Thema des Tages

Unterwegs auf dem globalen Wasserhighway oder: Die thermohaline
Zirkulation

Wasser ist wie Luft ständig in Bewegung und ebenso wie bei Luft gibt
es auch beim Wasser ein globales Zirkulationssystem. Kommen Sie mit
auf eine Weltreise der etwas anderen Art.

Im Thema des Tages vom 20.09.2021 ging es um die sogenannten
Kipppunkte unseres Klimasystems, also Schwellenwerte, deren
Überschreitung unumkehrbare Veränderungen mit sich bringt. Als einer
dieser Kipppunkte wurde die thermohaline Zirkulation genannt, ein
globales Strömungssystem des Meerwassers. Es vereint
Oberflächenströmungen wie beispielsweise den Golfstrom, der warmes
Oberflächenwasser aus dem Golf von Mexiko in den Nordatlantik führt,
und entsprechende Bewegungen in der Tiefe (siehe Grafik unter
https://t1p.de/yy1n – rote Pfeile: warmes Oberflächenwasser, blaue
Pfeile: kaltes Tiefenwasser).

Entscheidend sind dabei Temperatur und Salzgehalt des Wassers (daher
auch der Begriff „thermohalin“), da sie dessen Dichte bestimmen.
Diese nimmt ab, je höher die Temperatur bzw. je niedriger der
Salzgehalt des Wassers ist. Kühlt das Wasser dagegen ab oder nimmt
der Salzgehalt zu, erhöht sich die Dichte des Wassers. Wie für Luft
gilt auch für Wasser, dass sich Schichten mit geringerer Dichte über
solche mit größerer Dichte schieben bzw. aufsteigen und umgekehrt.

Wenden wir diesen Zusammenhang doch am besten gleich mal an und
begeben uns auf eine Reise durch die Weltmeere – beginnend im
Nordatlantik. Das mit dem Golfstrom herangeführte Wasser kühlt dort
zum einen stark ab (z.B. durch das Überströmen kalter Luftmassen) und
besitzt zum anderen durch Verdunstung einen erhöhten Salzgehalt. Bei
der Verdunstung geht nämlich nur das Wasser in Wasserdampf über, das
Salz aber bleibt zurück. Durch die Kombination aus Abkühlung und
„Versalzung“ nimmt die Dichte des Oberflächenwassers im Nordatlantik
somit stark zu, welches in der Folge absinkt. Im Anschluss durchquert
diese Tiefenströmung den gesamten Atlantik bis sie an dessen
Südausgang in den sog. Zirkumpolarstrom mündet. Dabei handelt es sich
um eine Strömung, die im Uhrzeigersinn um die Antarktis verläuft.

Über diesen Wirbel gelangt nun ein Teil des Tiefenwassers in den
Indischen, ein anderer Teil in den Pazifischen Ozean. Im Pazifik
angekommen, wird das Wasser unter allmählicher Erwärmung nordwärts
über den Äquator geführt und steigt wieder auf. Als warme
Oberflächenströmung geht es nun, getrieben von den Passatwinden, an
Indonesien vorbei in den indischen Ozean. Dort „wartet“ bereits ein
Teil des nun ebenfalls erwärmten und aufgestiegenen Wassers, das
zuvor im Zirkumpolarstrom eine Ausfahrt früher genommen hatte.
Zusammen führt die Reise weiter um die Südspitze Afrikas quer durch
den Atlantik bis zum Golf von Mexiko und als Golfstrom wieder zurück
in den Nordatlantik. Dort endet schließlich das Abenteuer – aber nur
für uns. Denn durch die Abkühlung und Verdunstung (höherer
Salzgehalt!) des Golfstromwassers sinkt dieses wieder ab und beginnt
die lange Reise von neuem.

Das war nun natürlich eine sehr grobe Beschreibung dieser an sich
höchst komplexen Zirkulation. Denn nicht nur Salzgehalt und
Temperatur, auch Wind und Erddrehung haben einen großen Einfluss auf
die Meeresbewegungen (Stichwort Ekman-Transport). Das würde an dieser
Stelle allerdings den Rahmen sprengen. Einige erklärende Sätze dazu
finden Sie zum Beispiel im Thema des Tages vom 17.10.2020 unter
https://t1p.de/recj .

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.10.2021

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