Thema des Tages

Teil 2: Vendée Globe - Das Wetter und die Segler


Im gestrigen Thema des Tages gab es einen ersten Einblick in die 
Vendée Globe Regatta. Heute werfen wir einen genaueren Blick auf den 
Einfluss des Wetters bei dieser besonderen Regatta.

 Der Antrieb der Schiffe ist der Wind und deswegen ist die 
Meteorologie natürlich ein wesentlicher Faktor. Die meteorologischen 
Einflüsse werden sowohl durch die Klimatologie der globalen 
Zirkulation als auch durch die Wettervorhersagen für einige Tage 
bestimmt.

Nach dem Start am 8. November 2020 ging es zunächst am Rande des 
Azorenhochs über den Äquator, um am Rande des St. Helenahochs 
möglichst schnell zum Kap der Guten Hoffnung (Südafrika) zu gelangen,
wo die ersten Boote bereits am 1. Dezember eintrafen. Von dort 
segelten die Schiffe in der Westwinddrift der Roaring Forties, einer 
Zone mit hohen Windgeschwindigkeiten zwischen dem 40. und 50. 
Breitengrad der Südhalbkugel. In dieser Zone ging es weiter südlich 
vorbei am Cape Leeuwin (SW-Spitze Australiens) weiter in den 
Südpazifik, um dann das Kap Hoorn zu umrunden. Schließlich führte die
Route mit dem Südost-Passat wieder über den Äquator in die 
Nordhemisphäre.

Derzeit ist auf der Südhalbkugel Sommer, deswegen sind die 
Windsysteme der globalen Zirkulation weit nach Süden gewandert. Diese
klassischen Windsysteme sind die Subtropischen Hochdruckgebiete (auf 
der Nordhalbkugel das Azorenhoch, auf der Südhalbkugel das St. 
Helenahoch), die Innertropische Konvergenzzone ITCZ und die 
Westwindzonen, sowohl auf der Nord- als auch auf der Südhalbkugel, in
denen die Sturmtiefs von West nach Ost ziehen. 

Für die Yachten sind Winde schräg von hinten am günstigsten, in der 
Seemannssprache "raumschots". Bei entsprechend günstigen Bedingungen 
erreichen die Schiffe Geschwindigkeiten von über 25 Knoten, also fast
50 km/h. Nicht optimal sind die Bedingungen bei zu geringen und zu 
hohen Windgeschwindigkeiten - bei Letzteren muss natürlich die 
Segelfläche reduziert ("gerefft") werden, um das Material (sowohl 
Rumpf als auch Segel) nicht zu zerstören.

Bei den Vorhersagen kommt der letzte Stand der meteorologischen 
Forschung zum Einsatz. Dazu zählt die Ensemble-Technologie für die 
Mittelfrist-Vorhersagen, die für die Kursplanung von besonderer 
Bedeutung ist. Eine Ensemblevorhersage setzt sich aus einer Vielzahl 
an Modellläufen zusammen, den sogenannten Ensemblemembern. Jedes 
Member wird wegen des nicht ganz exakt bestimmbaren aktuellen 
Zustandes der Atmosphäre mit einem geringfügig veränderten 
Anfangszustand gerechnet. In den ersten Prognosetagen zeigt sich 
innerhalb des Ensembles häufig noch eine recht ähnliche 
Wetterentwicklung, bevor die Member mit zunehmender Vorhersagezeit 
immer mehr voneinander abweichen. Liegen die Ensemblemitglieder eng 
beieinander, kann die Vorhersage als relativ sicher angenommen 
werden. Liegen sie dagegen weit auseinander, deutet das auf eine hohe
Unsicherheit des weiteren Wettergeschehens hin. Mittels solcher 
Mittelfristvorhersagen muss streckenweise der günstigste Kurs 
gefunden werden, da zum Beispiel durch eine Sicherheitszone entlang 
der Eisgrenze die "Roaring Forties" und die "Furious Fifties" auf der
Südhalbkugel nicht vollständig zum Segeln genutzt werden können. 

Während im normalen Vorhersagedienst Sturmwarnungen für den Segler 
wichtig sind, um nicht in gefährliche Situationen zu geraten, wird 
bei der Vendée Globe natürlich auch bei Orkanstärke gesegelt - mit 
dann entsprechend angepasster Segelfläche und Geschwindigkeiten 
deutlich über 20 Knoten, also knapp 40 km/h. 

Während der Regatta hat sich das Teilnehmerfeld so weit 
auseinandergezogen, dass bei Umrundung von Kap Hoorn (Südamerika) 
durch den Führenden der Letzte gerade Australien erreicht hatte. 
Andererseits gibt es eine Spitzengruppe, die sehr eng zusammen 
segelt. Gerade auf dem letzten Teil der Regatta, die am Westrand des 
Azorenhochs in die winterliche Westwinddriftzone verläuft, mit der 
man dann wieder zum Ziel in der Biskaya gelangen will, ist die 
Windvorhersage erneut von großer Bedeutung. Der Übergang vom 
Azorenhoch in die Westwinddrift muss nun optimal verlaufen, um den 
möglichen Sieg nicht zu gefährden. Die kürzeste Strecke wäre direkt 
nach Osten gegangen, was aber in den Bereich schwacher Winde im 
Azorenhoch geführt hätte. Der Kurs weiter westlich erhöhte zwar die 
Distanz, ermöglichte aber höhere Geschwindigkeiten. 

Für Mittwoch und Donnerstag (27. und 28. Januar 2021) sind die 
Ankunftstage der Regatte in Les Sables-d'Olonne, dem Start- und 
Zielort an der französischen Biskayaküste, geplant. Die aktuellen 
Wettervorhersagen zeigen eine rege Tiefdrucktätigkeit über dem Nord- 
und Ostatlantik. Am Südrand des Tiefkomplexes stellt sich von den 
Azoren ausgehend eine recht flotte Südwestströmung ein, die zum 
Donnerstag hin noch etwas zunimmt und im Bereich der Biskaya mehr auf
West dreht. Dabei werden auf offener See im Mittel durchaus um 25 
Knoten (etwa 50 km/h), in Böen um 30 Knoten (etwa 60 km/h) aus 
Südwest bis West (also Rückenwind) erwartet, vor allem am Donnerstag 
auch im Bereich der Biskaya in Böen 30 bis 35 Knoten (60 bis 70 km/h)
um West. Außerdem liegt die Region im "Schleifbereich" der Fronten, 
so dass mit zeitweiligem, teils auch andauerndem Regen gerechnet 
werden muss. Es wird also ein spannendes Finish, in dem auch das 
Wetter und vor allem die bestmögliche Ausnutzung der Windverhältnisse
nochmal eine entscheidende Rolle spielt. 

Dipl.-Met. Dipl.-Met. Bernd Richter/M.Sc. Sebastian Altnau/Dipl.-Net.
Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 26.01.2021

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