Thema des Tages

Richardson sorgte für etwas Ordnung im Chaos

In der Reihe berühmter Naturwissenschaftler mit Link zur Meteorologie
geht es im heutigen Tagesthema um den britischen Mathematiker, 
Physiker und Meteorologen Lewis Fry Richardson. 

Lewis Fry Richardson (geboren am 11. Oktober 1881 in Newcastle upon 
Tyne, England, gestorben am 30. September 1953 in Kilmun, Argyll, 
Schottland) war ein englischer Mathematiker, Physiker und 
Meteorologe, der unter anderem Pionierarbeit auf dem Gebiet moderner 
mathematischer Methoden und Techniken zur numerischen 
Wettervorhersage leistete. 

Richardson erarbeitete in seinem schöpferischen Tun wichtige Beiträge
für Methoden zur Lösung bestimmter Arten von Problemen in der Physik 
und wandte so seine Ideen von 1913 bis 1922 verstärkt auch auf die 
Meteorologie an. Richardsons Interesse an der Meteorologie 
veranlasste ihn schließlich, ein Schema für die Wettervorhersage 
durch die Lösung von Differentialgleichungen vorzuschlagen, die 
heutzutage weithin verwendete Methode. Seine in "Weather Prediction 
by Numerical Process" veröffentlichte Arbeit in 1922 war zunächst 
nicht ganz erfolgreich. Der Hauptnachteil seiner mathematischen 
Technik zur systematischen Vorhersage des Wetters war die Zeit, die 
erforderlich war, um eine solche Vorhersage zu erstellen. Im 
Allgemeinen brauchte er drei Monate, um das Wetter für die nächsten 
24 Stunden vorherzusagen. Mit dem Aufkommen elektronischer Computer 
nach dem Zweiten Weltkrieg wurde seine Methode der Wettervorhersage, 
die noch etwas verändert und angepasst wurde, nun praktisch 
anwendbar. 

Lewis Fry Richardson hat sich für die Meteorologie ebenso verdient 
gemacht durch seine Arbeiten zur Grenzschichtmeteorologie, Turbulenz 
und anderen theoretischen Ansätzen. Auch aktuell findet z.B. die 
Richardson-Zahl in den einschlägigen Wettervorhersagemodellen 
Anwendung. Diese sagt etwas aus über den Turbulenzzustand bzw. die 
Schichtungsstabilität eines Fluids. Die Richardson-Zahl (Ri) wird als
Verhältnis von vertikaler Windscherung (Änderung von 
Windgeschwindigkeit und Windrichtung mit der Höhe) zur Auftriebskraft
berechnet.

Richardson leistete ebenso Beiträge zur Theorie der Analyse und 
Untersuchung der Diffusion (Vermischung von Molekülen oder anderen 
kleinen Teilchen durch zufällige thermische Bewegung).

Bekannt ist Richardson auch für seine Pionierarbeit in Bezug auf 
Fraktale (Teil der Chaostheorie) und eine Methode zur Lösung von 
linearen Gleichungssystemen, die als modifizierte 
Richardson-Iteration bekannt ist. 

Im April 1912, kurz nach dem Untergang der Titanic, meldete 
Richardson ein Patent für die Erkennung von Eisbergen mittels 
akustischer Echolokalisierung in der Luft an. Einen Monat später 
meldete er ein ähnliches Patent für die akustische Echolokalisierung 
in Wasser an und nahm die Erfindung des Sonars durch Paul Langevin 
und Robert Boyle sechs Jahre später vorweg. 

Richardson war von 1920 bis 1929 Vorsitzender der Physikabteilung am 
Westminster Training College in London und von 1929 bis 1940 Direktor
des Paisley College of Technology in Paisley, Renfrewshire. 

Seit 1997 wird die Lewis-Fry-Richardson-Medaille von der Europäischen
Geowissenschaftlichen Union für "außergewöhnliche Beiträge zu 
Nichtlinearität" verliehen sowie zu "Geophysik im Allgemeinen".

Sein Leben und Werk ordnet ihm zu Recht einen Platz unter den 
berühmten Naturwissenschaftlern ein, die erheblich zur 
Weiterentwicklung der Meteorologie beigetragen haben. 

Dipl.-Met. Dr. Jens Bonewitz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 21.11.2020

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