Thema des Tages
Satellitenmeteorologie (Teil 4) - Futterspender für Vorhersagemodelle
Heute erklären wir, weshalb Wettersatelliten heutzutage unverzichtbar
für jede zuverlässige Wettervorhersage sind.
Wettersatelliten sind in der heutigen modernen Meteorologie nicht
mehr wegzudenken. Während wir in den bisherigen Themen über
Satellitenmeteorologe hauptsächlich den Nutzen von Satellitenbildern
und -filmen für die Wetteranalyse und Kürzestfristvorhersage
beleuchtet haben, zeigen wir heute, dass die Daten von
Wettersatelliten auch für die klassische Vorhersage unverzichtbar
geworden sind. Aber gibt es hierfür nicht Wettermodelle, die das
Wetter für die zukünftigen Tage berechnen? Genau! Aber gerade diese
numerischen Wettervorhersagemodelle benötigen Daten von
Wettersatelliten als wichtiges Futter, um mit ihren Berechnungen
loslegen zu können. Im heutigen Thema des Tages geben wir einen
kurzen Einblick, warum die von Satelliten gewonnenen Informationen so
unerlässlich sind.
Dazu muss man zunächst wissen, dass Wettermodelle ganz zu Anfang
einer jeden Vorhersage erst einmal den Zustand der Atmosphäre zum
aktuellen Zeitpunkt so gut wie möglich kennen müssen, um überhaupt
das Wetter für die Zukunft vorhersagen zu können. Man nennt diesen
Anfangszustand auch Wetteranalyse. Dazu dienen natürlich die
unzähligen Wetterstationen, die rund um den Globus nach einheitlichen
Standards wichtige Messgrößen wie Temperatur, Feuchte, Luftdruck,
Wind und Niederschlag erfassen. Diese Wetterstationen messen zwar
sehr präzise, aber nur an einem bestimmten Ort. Jeder kennt es -
schon wenige Kilometer entfernt kann das Wetter ganz anders sein.
Zudem sind Wetterstationen nicht gleichmäßig auf der Erde verteilt.
Insbesondere über Ozeanen und Wüstengebieten gibt es kaum oder keine
Messungen. Auch hier könnte man sich wieder fragen, weshalb man
wissen muss, wie das Wetter mitten in der menschenleeren Sahara oder
in der Wüste Gobi aussieht. Da die globale Zirkulation aber rund um
den Globus stattfindet, benötigen Wettermodelle genau diese
Information, um das Wetter auch bei uns zuverlässig vorhersagen zu
können. Für eine Vorhersage ist für die Modelle zudem die Kenntnis
des Zustands der Atmosphäre in verschieden Höhen erforderlich. Diese
Daten werden gewöhnlich mithilfe von Radiosonden gewonnen, die
entlang ihres Aufstiegs Vertikalprofile von Temperatur, Feuchte und
Wind messen. Auch Flugzeuge liefern entlang ihrer Flugroute wichtige
Wetterdaten.
Alle bisher genannten Messungen haben jedoch das entscheidende
Problem, dass sie nur punktuell oder entlang einer Flugroute messen
und es somit große Datenlücken gibt. Hier kommen die Wettersatelliten
ins Spiel, da sich diese Beobachtungslücken mithilfe von
Satellitendaten verkleinern oder sogar schließen lassen. Satelliten
monitoren die Atmosphäre flächendeckend rund um den Globus, also auch
in den Datenwüsten. Sie liefern somit essentielle Daten für die
Wetteranalyse, ohne die eine präzise Vorhersage nicht möglich wäre.
Beispielsweise fließen Oberflächentemperaturen von Wolken in die
Modelle ein. Aus der Verlagerung von Wolken- und Feuchtestrukturen im
zeitlichen Verlauf können Windvektoren abgeleitet werden. Vor allem
die polarumlaufenden Satelliten (siehe Satellitenmeteorologie - Teil
3) können sogar Vertikalprofile von Temperatur und Feuchte oder
Windvektoren an der Meeresoberfläche ableiten. Durch aufwändige
Nachbearbeitung all dieser Satelliteninformationen erhalten wir so
ein dreidimensionales Bild der globalen Wetterküche, inklusive
Temperatur, Feuchte, Windgeschwindigkeit und Windrichtung. Dieses
trägt enorm zur Qualitätsverbesserung der Wetteranalyse zu Beginn der
numerischen Wetterprognose bei - insbesondere in Regionen oder
atmosphärischen Höhen ohne ausreichende Beobachtungsdaten.
Wenn aber die Satelliten ein so umfassendes Abbild vom Zustand der
Atmosphäre bereitstellen, wieso benötigt man dann überhaupt noch die
zahlreichen anderen Messungen? Der Haken an der Sache ist, dass die
Informationen von Satelliten zwar räumlich lückenlos, aber recht
ungenau sind. Dies liegt vor allem daran, dass die Satelliten aus
großen Höhen die Erde abtasten und daher nicht direkt vor Ort messen.
Außerdem erfassen die Satelliten nur Strahlungsintensitäten in
unterschiedlichen Spektralbereichen (siehe Satellitenmeteorologie -
Teil 1) und nicht die meteorologischen Parameter selbst.
Vertikalprofile für Temperatur und Feuchte müssen erst mit komplexen
Verfahren aus den Strahlungseigenschaften abgeleitet werden, was zu
größeren Ungenauigkeiten führt. Die Vorteile von Wettersatelliten
liegen also zweifelsohne in der lückenlosen dreidimensionalen
Abdeckung. Demgegenüber versorgen das weltweite Messnetz aus
Wetterstationen und Radiosonden das Modell mit sehr präzisen direkten
Messungen der meteorologischen Parameter, die aber nur punktuell
vorhanden sind. Mit der Kombination von Satellitendaten und
ortsbezogenen Messungen kann der Zustand der Atmosphäre bestmöglich
bestimmt werden und der Vorhersage des zukünftigen Wetters steht
nichts mehr im Wege.
Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.04.2021
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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