

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