Thema des Tages

EPSILON: Vom Hurrikan zur Schallplatte


Beim momentanen Blick auf die Bodenwetterkarte sticht einem förmlich 
ein massiv ausgeprägtes Tief über dem Nordatlantik ins Auge. Die 
Vielzahl an Isobaren um den Tiefkern herum erinnert dabei ein wenig 
an die Rillen einer Schallplatte. Vor wenigen Tagen war diese 
"Schallplatte" noch ein ausgewachsener Hurrikan.


Nun sind großräumige Tiefs im Winterhalbjahr keine Seltenheit, da 
dann der Temperaturunterschied zwischen Arktis und (Sub-)Tropen 
größer ist als im Sommer und damit auch die Bemühungen der 
Atmosphäre, diesem Ungleichgewicht entgegenzuwirken. Etwas Besonderes
hat es aber schon, denn bei seiner Entwicklung hatte ein ehemaliger 
Hurrikan gehörig seine Finger im Spiel.

Die Rede ist von EPSILON bzw. ex-EPSILON. EPSILON wurde am 15. 
Oktober als noch namenloses Tief weit südöstlich der Bermudas 
geboren. Vier Tage später machte das Tief einen regelrechten 
Entwicklungssprung und wurde vom Nationalen Hurrikan Zentrum (kurz: 
NHC) bei rund 25 Grad Nord und 55 Grad West zunächst als Tropisches 
Tief Twenty-Seven und nur wenige Stunden später als Tropischer Sturm 
EPSILON geführt. Damit war EPSILON der 26. benannte Sturm der 
diesjährigen Saison über dem Nordatlantik.

EPSILON zog anschließend unter Verstärkung nordwestwärts Richtung 
Bermudas und mauserte sich in den Frühstunden des 21. Oktobers 
(mitteleuropäischer Zeit) zum Hurrikan der Kategorie 1. Doch damit 
gab sich EPSILON nicht zufrieden, ganz im Gegenteil. Denn am selben 
Tag noch entwickelte sich EPSILON zu einem Hurrikan der Kategorie 3 
weiter mit einem Kerndruck von 951 hPa. Glücklicherweise lenkte der 
Sturm dann in eine nördliche Zugbahn ein und ließ damit die Bermudas 
"links liegen". EPSILON kam somit zunehmend in kältere Gewässer und 
schwächte sich langsam aber sicher ab. 

Am 24. Oktober drehte EPSILON - mittlerweile nur noch Kategorie 1 und
bei rund 62 Grad West und 36,5 Grad Nord angelangt - nach Nordosten 
ab, wo er zunehmend in den Einflussbereich der Westwindzone und damit
unter die Fittiche des Jetstreams (Starkwindband in etwa 9 km Höhe) 
kam. Nach und nach verlor EPSILON nun seine tropischen Eigenschaften 
und so wurde er am 26. Oktober vom NHC zu einem außertropischen Tief 
heruntergestuft und seither mit dem Präfix "ex" geführt.

Bis dahin war der Kerndruck von EPSILON bereits wieder auf 968 hPa 
angestiegen, doch im Zusammenspiel mit dem Jetstream und der von 
ex-EPSILON mitgeführten sehr feuchten und warmen Luft, konnte sich 
das außertropische Tief nochmals vertiefen. Am 27. Oktober erreichte 
ex-EPSILON somit einen Kerndruck von etwa 945 hPa, also einen 
niedrigeren Kerndruck als zu seinen besten Hurrikanzeiten. Allerdings
waren der Druckgradient in Kernnähe und damit auch die dortigen 
Windgeschwindigkeiten bei weitem nicht mehr so hoch wie "damals". In 
der Folge verliefen die Isobaren (also die Linien gleichen 
Luftdrucks) nun nicht mehr ganz so eng gepresst um das Zentrum des 
Tiefs, sondern etwas weitläufiger, was letztlich zu der 
schallplattenähnlichen Struktur auf der Bodenwetterkarte führt.

Bis heute (Mittwoch) hat sich ex-EPSILON dann aber doch wieder 
ordentlich abgeschwächt (wenngleich es sich bei ihm weiterhin um 
einen Orkan handelt). Heute Vormittag liegt das Tief mit einem 
Kerndruck von etwa 960 hPa südlich von Island. Dazu hat sich das Tief
einen Kollegen über der nördlichen Nordsee "gegönnt". Damit wurde aus
ex-EPSILON mittlerweile ein Tiefdruckkomplex mit zwei Kernen, die als
ex-EPSILON I und ex-EPSILON II geführt werden. 

Ein Ausläufer davon überquert heute Deutschland von West nach Ost. 
Das damit verbundene Wettergeschehen? Windiges Herbstwetter, dazu vor
allem im Süden viele Wolken und etwas Regen. Alles in allem also 
ziemlich unspektakulär - zumindest hier in Deutschland.


Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 28.10.2020

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