Thema des Tages

Kleine Synoptikkunde (3) - Alles dreht sich

Im dritten Teil unserer kleinen Synoptikkunde dreht sich - 
buchstäblich - alles um das Drehen. Es geht um Wirbel, die damit 
verbundene wichtige Größe "Vorticity" und wofür man sie in der 
Wettervorhersage braucht.

In den letzten Folgen der kleinen Synoptikkunde beschäftigten wir uns
mit Geopotenzial und dessen Verteilung in Rücken und Trögen. Dabei 
konnte man sehen, dass Rücken und Tröge gekrümmt sind. Diese 
Krümmungen spielen bei der Wettervorhersage eine wichtige Rolle, denn
an ihr lassen sich das Aufsteigen und Absinken von Luftmassen und die
damit verbundene mögliche Bildung von Druckgebieten herleiten. 

Die Vorticity ist ein Maß für die Stärke eines Wirbels. Man kann sich
dabei einen Eiskunstläufer (oder eine Eiskunstläuferin) vor, der 
fleißig Pirouetten auf dem Eis dreht. Je schneller er (oder sie) sich
dreht, desto mehr Vorticity ist im Spiel. Genauso verhält es sich mit
der Atmosphäre. 

In der Meteorologie betrachtet man dabei ein einzelnes Luftpaket 
(z.B. einen Würfel). Dieses kann sich z.B. auf einer Kurvenbahn 
bewegen. Durch eine solche Bewegung erhält es absolute Vorticity, da 
das Luftpaket als Ganzes bewegt wird. Dies ist z.B. der Fall, weil 
die Erde rotiert. Ein Luftpaket kann aber auch in sich selber 
verwirbelt werden. Dann besitzt es relative Vorticity. Beide 
Komponenten zusammen ergeben dann die gesamte Vorticity des 
Luftpakets. 

Betrachten wir weiter die relative Vorticity, so unterscheidet man 
zwischen sogenannter Krümmungs- und Scherungsvorticity (siehe Abb. 
1). Krümmungsvorticity tritt auf, wenn eine Luftströmung ihre 
Richtung ändert. Dort ist die Vorticity entsprechend groß, da die 
Luft quasi "gedreht" wird. Scherungsvorticity erhält man, wenn die 
Luft unterschiedliche Geschwindigkeiten besitzt. Betrachten wir 
wieder unser Luftpaket, so wird es an einer solchen Grenze auf der 
einen Seite stärker bewegt als auf der anderen, und wird damit in 
Rotation versetzt (siehe Abb. 1). Es erhält also auch hier Vorticity.
Krümmungs- und Scherungsvorticity können in Kombination auftreten, 
sich gegenseitig verstärken oder aufheben. 

Entscheidend für die Wettervorhersage ist aber nicht die Vorticity 
alleine, sondern deren Änderung, bzw. Advektion (d.h. Heranführung). 
Hebung - und damit Konvektion oder Druckabfall am Boden - findet in 
einem Bereich statt, in dem positive (zyklonale) Vorticity advehiert 
wird. Zusätzlich muss die Advektion mit der Höhe auch noch zunehmen. 
Das nennt man dann "differenzielle positive Vorticityadvektion", und 
diese ist mitentscheidend für die Entstehung von Tiefdruckgebieten am
Boden.

M.Sc. Met. Felix Dietzsch
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 11.09.2020

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