Thema des Tages
Wie entsteht ein Wetterbericht?
Wird die Glaskugel gerieben, der Frosch auf der Leiter betrachtet
oder vielleicht einfach gewürfelt, um einen Wetterbericht zu
erstellen? Nichts von alledem ist richtig. Wie ein Wetterbericht
wirklich entsteht, wird im heutigen Thema des Tages behandelt.
"Ein Tiefdruckgebiet über der Nordsee sorgt in weiten Teilen des
Landes für wechselhaftes und windiges Herbstwetter.
Heute Mittag und im weiteren Tagesverlauf viele Wolken, kaum Sonne
und wiederholt schauerartig verstärkte Niederschläge, im Westen,
Südwesten und der Mitte lokal kurze Gewitter. Im Osten nur wenig
Regen und zeitweise Aufheiterungen. Temperaturanstieg auf 13 bis 18
Grad. Vielfach mäßiger und teils stark böiger Wind aus Süd bis
Südwest. Vom Südwesten bis zur Mitte Windböen, exponiert stürmische
Böen. Auf exponierten Gipfeln auch schwere Sturmböen."
So liest sich der heutige Wetterbericht. Ganz schön viele
Informationen in einem zugegebenermaßen sehr komprimierten Text.
Formal gibt es für die Wetterberichte des DWD einige Vorgaben. Es
wird im Telegrammstil geschrieben, das heißt ohne Verwendung von
Verben. Dann stellt sich der grundlegende Aufbau eines Wetterberichts
so dar, dass zuerst die Wetterlage kurz beschrieben wird und
anschließend folgt die Wetterentwicklung. Diese setzt sich zusammen
aus der Beschreibung der Bewölkungsverhältnisse und Angaben zum
Niederschlag im zeitlichen Verlauf, Nennung der Temperaturmaxima bzw.
-minima und zum Schluss die Angabe der Windstärke sowie Windrichtung.
Dabei sollte dieses Schema immer beibehalten werden.
Doch woher bekommt der Meteorologe nun diese ganzen Informationen, um
einen Wetterbericht zu verfassen? Größtenteils läuft die Arbeit des
Meteorologen tatsächlich vorm Bildschirm ab. Dabei betrachtet er
verschiedene Wettermodelle, zum Beispiel das ICON-Modell (Icosahedral
Nonhydrostatic Model) des DWD, das amerikanische GFS (Global Forecast
System), oder das Modell des Europäischen Zentrums für mittelfristige
Wettervorhersage (EZMW) usw. In diese Modellberechnungen gehen
sämtliche möglichst weltweit verfügbare Daten ein, wie
Bodenmessungen, Radiosondenaufstiege, Satellitenmessungen,
Schiffsmeldungen, Flugzeugmessungen und vieles mehr. Diese
Eingangsdaten werden nun von Hochleistungsrechnern verarbeitet bzw.
in die Modelle eingespeist. Die Modelle haben dabei unterschiedliche
Charakteristiken, wodurch sich die Berechnungen unterscheiden. Häufig
werden zunächst Prognosen für die ganze Welt erstellt und dann für
bestimmte Regionen in höherer Auflösung verfeinert.
Genau jetzt kommt der Meteorologe ins Spiel, denn nun liegt es an ihm
aus der Fülle von Modellberechnungen einen allgemein verständlichen
und natürlich möglichst richtigen Wetterbericht zu verfassen. Dazu
gleicht er beispielsweise den Ist-Zustand mit dem für den aktuellen
Zeitpunkt berechneten Zustand ab. Gibt es hier bereits größere
Differenzen, dann wird das Modell an diesem Tag eher nicht verwendet,
denn wenn die Anfangsbedingungen nicht stimmen, dann wird der Fehler
im weiteren Verlauf in der Regel noch größer. Des Weiteren weiß man
häufig, welches Modell bei bestimmten Wetterlagen seine Stärken und
Schwächen hat. Beispielsweise bildet ein Modell besser die räumliche
Niederschlagsverteilung ab, während ein anderes bei den
Niederschlagsmengen besser liegt. Außerdem vergleicht der Meteorologe
die vorliegenden Modelle. Wenn von zehn Prognosen neun stürmischen
Wind berechnen und einmal nur ein laues Lüftchen wehen soll, dann ist
ersteres wesentlich wahrscheinlicher.
Nun liebe Leserinnen und Leser, Sie merken wie komplex und
kompliziert es sein kann, einen einfach verständlichen und genauen
Wetterbericht zu verfassen. Aber genau dies macht dem Verfasser
täglich aufs Neue sehr viel Freude, denn es passiert ständig etwas
Neues und Abwechslung ist definitiv geboten. Und sollte man einmal
nicht mehr weiter wissen, dann muss eben doch die Glaskugel
herhalten, die jeder Meteorologe sicherlich im Schrank stehen hat.
Dipl.-Met. Marcel Schmid
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.10.2020
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst
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