Thema des Tages

Weibliche Tiefs und männliche Hochs gehen in den Endspurt

Die Zeit der weiblichen Tiefs und männlichen Hochs ist bald vorbei. 
Im nächsten Jahr wechseln Hoch- und Tiefdruckgebiete ihr Geschlecht. 
Aber wie kommen sie zu ihren (teils exotischen) Namen und welche 
Hochs und Tiefs spielten sich 2020 in den Vordergrund?

Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende entgegen und damit auch die Zeit, 
in der Hochdruckgebiete männliche und Tiefdruckgebiete weibliche 
Namen tragen. Zum Jahreswechsel geben die männlichen Hochs das Zepter
an die Frauen ab, während die Männer im kommenden Jahr den 
Tiefdruckgebieten ihre Namen verleihen. Aber wie kommen die Hochs und
Tiefs, die unser Wetter bestimmen, zu ihren Namen, die man täglich 
auf Zeitungswetterkarten oder in Radio- und Fernsehwetterberichten 
hört?

Bereits seit dem Jahre 1954 tauft das Institut der Freien Universität
(FU) Berlin alle Hoch- und Tiefdruckgebiete, die das Wettergeschehen 
in (Mittel)europa in irgendeiner Weise beeinflussen, mit männlichen 
und weiblichen Vornamen. Inspiriert wurden sie dabei vom 
US-Wetterdienst, der ab dem 2. Weltkrieg Taifunen im Pazifik 
weibliche Vornamen gab und kurz darauf auch Hurrikane im Atlantik 
benannte. Die FU Berlin erstellte Namenslisten mit Vornamen in 
alphabetischer Reihenfolge und taufte anhand dieser Listen alle 
relevanten Hochs und Tiefs chronologisch im Jahresverlauf. Fortan 
trugen über viele Jahrzehnte Tiefs weibliche und Hochs männliche 
Namen. Erst im Jahr 1998 bemerkte man, dass dies im Zuge der 
Emanzipation schon lange nicht mehr zeitgemäß ist und entschloss 
sich, unter anderem in Absprache mit dem Deutschen Wetterdienst, für 
einen jährlichen Geschlechtertausch. Von nun an werden in geraden 
Jahren Hochs mit Männernamen und Tiefs mit Frauennamen getauft, in 
ungeraden Jahren ist es umgekehrt.

Eine weitere bahnbrechende Neuerung gab es im November 2002 - die 
Aktion "Wetterpatenschaft" wurde ins Leben gerufen. Ab diesem 
Zeitpunkt kann jeder von uns eine Wetterpatenschaft für ein Hoch oder
Tief im kommenden Jahr übernehmen. Da Hochs zumeist beständiger und 
somit länger auf den Wetterkarten und in der Atmosphäre verweilen, 
kostet für sie eine Patenschaft mit aktuell 360 Euro auch etwas mehr 
als für Tiefs, für die man schon für 240 Euro der Namensgeber werden 
kann. Für Wetterliebhaber ist dies ein gern gesehenes Geschenk, sei 
es für die Partnerin zum Hochzeitstag, für einen Freund zum runden 
Geburtstag oder für den Nachwuchs, der im kommenden Jahr das Licht 
der Welt erblickt. Jeder Wetterpate hofft natürlich, dass er oder sie
ein ganz besonderes Druckgebilde bekommt. Aber ob es ein historisches
Orkantief oder eher ein kraftloses kurzlebiges Tief wird ist genauso 
Glücksache wie die Frage, ob Sie Namensgeber eines Sommerhochs oder 
ein Hochs werden, das statt Sonnenschein nur Novembergrau bringt. 
Nach der "Taufe" erhalten Sie einen Patenschaftsurkunde mit der 
Lebensgeschichte Ihres Druckgebildes sowie eine dazugehörige 
Wetterkarte.

Wittern Sie nun die Chance für ein Weihnachtsgeschenk? Dann müssen 
wir Sie wahrscheinlich enttäuschen. Die meisten Namen für das 
kommende Jahr sind leider schon vergeben. Ist der Beschenkte 
allerdings männlich und beginnt sein Vorname mit den Buchstaben "Q", 
"X" oder "Y", dann können Sie noch ein Tief ergattern. Ansonsten muss
man bis zum kommenden Herbst warten, dann startet die Vergabe für das
Jahr 2022.

In diesem Jahr hatten schon zahlreiche Hochs und Tiefs beim Wetter 
ihre Finger mit im Spiel. Bis heute tauften die Studenten der FU 
Berlin 132 Tiefdruckgebiete, ANDIRA und BARBARA eröffneten kürzlich 
den 6. alphabetischen Durchlauf. Letztere zieht aktuell über dem 
nahen Ostatlantik ihre Kreise und bringt uns neben Regen in den 
kommenden Tagen milde Temperaturen. Hochs gab es in diesem Jahr erst 
51, voraussichtlich bekommen aber zumindest die ersten Wetterpaten 
der 3. Jahresliste noch die Chance auf die Taufe eines Hochs. 
Herausragende Tiefdruckgebiete waren in diesem Jahr die Orkantiefs 
SABINE und VICTORIA. Erstere bescherte Anfang Februar weiten Teilen 
West- und Mitteleuropas einen folgenschweren Sturm. VICTORIA kann 
passend zum Namen voraussichtlich zur diesjährigen Siegerin für den 
niedrigsten Luftdruck (in einem außertropischen Tief) in diesem Jahr 
gekürt werden. Nur wenige Tage nach SABINE erreichte sie südlich von 
Island mit etwa 920 hPa einen der tiefsten Luftdrücke über dem 
Atlantik der letzten Jahrzehnte. Auch die Männer hatten 2020 Einiges 
zu bieten. Hoch EKART sorgte am 20. Januar mit neuen 
Luftdruckrekorden über 1050 hPa über Wales und Südengland für 
Aufsehen und auch bei uns in Deutschland ließ er die Barometernadel 
auf ungewohnte Druckwerte zeigen. DETLEF brachte uns Anfang August 
die größte Hitzewelle des Jahres.

Die Wetterpaten und -patinnen sind sicherlich schon gespannt, wie 
ihre männlichen Tiefs und weiblichen Hochs 2021 das Wetter 
aufmischen.


Dr. rer. nat. Markus Übel (Meteorologe)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 13.12.2020

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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