Thema des Tages

Heftige Niederschläge vom Zentralmassiv bis in die Lombardei 

Die Kaltfront des Tiefs HUBURTUS kommt nur zögernd voran und bringt 
vor allem Ostfrankreich und Norditalien kräftige Niederschläge. Warum
das so ist und wie schlimm es kommt, erfahren Sie hier. 

Was hat sich die Natur gefreut. Immerhin fielen in den vergangenen 24
Stunden (Montagfrüh bis Dienstagfrüh) in einem Streifen vom 
Pfälzerwald über Nordhessen bis nach Ostholstein 10 bis 20 Liter 
Regen pro Quadratmeter, zwischen Bremen und Hannover lokal sogar bis 
35 l/qm - alles in allem der Marke Landregen und somit ein Segen. Wer
weiß, die nächste längere Trockenperiode kommt bestimmt. Und keine 
Sorge: Der bisher ausgesparte Osten bekommt bis kommende Nacht und 
auch in den kommenden Tagen ebenfalls Regenfälle ab, teils sogar 
gewittrigen Starkregen mit Größenordnungen von 30 l/qm binnen weniger
Stunden. 

Etwas zu viel des Guten ist es momentan allerdings in Ostfrankreich. 
Dort fielen in den vergangenen 24 Stunden großräumig mehr als 100 
Liter auf den Quadratmeter - beispielsweise in Lyon. Besonders 
betroffen war die Ostflanke des Zentralmassivs, das sich zwischen der
Rhone und dem Quellgebiet der Loire auf teilweise über 1000 Meter 
auftürmt. Dort fielen punktuell sogar 268 l/qm wie in Barnas - einer 
kleinen Gemeinde in der Region Auvergne-Rhone-Alpes. Das entspricht 
in etwa dem im klimatologischen Mittel zu erwartenden Niederschlag 
eines kompletten Sommers (Juni, Juli, August) in Hamburg. 

Geschuldet sind die kräftigen Niederschläge einer markanten 
Luftmassengrenze, die sich längs über Mitteleuropa erstreckt und 
kühle Meeresluft im Westen mit Tageshöchstwerten um 15 Grad von 
warmer Suptropikluft im Osten mit sommerlichen Maxima um die 30 Grad 
trennt. Aktuell befindet sich diese "Trennlinie" auch quer über 
Deutschland. So stehen die 15 Grad heute exemplarisch für 
Kaiserslautern und 30 Grad für Cottbus. Nun kommt aber hinzu, dass 
die Winde am Boden nur schwach ausgeprägt sind und in der Höhe aus 
südlichen Richtungen kommen. Das hat zur Folge, dass die 
Luftmassengrenze kaum ostwärts vorankommt und so auch die 
Niederschläge immer wieder über dieselben Regionen hinwegziehen. 
Dabei gerät nun am heutigen Dienstag zunehmend die Alpensüdseite in 
den Fokus. 

Feucht-warme Mittelmeerluft wird nun permanent gegen die Gebirgskette
gedrückt und dadurch zum Aufstieg gezwungen. Die gehobene Luft gerät 
dabei unter einen geringeren Außendruck in höheren Luftschichten, 
dehnt sich aus und kühlt sich dadurch ab. Der in ihr vorhandene 
Wasserdampf kondensiert und fällt schließlich als Regen zu Boden.

Während derartige Wetterlagen in den Wintermonaten der klassische 
Schneebringer in Südtirol und Co sind und eine erhöhte Gefahr von 
Lawinenabgängen, Schneebruch und Schneelast ausgeht, besteht das 
Hauptrisiko zu der fortgeschrittenen Jahreszeit nun eher in 
Überschwemmungen, Schlammlawinen und Murenabgängen. Schaut man sich 
die aktuellen Berechnungen der Wettermodelle an, so muss vor allem im
Nordteil der Lombardei bis zum morgigen Mittwochmorgen doch von 100 
bis 200 l/qm, lokal bis zu 250 l/qm ausgegangen werden (siehe 
Grafik), was dann einer ähnlichen Größenordnung der Niederschläge im 
Zentralmassiv entspricht. So ganz unter den Tisch kehren kann man den
Schneefall dabei auch nicht, denn immerhin fällt die Schneefallgrenze
von anfänglich über 2000 Meter doch auf etwa 1700 Meter ab. Für die 
Gletscher eine wichtige (exponiert meterhohe) Auffrischung vor den 
zehrenden Sommermonaten. Das Schweizer Institut für Schnee- und 
Lawinenforschung (SFL) hat für die Gebiete südlich das 
Alpenhauptkammes sogar die zweithöchste Lawinenwarnstufe 4 
herausgegeben. Bleibt zu hoffen, dass sich die Auswirkungen infolge 
der heftigen Regenfälle in den tieferen Lagen in Grenzen halten. 

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 11.05.2021

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