Thema des Tages

Ferne Verbindungen

Telekonnektionen spielen in der globalen Wetterküche eine große 
Rolle. Die Rolle des Indisch-Ozeanischen Dipols (IOD) für die 
Nordatlantikzirkulation (über NAO-Index) soll an einem konkreten 
Beispiel erläutert werden.  

Der mögliche Zusammenhang der Phase des Indisch-Ozeanischen Dipols 
(IOD) mit den heftigen australischen Buschbränden in 2019 sowie das 
Wirkungsprinzip des IOD wurde bereits im Thema des Tages vom 
13.01.2020 behandelt 
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/1/13.html).

Im folgenden Beitrag soll kurz ein konkretes Beispiel möglicher 
Fernwirkungen einer sehr starken positiven Phase des 
Indisch-Ozeanischen Dipols im November 2019 erläutert werden. 

Ein positiver IOD (siehe Grafik anbei) bedeutet positive Anomalien 
der Meeresoberflächentemperaturen über dem Arabischen Meer (vor der 
Afrikanischen Küste) und damit einhergehende verstärkte tropische 
Konvektion mit häufigen Niederschlägen in diesen Gebieten (durch 
Aufsteigen der Warmluft). Im Gegensatz dazu herrschen dann 
verhältnismäßig niedrige Meeresoberflächentemperaturen im Bereich 
Ozeaniens, was z.B. in Australien über Monate weitgehend trockene 
Verhältnisse hervorruft (durch Absinken der Luft). In Bodennähe 
erfolgt dort dann das Rückströmen der Luft nach Westen. Somit 
herrschen in diesem Bereich beidseitig des Äquators verstärkte 
östliche Winde vor (Passatwinde), die das Meereswasser in der Folge 
oberflächlich abtransportieren und abkühlen (verstärkt in der Folge 
durch nachrückendes kühleres Wasser aus tieferen Schichten). 

Für den Winter 2019/2020, speziell für den Index der Nordatlantischen
Oszillation (NAO-Index, siehe Wetterlexikon: 
https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html)hatte 
diese sehr starke positive Phase des IOD zur Folge, das sich 
ausgehend vom Indischen Ozean so genannte Wellenzüge polwärts und 
ostwärts ausbreiteten, entsprechend über den Pazifik, Nordamerika bis
zum Atlantik (dort in abgeschwächter Form). Diese Wellenzüge 
beinhalten den meridionalen (polwärts) und zonalen (ostwärts) 
Transport von Wellenenergie in Form von Wärmeflüssen, die sogar die 
saisonale Verteilung von Hoch- und Tiefdruckgebieten z.B. über dem 
Atlantisch-Europäischen Raum, zeitweise beeinflussen können. In 
diesem Fall könnte der IOD indirekt für die beobachtete persistentere
positive Abweichung des NAO-Index (nach Definition stärker 
ausgeprägtes Azorenhoch, entsprechend kräftiges Islandtief) im Winter
2019/2020 gesorgt haben. Der fachlich interessierte Leser kann sich 
gern in diesem Artikel aufschlussreiche Details und Grafiken 
anschauen 
(https://rmets.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/asl.1005). 
Diese beschriebene Wechselwirkung wird auch als "Troposphärische 
Telekonnektion" bezeichnet.

Zudem gibt es auch eine "Stratosphärische Telekonnektion", die in 
diesem Fall wie folgt funktioniert hat (siehe oben angeführtes 
Paper): Der oben angesprochene Wellenzug, der zunächst den Pazifik 
betrifft, sorgt dort grob gesagt durch polwärts gerichtete 
Wärmeflüsse bodennah zunächst für eine positive Druckanomalie 
(höherer Luftdruck) südlich von Alaska und den Aleuten-Inseln. 
Dadurch wird das dort sonst oft ansässige und kräftige Aleutentief 
deutlich geschwächt. Auf diese Art und Weise können sich ihrerseits 
die vom Aleutentief normalerweise ausgehenden verstärkten vertikalen 
Wellenflüsse (Wärmeflüsse) nicht wie gewohnt bis in die Stratosphäre 
hin ausbreiten. Dies führt in der Folge zu einem anomal starken 
stratosphärischen Polarwirbel (weil nahezu ungestört, wie beobachtet 
im Winter 2019/2020), der dann als Kopplung mit der darunterliegenden
Troposphäre ebenso eine anomal positive NAO projizieren kann. 

Das im verlinkten Paper demonstrierte numerische Modell-Experiment 
zeigt eine gute Übereinstimmung sowohl mit den Reanalysedaten (z.B. 
des EZMWF in Reading, UK) als auch mit den saisonalen 
Multimodellvorhersagen in Bezug auf die Details beider hier 
beschriebenen Telekonnektionspfade. Darüber hinaus sind diese Pfade 
den gut dokumentierten troposphärischen und stratosphärischen 
Telekonnektionspfaden sehr ähnlich, durch die auch die 
EL-NINJO-Southern Oscillation (ENSO, siehe DWD-Wetterlexikon) unter 
anderem die nordatlantische Zirkulation beeinflussen kann. 

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 18.09.2021

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