Thema des Tages

Der Monstertornado von El Reno – Teil 1

Zugegeben, die Überschrift klingt reißerisch. Tatsächlich ist sie
aber mehr als zutreffend. Der sogenannte El-Reno-Tornado von 2013 war
ohne Zweifel ein Monster! Mehr dazu im heutigen ersten Teil des Thema
des Tages.

Vor genau neun Jahren, am Freitag, dem 31.05.2013, wütete ein
denkwürdiger Tornado in Oklahoma, USA. Mit einem Durchmesser von bis
zu 4,2 km (!) ging er als größter bisher aufgezeichneter Tornado in
die Geschichte ein. Er entwickelte sich am frühen Abend etwa 13 km
west-südwestlich von El Reno, einer knapp 17000 Einwohner umfassenden
Kleinstadt, rund 40 km westlich von Oklahoma City. Deshalb ist er
weithin auch als „El-Reno-Tornado“ bekannt. Aufgrund der Nähe zu
dieser Metropole und der günstigen Tageszeit (noch lange hell und
Feierabend vor Wochenende) waren zahlreiche Sturmjäger unterwegs.

Sturmjäger liefern durch ihre Beobachtungen dem National Weather
Service bzw. dem Storm Prediction Center wichtige Zusatzinformationen
für das dortige Warnmanagement und tragen somit zum Schutz der
Bevölkerung bei. Gleichwohl gibt es natürlich gerade in
Metropolregionen wie Oklahoma City auch immer viele Laien und
Schaulustige, die sich bei entsprechenden Lagen am Straßenrand
positionieren, um ein tolles Foto zu machen. Dabei verursachen sie
mitunter Staus, behindern die wirklichen Jäger und bringen sich zum
Teil selbst in Gefahr – unbewusst.

Wie dem auch sei, aufgrund der Vielzahl an Beobachter verwundert es
nicht, dass es sich beim El-Reno-Tornado um einen der am besten
dokumentierten Tornados aller Zeiten handelt. Nach Abschätzung aus
Dopplerradarbildern erreichte er Windgeschwindigkeiten von bis zu 480
km/h, was der höchsten Stufe auf der Enhanced Fujita Skala
entspricht: einem EF5. Diese beginnt bereits bei 323 km/h (mehr zur
Enhanced Fujita Skala finden Sie u.a. im Thema des Tages vom
21.08.2021 unter https://t1p.de/ov7ro). Der National Weather Service
stufte den Tornado im Nachgang jedoch auf einen EF3 herab (entspräche
218-265 km/h). Ausschlaggebend für die Einteilung sind offiziell
nämlich nicht die Geschwindigkeit, sondern die aufgetretenen Schäden,
die demnach „nur“ im EF3-Bereich lagen. Allerdings muss bedacht
werden, dass der Tornado „nur“ über ländliche Regionen und daher oft
schlicht über freie Felder zog. Was passiert wäre, wenn der Tornado
direkt über El Reno oder gar Oklahoma City gewütet hätte, möchte man
sich gar nicht vorstellen. Mit Sicherheit wäre ihm dann aber der
EF5-Status erhalten geblieben. So wie dem EF5-Tornado, der knapp zwei
Wochen zuvor, am 20.05.2013, über Moore, einem Stadtteil im Süden von
Oklahoma City, fegte. Schwerste Verwüstungen und leider auch über 20
Tote sowie hunderte Verletzte waren dort damals die Folge.

Verletzte und Tote gab es leider auch beim El-Reno-Tornado zu
beklagen. Unter den acht Todesopfern befanden sich unter anderem Tim
Samaras, Tornadoforscher und einer der weltweit erfahrensten
Sturmjäger, sein Sohn Paul sowie Carl Young, Meteorologe und Freund
Samaras‘. Dass selbst solche Profis ihr Leben lassen mussten, lag
unter anderem daran, dass die etwa 26 km lange Zugbahn des Tornados
sehr untypisch war. Der Tornado änderte mehrfach sowohl seine
Zugrichtung als auch seine Zuggeschwindigkeit. Letztere variierte
zwischen nahezu Stillstand und knapp 90 km/h. Eine Vorhersage der
Zugbahn war somit unmöglich, was vielen Jägern zum Verhängnis wurde.
Letztlich unterschätzten manche auch einfach die Gefahr bzw. ihnen
wurde zu spät bewusst, in welcher Gefahr sie sich eigentlich
befanden.

Ganze 40 Minuten tobte der Tornado, ehe er sich südöstlich von El
Reno wieder auflöste. Im morgigen Thema des Tages (01.06.2022)
blicken wir genauer auf die mitunter dramatischen Geschehnisse dieser
knappen dreiviertel Stunde.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.05.2022

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