Thema des Tages
Vereisung in der Luftfahrt ? Teil 2: Mischeis und Backschnee
Der zweite Teil der Reihe zur Vereisung in der Luftfahrt legt im
heutigen Thema des Tages den Schwerpunkt auf die meteorologischen
Bedingungen und Auswirkungen von Mischeis und Backschnee.
Die Art des Eisansatzes an einem Flugzeug lässt sich häufig nicht
eindeutig klassifizieren, weil sich aufgrund der wechselnden
meteorologischen Bedingungen während des Fluges durch eine
Vereisungszone oft Mischformen entwickeln und an verschiedenen
Flugzeugsegmenten unterschiedliche Eistypen beobachtet werden.
Im ersten Teil zur Vereisung in der Luftfahrt haben wir uns den Rau-
und Klareisbildungen an Luftfahrzeugen gewidmet (siehe Thema des
Tages vom 05.10.2020 unter: https://bit.ly/3j49QgL). Zur
Auffrischung: Bei Raueis wird durch sehr stark unterkühlte, kleine
Wassertröpfchen eine kristalline und poröse Eisablagerung an den
Vorderkanten der angeströmten Flugzeugoberflächen gebildet. Klareis
hingegen entsteht durch größere, weniger unterkühlte Wassertröpfchen
und durch einen langsamerer Gefrierprozess. Dadurch kommt es zunächst
zu einem Rücklauf des unterkühlten Wassers und mit fortschreitendem
Gefrierprozess zu einer gleichmäßigeren, transparenteren Eisschicht
auf der Flugzeugaußenhaut.
Die Kombination von Rau- und Klareisansatz führt zur Entstehung von
Mischeis, sodass sich die gefährlichen Eigenschaften beider
Vereisungsarten addieren. Mischeis wird dabei aus kleinen und großen
unterkühlten Wassertröpfchen in einer Wolke gebildet. Die
Temperaturspanne für die Entstehung von Mischeis liegt normalerweise
zwischen -5 und -15 Grad Celsius. Diese Bedingungen sind am
häufigsten in Nimbostratuswolken und in den mittleren Niveaus von
ausgeprägten Quellwolken anzutreffen. Vor allem während des Steig-
und Sinkflugs passiert ein Luftfahrzeug solche Wolken mit dem
entsprechenden Temperaturniveau. Wie Raueis bildet sich Mischeis an
den Vorderkanten des Flugzeuges. Die Raueispartikel sind dabei in
Klareis eingebettet und bilden eine harte, grobkantige und weißliche
Masse. In der beigefügten Grafik (https://bit.ly/3531ktp) ist eine
schematische Ablagerung von Raueis an einer Tragfläche dargestellt.
Dieses Mischeis haftet sehr stark und lässt sich nur schwer
entfernen. Die festhaftende, unregelmäßige Mischeisschicht kann die
Umströmung der Tragflächen stören und kleinskalige Turbulenzen
auslösen, was erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Aerodynamik des
Luftfahrzeuges zur Folge haben kann. Abbildung 2 zeigt beispielhaft
gebildetes Mischeis am Tragwerk eines Flugzeuges.
Trockene Schneekristalle werden um das Flugzeug herumgeblasen und
haften daher im Allgemeinen nicht an der Flugzeugoberfläche, sodass
dabei keine Vereisungsgefahr besteht. Vereisung kann jedoch auch bei
Flügen durch Schneefallgebiete einsetzen, wenn sowohl nasser Schnee
als auch unterkühltes Wasser vorhanden sind, welche den Eisteilchen
als Bindemittel dienen. Vor allem im Bereich von winterlichen Fronten
mit mäßigem bis starkem Schneefall und Temperaturen um 0 Grad Celcius
wird häufig eine starke Vereisung beobachtet. Das Gemisch von nassem
Schnee und unterkühltem Wasser wird als Backschnee bezeichnet.
Besonders im Steigflug kann Backschnee zu Problemen führen, wenn der
nasse und zum Teil tauende Schnee bei rasch sinkender Temperatur an
der kalten Flugzeugoberfläche gefriert. So kann sich eine sehr raue,
gefrorene Ablagerung bilden, die die aerodynamische Stabilität des
Luftfahrzeuges empfindlich stört. Außerdem kann eine feste Schicht
Backschnee beispielsweise auch zu einer Beeinträchtigung der Höhen-
und Seitenruder führen.
Der nächste und voraussichtlich letzte Teil der Reihe wird den
Vereisungsgefahren durch Raureif und Eisansatz in sehr großen Höhen -
dem sogenannten Ice Crystal Icing gewidmet sein.
M.Sc.-Met. Sebastian Altnau
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.10.2020
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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