Thema des Tages
Hagel.
Im Süden zogen gestern wieder schwere Gewitter durch. Dabei gab es
zahlreiche Hagelmeldungen mit Korngrössen von bis zu 5 cm. In der
Nähe von Ludwigsburg musste sogar ein Sportflugzeug wegen
Hagelschlags notlanden. Doch wie entsteht eigentlich Hagel?
Hagel ist immer mit kräftigen Schauern und Gewittern verbunden. In
diesen herrschen starke Aufwinde, die sogar Geschwindigkeiten von
über 30 m/s (ca. 110 km/h) erreichen können. In diesen Aufwinden
findet die Hagelbildung in der Regel in den mittleren Bereichen der
Gewitterwolken zwischen etwa 3 und 7 km statt. Dort herrschen
Temperaturen von -10 bis -30 °C. Bei diesen Temperaturen gibt es in
der Gewitterwolke eine Koexistenz von Wassertröpfchen, die bis zu
einer Temperatur von -40 °C im flüssigen Zustand verbleiben können,
und Eiskristallen, die sich an Kristallisationskeimen, sogenannten
Aerosolen (meist Staubpartikel), bilden. Diese Eiskristalle wachsen
zum einen durch Sublimation von Wasserdampf auf ihrer Oberfläche, zum
andern gefrieren weitere unterkühlte Wassertropfen an den
Eiskristallen fest. Es bilden sich zunächst Graupelkörner, die als
Hagelembryos fungieren. Mit wachsendem Radius gefrieren durch das
größere Volumen immer mehr unterkühlte Wassertropfen an diesen
Hagelembryos, sodass sich eine immer schnellere Wachstumsrate ergibt
und sich aus den Graupelkörnern größere Eiskörner bilden. Diese
Eiskörner nehmen irgendwann so stark an Gewicht zu, dass sie vom
Aufwind nicht mehr in der Schwebe gehalten werden können und zu
fallen beginnen. Oder sie werden durch den Wind aus dem
Aufwindbereich des Gewitters geweht. Beim Fallen durch die Wolke
gefrieren dann weiter Wolkentropfen fest.
Wie groß also ein Hagelkorn wird, hängt maßgeblich von der Stärke des
Aufwindbereiches ab. Dieser ist in rotierenden Gewitterzellen,
sogenannten Superzellen, besonders stark. Da durch die Rotation der
Aufwindbereich ständig vom Abwind getrennt wird, fließt permanent
feuchte Luft in das Gewitter ein und erhält den Aufwind lange Zeit
stabil. Nahezu alle großen Hagelkörner mit Korngrößen über 4 cm
stammen aus Superzellen. Eine weitere wichtige Rolle spielt die
Feuchteversorgung des Gewitters. Je feuchter die Luft in einer Höhe
von etwa 1,5 bis 2,5 km ist, desto mehr Wasser steht dem
Hagelwachstum zur Verfügung.
Bei bis zu 2 cm Korndurchmesser verursacht Hagel nur leichte Schäden
und das meist an Pflanzen. Hagelgrößen von über 2 cm können Früchte
beschädigen und Risse in den Glasscheiben von Gewächshäusern
verursachen. Ab etwa 3 cm Größe entstehen Schäden an Autos und
kleinere Äste und Laub werden von Bäumen abgeschlagen. Ab 6 cm
Korndurchmesser können Dachschindeln durchschlagen werden und es
besteht ernsthafte Verletzungsgefahr.
Das größte in Deutschland registrierte Hagelkorn hatte einen
Durchmesser von 14 cm und wurde am 6. August 2013 bei Undingen auf
der Schwäbischen Alb gefunden. Es hatte ein Gewicht von 360 g. Doch
es geht noch größer. Das größte Hagelkorn der Welt wurde mit 20 cm
Korngröße am 23. Juli 2010 in Vivian, South Dakota gefunden.
Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.08.2021
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