Thema des Tages

Schritte aus der Konfusion

Seit Neustem geht ein internationales Projekt zur Vereinheitlichung 
von Sturmnamen an den Start. Wir beleuchten die Hintergründe und 
klären auf. 

Die Namensgebung von Hoch- und Tiefdruckgebieten, wie sie uns täglich
in den Wetterberichten aus Funk, Fernsehen und heutzutage auch in den
sozialen Medien vorkommen ("Hashtag-Kultur"), hat langjährige 
Tradition. Seit 1954 werden in der Berliner Wetterkarte zur besseren 
Verfolgung von Druckgebilden diese mit Namen versehen. Initiatorin 
war die damalige Studentin am Institut für Meteorologie der Freien 
Universität Berlin, Karla Wege, vielen später als ZDF-Meteorologin am
Ende der heute-Sendung bekannt.

Seit 2002 kommen die Namen nicht mehr aus institutseigenen 
alphabetisch sortierten Listen, sondern aus der Öffentlichkeit: Im 
Rahmen der Aktion Wetterpate. Dies ist ein Kooperationsprojekt des 
Vereins Berliner Wetterkarte e.V. mit der Freien Universität Berlin 
zur finanziellen Unterstützung der studentischen Ausbildung an der 
Wetter- und Klimastation Berlin-Dahlem, der einzigen Lehrstation, die
in das Wettermeldenetz der WMO regelmäßig automatisch erfasste Daten,
ergänzt um Augenbeobachtungen schickt. Aus dieser Kombination heraus 
wird den Studierenden ermöglicht, erlernte Theorie in der Praxis 
anzuwenden und bereits während des Studiums wertvolle Erfahrungen zu 
sammeln.

Getauft werden alle Druckgebilde, die in irgendeiner Weise Einfluss 
auf das Wetter in Mitteleuropa haben. Was bedeutet "Einfluss"? Es 
sollte der mitteleuropäische Raum entweder im Zirkulationsbereich des
Druckgebildes liegen oder Fronten Mitteleuropa überqueren und 
wetterwirksam sind. Daher werden auch weit entfernte Tiefdruckgebiete
zum Beispiel über dem Nordkap, getauft, deren Fronten aber bis nach 
Deutschland reichen. Auch besondere Wettererscheinungen sowie die zu 
erwartende Lebensdauer spielen eine Rolle. Basis für die tägliche 
Taufe sind die Bodenwetterkarte des Deutschen Wetterdienstes in der 
Analyse von 00 UTC und die Prognose für den Folgetag, 12 UTC, also 36
Stunden später.

Beim Blick über die Landesgrenzen hinaus offenbart sich, dass auch 
der Norwegische Wetterdienst längst die Namensvergabe - allerdings 
nur von Stürmen - für sich entdeckt hat. Die tatsächlichen 
Namenslisten sind anders als bei der Aktion Wetterpate von der 
Berliner Wetterkarte und FU Berlin im Vorfeld jedoch so geheim, dass 
erst bei der Taufe versiegelte Kuverts geöffnet werden. Insbesondere 
mit Aufkommen der sozialen Medien entdeckten auch der Irische (Met 
Eireann) und Britische Wetterdienst (UKMET) die Vorteile der 
Namensvergabe von Stürmen. Durch die inhaltliche Verknüpfung von 
Warnungen mit diesem Namen werden Aufmerksamkeit und Reichweite in 
der breiten Öffentlichkeit, den zuständigen Behörden sowie beim 
Katastrophenschutz erhöht beziehungsweise verbessert.

Nun zeigte sich allerdings bis dato in Europa ein ziemlich konfuses 
Bild, was die Einheitlichkeit betraf. So ist der hierzulande als 
"CHRISTIAN" bestens bekannte Orkan vom 28. Oktober 2013, der in 
Norddeutschland massive Schäden verursacht hat mit Böen jenseits von 
120 km/h, auch unter St. Jude's Storm (Weather Channel), Allan 
(Dänischer Wetterdienst, DMI), Simone (Schwedischer Wetterdienst, 
SMHI) und Carmen (Europäisches Sturmzentrum) bekannt.

Um diese Konfusion in Zukunft zu vermeiden, hat man im Rahmen der 
Vereinigung europäischer Vorhersagemeteorologen (siehe auch 
www.euroforecaster.org) vor einigen Jahren eine Arbeitsgruppe 
gegründet, die sich genau mit diesem Thema beschäftigt. Unter dem 
Dach des EUMETNET (Netzwerk aus 26 nationalen Wetterwarndiensten in 
Europa) werden nun bereits vergebene Namen von den anderen 
kooperierenden Wetterdiensten und auch von der Berliner 
Wetterkarte/FU Berlin übernommen und erhalten den Zusatz "int.". 
International getauft wird allerdings nur dann, wenn es sich um ein 
großräumiges, schadensträchtiges Tiefdruckgebiet handelt - in erster 
Linie im Verbund mit schweren Sturmböen oder Orkanböen, im Einzelfall
aber auch im Zusammenhang mit ergiebigen Niederschlägen und 
Überschwemmungen. Letzteres ist vor allem im Mittelmeerraum mehr 
Regel als Ausnahme.

In der angehängten Beispielgrafik ist das vom Griechischen 
Wetterdienst (HNMS) benannte Tief "BALLOS" über dem Ionischen Meer zu
sehen, dessen Name in schwarz dazugeplottet ist. Die Regelung für 
tropische Stürme und Hurrikans bleibt derweil bestehen. Diese 
behalten ihren vom National Hurricane Center in Florida vergebenen 
Namen und werden bei der Umwandlung in ein außertropisches Tief (auch
bei Relevanz für Mitteleuropa) wie gehabt mit dem Zusatz "EX-" 
versehen. Die Taufe von Hochdruckgebieten verbleibt exklusiv bei der 
Berliner Wetterkarte.

Auch wenn in der aktuell europaweiten, schon sehr lebhaften 
Sturmsaison 2021/2022 sicherlich noch gewisse Startschwierigkeiten zu
erwarten sind, so ist doch unter dem Strich ein hoher Nutzen der 
gemeinsamen Vereinbarung erkennbar. Wer zukünftig Recherchen 
betreibt, sollte dann hoffentlich bei nur einem Namen fündig werden. 
Bleibt zu hoffen, dass dies den Auftakt einer weiteren langjährigen 
Tradition bildet und Europa zumindest auf meteorologischer Ebene 
wieder mehr miteinander verbindet.


Dipl.-Met. Petra Gebauer, Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 25.10.2021

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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