Thema des Tages

Flugwetterberatungen für das "fliegende Teleskop"

Die Flugwetterzentrale des Deutschen Wetterdienstes am Flughafen 
Frankfurt unterstützt derzeit die SOFIA-Mission von NASA und DLR mit 
Wettervorhersagen und Briefings.


SOFIA (Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie) ist ein 
mit einem 17 Tonnen schweren Teleskop ausgestatteter Jumbo-Jet. Im 
Februar und März startet die Boeing 747SP (Special Performance) vom 
Flughafen Köln/Bonn zu ca. 20 Missionen. Dabei wird bei den über acht
Stunden langen Flügen in 11-14 km Höhe getan, was man in normalen 
Flugzeugen tunlichst vermeiden muss. So öffnet man im Rumpf hinter 
der Tragfläche eine Luke, in die ein KFZ durchpassen würde, und macht
die Boeing zum fliegenden Teleskop (siehe Abbildung 1: 
https://t1p.de/g6vp). Bei -40 bis -65 °C Außentemperatur in der 
Stratosphäre und sehr geringem Luftdruck, beobachtet das 
Infrarot-Teleskop Exoplaneten, die Entstehung junger Sterne, die 
Milchstraße aber auch Planeten, Monde, Asteroiden und Kometen unseres
Sonnensystems. So konnte dieses Forschungsprojekt unter anderem 
Wassermoleküle auf dem Mond nachweisen, eine genauere Methode zur 
Altersbestimmung von Sternentstehungsgebieten entwickeln und das 
Innere der Milchstraße vermessen.

Solche Messungen wären mit einem Infrarot-Teleskop vom Boden aus kaum
möglich, da der Wasserdampf in der untersten Schicht der Atmosphäre 
(Troposphäre) die infrarote Strahlung aus dem Weltraum zum Teil 
absorbiert. Das "thermische Hintergrundrauschen" wäre ganz außerhalb 
der Erdatmosphäre im All natürlich noch geringer, hier ist ein 
flexibler Einsatz derartig großer Messgeräte aber sehr schwierig. 
Dies macht SOFIA zu einem einzigartigen und so erfolgreichen 
Forschungsprojekt.

Aktuell startet die Mission nicht von ihrer Heimatbasis in Palmdale 
(Kalifornien, USA), sondern vom Flughafen Köln/Bonn. Für die sichere 
und erfolgreiche Durchführung der Missionen ist eine detaillierte und
genaue Einsatzplanung wichtig. Dabei unterstützt die 
Flugwetterzentrale (FWZ) am Flughafen Frankfurt die Crew. Die 
besondere Bauweise des Flugzeugs, die besonders großen Flughöhen und 
die lange Dauer der Einsätze erfordern gewisse meteorologische 
Randbedingungen.

 Bei winterlichen Bedingungen ist durch die große Teleskope-Klappe 
ein "Deicing" (Flugzeugenteisung) der Maschine nicht möglich. Starts 
bei Schnee oder gefrierendem Regen sind deshalb nicht möglich. Auch 
sind Windverhältnisse mit starken Seiten- oder Rückenwindkomponenten,
Gewitter oder auch dichter Nebel oft flugverhindernd. Die 
erforderlichen guten Bedingungen müssen nicht nur in Köln/Bonn 
gegeben sein, sondern auch auf gewählten Ausweichflughäfen und 
Streckenpunkten, die im Notfall angeflogen werden können. Deshalb 
werden Punktvorhersagen für diverse europäische Flughäfen erstellt.

Vor allem im Steig- und Sinkflug ist starke Vereisung, welche meist 
in kompakten Wolken zwischen ca. -5 bis -20 °C auftritt, eine 
gefährliche Wettererscheinung. Turbulenzen z.B. im Bereich von 
Fronten, bei sogenannten Low-Level-Jets oder in großer Höhe um 
ausgeprägte Jetstreams (siehe DWD Lexikon) herum, können in allen 
Flugphasen auftreten und erfordern eine detaillierte Analyse und 
Vorhersage der Windsituation auf der gesamten Strecke. Bei Flugrouten
in Richtung Süden und Atlantik können sich auch im Winter sehr 
hochreichende Cumulonimbuswolken mit Gewittern entwickeln. Im Bereich
dieser teils in umgebender Bewölkung versteckten Starkwetter-Zonen 
muss mit Blitzschlag, Hagel, Vereisung und extremer Turbulenz 
gerechnet werden. Für die Crew ist es deshalb sehr wichtig, diese zu 
umgehen oder nach Möglichkeit in großer Höhe zu überfliegen. Beim 
Einsatz des Teleskops sollten oberhalb der Boeing nach Möglichkeit 
keine Cirrus-Wolken (Eiswolken des hohen Stockwerks in der 
Troposphäre) vorhanden sein. Diese treten oberhalb der Tropopause in 
der Stratosphäre kaum noch auf. Für die Planung ist es deshalb sehr 
wichtig vorherzusagen in welcher Höhe die Tropopause (Oberrand der 
Troposphäre) liegt und ob diese mit der maximalen Flughöhe erreicht 
werden kann.

Um all diese meteorologischen Parameter vorherzusagen, nutzen wir 
Flugwetterberater diverse Modellvorhersagen, vergleichen und 
analysieren diese und erstellen dann die aktuellen 
Briefing-Unterlagen für die Crew. Die aktuelle Wetterlage und die 
besonderen Bedingungen werden vor Abflug der Crew durch ein 
Online-Briefing auf Englisch noch einmal näher erläutert (siehe 
Abbildung 2: https://t1p.de/g6vp). Wir haben im Bereich der 
Flugwetterberatung auch schon andere ungewöhnliche Vorhaben und 
andere wichtige Projekte unterstützt. Die meteorologische Betreuung 
dieser Missionen ist aber nochmal eine besonders herausfordernde aber
auch spannende und einmalige Aufgabe.


Anmerkung: Zum heutigen Thema des Tages finden Sie eine englische 
Version unter: https://t1p.de/c704 

Dipl.-Met. (FH) Robert Herrmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 27.02.2021

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