Thema des Tages

Blitze ? nicht nur gefährlich schön, sondern auch informativ

Blitze sind nicht nur gefährlich, sondern können beeindruckende 
Formen annehmen. Doch welche Informationen kann man aus einer 
Blitzentladung herauslesen? Im heutigen Thema des Tages soll eine 
kleine Übersicht über die Informationsvielfalt von Blitzen gegeben 
werden.

Blitze: Tagsüber ein beeindruckendes, wenngleich gefährliches 
Naturphänomen, in der Nacht ein Feuerwerk der vielfältigen Formen. 
Doch sehen die Blitze nicht nur schön aus, sondern liefern dem 
Beobachtern vor allem bei nächtlicher Dunkelheit einigen 
Informationen über das nahende Gewitter. Auch der Donner ist eine 
informative Begleiterscheinung des Gewitters, doch klammern wir 
diesen im heutigen Thema des Tages aus bzw. können einige 
Informationen im unten verlinkten Anhang aus einem früheren Thema des
Tages entnommen werden. 

Die Entstehung von Blitzen wurde ja bereits oft beschrieben, wird 
innerhalb der wissenschaftlichen Kommune weiterhin heiß debattiert, 
wenngleich die grobe Entstehung unstrittig ist und wird hier in 
groben Abrissen dargestellt:
Innerhalb eines Gewitters sorgen turbulente Auf- und Abwinde für die 
benötigte Ladungstrennung mit einem Überhang von negativer Ladung im 
mittleren und unteren Bereich einer Gewitterwolke und positiver 
Ladung im oberen Bereich der Wolke (siehe Bild A im Anhang). Die 
Voraussetzung für die Bildung eines elektrischen Feldes ist somit 
gegeben. Unter der Gewitterwolke bildet sich zudem ein Bereich 
positiver Ladung mit einer erhöhten Konzentration entlang exponierter
Gegenstände (jedoch nicht darauf beschränkend, weshalb u.a. auch 
kleinere Objekte vom Blitz getroffen werden können). Klingt 
übersichtlich, ist es in der Realität aber nicht, denn in Feldstudien
wurden innerhalb einer Gewitterwolke nicht selten mehrere ?Schichten?
mit unterschiedlicher Geometrie/Ausrichtung und Ladung beobachtet, 
zwischen denen der Blitz entsteht. Bevorzugt entsteht der Blitz im 
Graupelbereich eines Aufwindes zwischen -10 und -20 Grad, der 
sogenannten ?gemischten Phasenregion?, oder auf Englisch ?mixed phase
region?.

Die meisten Blitze verbleiben innerhalb einer Gewitterwolke und 
werden als ?intra cloud (IC)? bzw. ?cloud to cloud lightning (CC)? 
bezeichnet. Sobald der Blitzkanal den Boden erreicht bzw. vom Boden 
aus als sogenannter ?return stroke? (sichtbarer Blitzkanal) erhellt 
wird, sprechen wir von einem ?Wolke-Bodenblitz?, oder ?cloud to 
ground lightning (CG)?, von denen es die positive und negative 
Variante gibt. Die bipolaren Gesellen, die also die Ladungseinheit 
während ihres Auftretens wechseln, lassen wir mal außen vor. 
In den meisten Fällen nähert sich der Erdoberfläche ein negativ 
geladener sogenannter ?steeped leader?, also ein erdwärts wandernder 
und mit dem Auge nicht sichtbarer Funke und sorgt für einen 
erdgerichteten Elektronentransport. Mit anderen Worten ausgedrückt: 
die Erdoberfläche gewinnt zusätzliche Elektronen. Ein negativer 
Wolke-Bodenblitz ist geboren. Umgekehrt erreichen wir eine Abnahme 
der Elektronen in Bodennähe und folgerichtig erhalten wir einen 
positiven Wolke-Bodenblitz.

Doch wenden wir uns nun von der Theorie ab und der Beobachtung zu.
 
Nähert sich ein Gewitter, dann kann man besonders in der Dunkelheit 
der Nacht erkennen, wie die Blitzrate von teils nur schwach 
aufleuchtenden IC oder CC Blitzen rasch zunimmt. In solch einem Fall 
kann man von einem kräftigen oder sich verstärkenden Aufwind 
ausgehen, denn die durch Aufwinde und Graupelbildung forcierte 
Ladungstrennung ist in vollem Gange. Da Aufwinde und Abwinde nicht 
selten pulsieren, muss in der Folge mit Passage des Gewitters die 
Möglichkeit eines kräftigen Abwindes mit Regen/Hagel und heftigen 
Böen in Betracht gezogen werden. Natürlich lässt sich das am besten 
mit einem Wetterradar verfolgen, das aber z.B. in WLAN-freien 
Gebieten nicht immer zur Verfügung steht.
Im Umkehrschluss bedeutet aber Blitzarmut nicht unbedingt, dass wir 
einen schwachen Aufwind haben, denn besonders intensive Aufwinde, wie
z.B. bei Superzellen (siehe Link), können wenigstens temporär von 
geringer Blitzentladung begleitet sein, da der Aufwind zu stark ist 
für eine effektive Graupelbildung. Dieses Phänomen der Blitzarmut ist
aber nur ein vorübergehendes, denn diese Art der Gewitter wird nicht 
selten von besonders intensiven Blitzentladungen begleitet.

Gewitter, die mit heftigen Regenfällen einhergehen, können ebenso 
durch Blitzarmut auffallen, da die Luftmasse zu warm ist für den 
Aufbau einer effektiven/hochreichenden gemischten Phasenregion. 
Blitzarme Gewitter bedeuten also nicht gleichzeitig schwache 
Gewitter.

Eine weitere Informationsquelle ist das optische Verhalten von 
Blitzen.
Wenn eine Blitzentladung erfolgt und der Blitz zu flackern scheint, 
dann handelt es sich um mehrere sogenannte ?return strokes? und ist 
in den meisten Fällen ein Anzeichen für einen negativen CG. Sollte 
jedoch nur ein solider und nicht flackernder Blitzkanal zu sehen 
sein, dann kann man in den meisten Fällen von einer positiven 
Entladung ausgehen. Da die positive Entladung in höheren Bereichen 
der Gewitterwolke entsteht, ist sie nicht selten intensiver und 
heißer und somit auch schadensträchtiger als der negative CG. Dabei 
treten die positiven Entladungen häufig in der Winterzeit, in 
Verbindung mit Superzellen oder in der Endphase eines Gewitters auf 
(Stichwort: ?end of storm oscillation, EOSO?). Im Vergleich zu den 
negativen Blitzen treten die positiven aber in einer deutlich 
geringeren Anzahl auf. 
Die positiven Blitze weisen auch meist einen sehr glatten Blitzkanal 
ohne Verästelungen auf. Mit dieser Information könnte man es wagen, 
die im Anhang beigefügten Blitzbilder in negative CGs (Bild B und C) 
und positive CGs (Bild D und ggf. E) zu unterteilen. Natürlich ist 
das nur eine Vermutung, da von einem statischen Bild nicht 
ersichtlich ist, wie viele return strokes erfolgten. 

Neben dem Aussehen der Blitzkanäle fallen auch immer wieder 
unterschiedliche Farberscheinungen auf ? mal sehen die Blitze weiß, 
mal violett oder gelb aus. Auch hier ergeben sich zahlreiche 
Faktoren, wie die Blitztemperatur sowie die atmosphärischen 
Bedingungen, die allesamt mitentscheiden, welcher Farbton dominiert.
Die Farbe Lila oder Violett tritt sehr häufig auf und wird durch eine
hohe Anzahl fallender Tropfen in dieses Farbspektrum gerückt, sodass 
man von heftigem Niederschlag ausgehen muss. Dies war auch der Fall 
bei Bild B.
Bei blauen Blitzen ist ein gewisser Aerosolgehalt in der Luft und 
sorgt mit ähnlichen Brechungseigenschaften wie bei der 
atmosphärischen Streuung durch Sonnenlicht für den dominanten 
Blauton. Es gibt Anzeichen, dass diese Blitzfarbe häufig in 
Verbindung mit Hagel auftritt, wobei natürlich die Hagelgröße wieder 
über das finale Spektrum entscheidet. 
Weiße Blitze (der im Grunde von allen Blitzen ausgestrahlte Farbton) 
deuten auf einen geringen Anteil von Schadstoffen/Aerosolen hin und 
sind im oberen Bereich des Temperaturspektrums zu finden. Diese Art 
der Blitze (und besonders wenn es sich um positive Blitzentladungen 
handelt) sind bei trockenen Verhältnisse zu fürchten, da sie leicht 
Brände entflammen können. Eine beispielhafte Entladung ist im Anhang 
in Bild D zu finden. 
Eine Gelbfärbung deutet eher auf eine hohe Konzentration von Staub 
hin und hebt somit das Potenzial für relativ trockene Gewitter hervor
(die durch Abwinde Staub aufwirbeln). 

Entladen sich Blitze mit großer horizontaler Ausdehnung (nicht selten
über große Bereiche des sichtbaren Himmels), dann handelt es sich 
hierbei um sogenannte ?crawler? und somit um Blitzentladung entlang 
horizontal ausgedehnter variabler Ladungsschichten. Diese Blitze sind
von optischer Schönheit und können den Ausklang eines 
Gewitterereignisses andeuten.

Es könnten noch viele weitere Informationen genannt werden, die den 
Umfang des Thema des Tages jedoch sprengen würden. 

Auch wenn in der Blitzforschung noch viele Frage offen sind und die 
hier gezeigten Informationen sicherlich nicht allgemeingültig sind, 
so können sie doch die eine oder andere Zusatzinformation liefern und
die Blitzbeobachtung zu einem spannenden nächtlichen Ereignis machen.



Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 01.08.2022

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