Thema des Tages

Der Löffel der Atmosphäre

Unten kalt und trüb, oben warm und sonnig - eine Verteilung, die im 
Winterhalbjahr bei windschwachen Hochdrucklagen auch mal mehrere Tage
andauern kann, bis letztlich die Atmosphäre zum Löffel greift und die
"Luftsuppe" kräftig umrührt.

Im Thema des Tages des gestrigen Dienstags wurden die Ursachen für 
die ungewöhnlich warme Nacht zum vergangenen Montag unter die Lupe 
genommen 
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/11/3.html). 
Zusammengefasst waren dies der Zustrom einer ziemlich warmen 
Luftmasse aus Südwest, viele Wolken und ein lebhafter Wind. Auch in 
den kommenden Monaten des Winterhalbjahrs wird es mit Sicherheit hin 
und wieder Warmlufteinschübe geben, von denen wir am Boden teilweise 
aber kaum bis überhaupt nichts mitbekommen werden. Das Stichwort an 
dieser Stelle lautet: Inversionswetterlage!

Nachts strahlt der Boden Wärme ab und kühlt sich dadurch und aufgrund
der fehlenden Sonneneinstrahlung stärker ab, als die darüber 
befindliche Luft in den untersten Atmosphärenschichten. In der Folge 
nimmt die Temperatur in diesem Bereich mit der Höhe zu - man spricht 
von einer sogenannten bodennahen Inversion, wobei mit "bodennah" 
wenige hundert bis 2000 m über Grund gemeint sind. Die Luftschichten 
innerhalb der Inversion sind von den darüber liegenden entkoppelt, 
d.h. zwischen Ihnen kommt es zu keinem Luftaustausch mehr.

Im Sommer hat sich eine nächtlich ausgebildete Inversion meist schon 
in den Vormittagsstunden wieder aufgelöst, da die recht steil 
einfallende Sonnenstrahlung den Boden rasch erwärmt. Im Winter kann 
sie sich dagegen aufgrund der langen Nächte und der nur flachen 
Einstrahlung vor allem bei ruhigen, also windschwachen Hochdrucklagen
schon mal über mehrere Tage halten.

In den Niederungen ist eine Inversion auch häufig noch mit zum Teil 
zähem Nebel oder Hochnebel verbunden, was die Temperatur nicht 
wirklich aus dem Quark kommen lässt. Dazu können sich mangels 
Austausch mit den darüber befindlichen Luftschichten 
Schadstoffpartikel ansammeln, die einem besonders in den 
Ballungszentren zu schaffen machen. Währenddessen scheint auf den 
Bergen, oberhalb der Inversion, die wärmende Sonne. In der 
Meteorologie spricht man in diesem Zusammenhang auch von einer 
schlechten Durchmischung der Luftschichten. Bildlich gesprochen fehlt
bei einer solchen Wetterlage der Löffel, der diese "Suppe" mal so 
richtig umrührt.

Die Rolle des Löffels kann zum Beispiel eine Kaltfront übernehmen. 
Mit ihrem Durchzug wird die bodennahe "Kaltlufthaut" mit der darüber 
befindlichen wärmeren Luft vermischt. Als Endergebnis befindet sich 
nun am Boden wärmere und darüber vergleichsweise kältere Luft, die 
Inversion wurde also abgebaut oder anders ausgedrückt: Die 
Luftschichten sind nun deutlich besser durchmischt. Die Kaltfront 
führt in diesem Fall also "paradoxerweise" zu einer Erwärmung über 
dem Erdboden, weshalb diese im Fachjargon auch als "maskierte 
Kaltfront" bekannt ist.

Zumindest beim Wetter darf man sich also in den kommenden Monaten auf
die ein oder andere "Maskerade" freuen. Ob das in diesen Zeiten 
jedoch ein wirklicher Trost für alle Liebhaber der fünften Jahreszeit
ist, ist mehr als fraglich? 

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 04.11.2020

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