Thema des Tages

Wird’s bald heiß?

Manche lieben sie, manch anderen kann sie gestohlen bleiben: die
Hitze! Ob wir in naher Zukunft mit ihr rechnen können, respektive
müssen, lesen Sie im heutigen Thema des Tages.

Es gibt viele, viele Themen zwischen Himmel und Erde, die
polarisieren und dazu gehört mit Sicherheit auch das Wetter. Ob
Sonne, Wolken, Regen, Schnee, Gewitter, Nebel…, jeder Mensch hat
sein persönliches Lieblingswetter. „Schönes“ Wetter ist also höchst
subjektiv und kann für manch einen durchaus auch kühl, windig und
regnerisch sein – nicht nur Sonne pur bei heißen 30 Grad, wie es sich
im allgemeinen Sprachgebrauch verfestigt hat. Apropos „heiß“: Hitze
ist natürlich auch ein Thema, das höchst unterschiedliche Emotionen
hervorruft. Während sich Freibadbetreiber bei diesem Wörtchen die
Hände reiben, gehen die Mundwinkel bei Bewohnern einer
Dachgeschosswohnung auf Talfahrt.

Mittlerweile liegen wir in der zweiten Junidekade. Heiße Tage (30
Grad und mehr) gab es bisher Mitte Mai (11. sowie 18.-20. Mai,
mehrere Stationen über Deutschland verteilt) und am 03. Juni (Bad
Mergentheim-Neunkirchen 31,3 Grad und Kitzingen 30,1 Grad). Alles in
allem also noch recht übersichtlich. Aber die „heiße“ Zeit fängt ja
eigentlich auch gerade erst an.

Die Frage ist also nicht ob, sondern wie viele Hitzetage noch kommen
und wann. Hinsichtlich der „Wann?“-Frage dürfte es bereits am
morgigen Sonntag so weit sein, zumindest lokal im Süden (v.a.
Oberrhein), ehe die Temperatur am Montag einen ordentlichen Dämpfer
bekommt. Selbst die 25-Grad-Marke wird dann nur schwerlich und
allenfalls am Oberrhein erreicht werden. Im Anschluss wird es Stück
für Stück wieder wärmer und schon ab Mittwoch könnte man im Südwesten
vereinzelt wieder an den 30 Grad kratzen.

Interessant wird aber, was am Wochenende passiert. Westlich der
Iberischen Halbinsel positioniert sich im Laufe der Woche nämlich ein
hochreichendes Tiefdruckgebiet, das auf seiner Ostflanke heiße Luft
aus Nordafrika über Spanien hinweg bis nach Frankreich lenkt. In
dieser Luftmasse kann die Temperatur auf Höchstwerte zwischen 35 und
40 Grad steigen, wie beispielsweise am gestrigen Freitag bereits in
weiten Teilen Spaniens. Mit allmählicher Verlagerung des Tiefs nach
Nordosten, könnte sich am Wochenende über Deutschland eine
südwestliche Strömung aufbauen, mit der diese Heißluft (in allerdings
etwas abgeschwächter Form) angezapft werden würde.

Hinweise auf ein solches Szenario liefert seit gestern die
Ensembleprognose des auf mittelfristige Vorhersagen spezialisierten
Modells des EZMWF (siehe https://t1p.de/84648). Aufgrund der mit der
Zeit deutlich zunehmenden Vorhersageunsicherheit, versucht man mit
Hilfe von Ensembleprognosen diese Unsicherheit abzuschätzen. Dabei
wird für einen Ort nicht nur eine, sondern mehrere Prognosen mit
leicht veränderten Anfangsbedingungen gerechnet. Dieses sogenannte
Ensemble beinhaltet beim EZMWF 51 Mitglieder, also 51 Vorhersagen. Je
weiter sich diese Vorhersagen voneinander unterscheiden, desto
unsicherer ist die Prognose. Liegen sie dagegen nah beieinander, ist
sich das Ensemble einig, in welche Richtung sich das Wetter
entwickeln soll.

Mit Blick auf die Ensemblevorhersage der Temperatur in 850 hPa (etwa
1500 m Höhe) am Beispiel Offenbach erkennt man schön, dass die
einzelnen Vorhersagen (dünne, rot-strichlierte Linien) bis eigentlich
sogar kommenden Freitag recht nah beieinanderliegen, auch wenn
einzelne Ensemblemitglieder ab Mitte der Woche beginnen, abzudriften.
Für nächstes Wochenende entfernen sich die Vorhersagen dann doch
mitunter deutlich voneinander, sodass der Spread, also der Bereich
zwischen der wärmsten (knapp 25 Grad) und kühlsten (etwa 4 Grad)
Vorhersage sehr groß ist, was eigentlich für eine recht unsichere
Entwicklung steht. Wenn man aber genau hinsieht, erkennt man, dass
sich der Großteil der Ensemblemitglieder vor allem zum Sonntag hin im
Bereich zwischen 15 und 20 Grad befindet, was in 2 m Höhe bei
Sonnenschein etwa 30 bis 35 Grad, lokal vielleicht sogar noch etwas
mehr, bedeuten würde.

Allerdings sieht man auch, dass alle Prognosen zum Wochenstart
(20.06.) wieder deutlich nach unten gehen. Demnach stünde also nur
ein kurzes Hitzeintermezzo an – wenn’s denn tatsächlich auch heiß
wird. Man darf gespannt sein! Der Autor hält es auf jeden Fall eher
mit den Dachgeschossbewohnern und hofft auf eine eher gemäßigte
Lösung zum Wochenende

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.06.2022

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

Diesen Artikel und das Archiv der „Themen des Tages“
finden Sie unter www.dwd.de/tagesthema

Weitere interessante Themen zu Wetter und Klima finden
Sie auch im DWD-Wetterlexikon unter: www.dwd.de/lexikon