Thema des Tages

Waldbrände durch Glasscherben - Mythos oder Realität?

Wurde Ihnen in Ihrer Kindheit auch eingebläut, dass durch 
Glasscherben im Wald Brände ausgelöst werden können? Dann sei Ihnen 
das heutige Thema des Tages ans Herz gelegt, das mit diesem Mythos 
aufräumt.

In den vergangenen Wochen stand hier in Deutschland wiederholt das 
Thema Starkregen auf der Agenda unserer Vorhersagemeteorologen. Die 
Waldbrandgefahr hingegen ist aufgrund der vergleichsweise häufigen 
Niederschläge in diesem Sommer etwas in den Hintergrund gerückt. Gut 
so! Dennoch sollte jedem das Verhalten im Wald bei erhöhter 
Waldbrandgefahr bewusst sein. Eine achtlos aus dem fahrenden Auto 
gepfefferte Zigarettenkippe, ein einziger Funke glühender Kohle beim 
Grillen am See oder die zerbrochene Glasflasche, die man auf dem 
Heimweg von der Party am Wegesrand unbeachtet zurückgelassen hat, 
können einen verheerenden Waldbrand auslösen. Oder nicht? Beim 
Grillen oder der Zigarettenkippe sind wir uns einig, aber können 
Glasscherben tatsächlich einen Waldbrand auslösen?

Um es kurz zu machen: 2006 wurde unter Mitwirkung des Deutschen 
Wetterdienstes ein Feldversuch durchgeführt. Es zeigte sich, dass 
Glasscherben - die das Licht noch so stark bündelten - es NICHT 
schafften, unter sommerlich-trockenen Witterungsbedingungen 
lufttrockene Streumaterialien zu entzünden. Dabei wurden die Versuche
unter optimalen Bedingungen durchgeführt, wie man sie in der Natur 
typischerweise so gut wie nie antreffen würde. Das heißt, es wurden 
farblose Scherben ausgewählt, die das Licht am stärksten 
fokussierten, und diese wurden in einer Entfernung über der Streu 
montiert, die der Brennweite der Glasscherben entsprach. So wurde die
Lichtkonzentration maximiert. 

In dem Feldversuch wurde allerdings nicht nur mit Glasscherben, 
sondern auch mit wassergefüllten Gläsern sowie Brenngläsern 
experimentiert. Wie zu erwarten war, fanden die Forschenden dabei 
heraus, dass Lupen das Sonnenlicht so scharf bündeln, dass eine 
nennenswerte Wärmebildung erzielt wird. So kam es auch zur 
Flammenbildung. Erstaunlich war allerdings, dass diese nur wenige 
Sekunden anhielt und das verwendete Fichtenstreu nach Entfernung der 
Lupe nicht weiter brannte. Ebenso konnten durch wassergefüllte 
kugelförmige Glasgefäße auf einer Fichtenstreuoberfläche durchaus 
Temperaturen von über 500 Grad erzeugt werden. In dem vorliegenden 
Versuch entstand dabei aber keine Flamme. Dennoch ist es immer ratsam
und im Hinblick auf die Umweltverschmutzung und zum Schutz von Tier 
und Mensch oberstes Gebot, kein Glasmaterial in der Natur liegen zu 
lassen. 

Die Autoren des Feldversuchs kamen damals zum Schluss: "Folglich sind
- dem jetzigen Kenntnisstand entsprechend - Waldbrände, hervorgerufen
durch den Brennglaseffekt, unter den hiesigen Klimabedingungen als 
sehr unwahrscheinlich anzusehen." Die Autoren baten damals die Leser 
darum, sich zu melden, wenn Freiflächen- oder Waldbrände entstanden 
waren, bei denen der Brennglaseffekt als Ursache nachgewiesen wurde. 
Wenn es unter den Lesern unseres Tagesthemas Fachkundige gibt, die 
den Autoren nützliche Informationen liefern können, freuen wir uns 
über Ihre Nachricht.

Zum Abschluss noch ein kurzer Blick auf den aktuellen 
Waldbrandgefahrenindex (WBI) des Deutschen Wetterdienstes, der das 
meteorologische Potential für die Gefährdung durch Waldbrand 
beschreibt (siehe Abbildung). Im Süden und Westen wird am heutigen 
Mittwoch nur ein geringes Potential für Waldbrände (WBI 1 bis 2), in 
weiten Teilen des Ostens und Nordostens hingegen ein mäßiges 
Potential (WBI 3) erwartet. Eine hohe Gefahr (WBI 4) besteht vor 
allem in Teilen von Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Vorpommern, am 
Oderbruch wird sogar ein sehr hohes Potential für Waldbrände 
berechnet (WBI 5). In den kommenden Tagen nimmt die Gefahr von 
Waldbränden weiter zu. Dann wird im Osten recht verbreitet ein WBI 
von 4 (hohe Gefahr) erreicht, vor allem am morgigen Donnerstag wird 
gebietsweise auch die höchste Stufe (WBI 5) simuliert. Aber auch von 
Franken bis in den Norden Baden-Württembergs sowie im Osten 
Niedersachsens nimmt die Gefahr von Waldbränden zu. Ein weggeworfener
Zigarettenstummel oder ein unbeobachteter Grillplatz kann dann 
schnell fatale Folgen nach sich ziehen.


Dipl.-Met. Julia Fruntke und Dr. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 28.07.2021

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