Thema des Tages

Wasser marsch! Wie Sie richtig Pflanzengießen.

Warum Pflanzen bei sonnigem Hochdruckwetter nach Wasser lechzen und 
wie Sie deren Durst am effektivsten stillen, erfahren Sie im heutigen
Thema des Tages. 

Wenn die große Hitze Einzug hält, geht die Fachsimpelei unter 
Hobbygärtnern los: Wie stillt man den Durst der im Hochsommer 
regelrecht nach Wasser lechzenden Blumen und Pflanzen am besten? 
Gießt man lieber morgens oder abends? Gießt man lieber in geringen 
Mengen möglichst oft oder doch lieber seltener, dann aber in rauen 
Mengen?

Bei sonnigem und heißem Hochdruckwetter verdunstet über den Tag 
verteilt deutlich mehr Wasser von einem mit Pflanzen bewachsenen 
Boden als durch die etwaigen, eher seltenen und räumlich eng begrenzt
auftretenden Schauer oder Hitzegewitter hinzugeführt werden kann. Der
Boden trocknet also immer mehr und immer tiefer aus. Die Wassermenge,
die von einem Pflanzenbestand bei ausreichender Nährstoff- und 
Wasserversorgung in Form von Wasserdampf an die Atmosphäre abgegeben 
wird, bezeichnet man als potenzielle Evapotranspiration - sie 
entspricht der maximal möglichen Verdunstung. Dabei gilt, je sonniger
und windiger das Wetter, je trockener die Umgebungsluft und je höher 
die Temperatur des Bodens und der bodennahen Luftschichten, desto 
größer die maximal mögliche Verdunstungsrate. Zur Bestimmung der 
Verdunstung kommen sog. Lysimeter zum Einsatz, die die 
Niederschlagsmenge und die Sickwassermenge, also die Wassermenge, die
im Boden versickert, ins Verhältnis setzen. An sonnigen 
Hochsommertagen verdunsten gut und gerne mal 5-7 l/qm Wasser am Tag -
sofern diese Wassermenge überhaupt noch zur Verfügung steht. 

Aus den vereinfacht dargestellten Zusammenhängen zwischen der 
Verdunstung und den meteorologischen Größen lässt sich schließen, 
dass die Verdunstung vornehmlich am Tage stattfinden muss. Folglich 
kann das Gießen tagsüber im Grunde nur die Bedeutung eines "Tropfens 
auf den heißen Stein" haben. Tatsächlich werden die Pflanzen durch 
das mittägliche Gießen jeglicher Chance beraubt, das Wasser in 
größeren Mengen aufzunehmen. Denn es verdunstet fast vollständig auf 
dem Weg von der Gießkanne oder dem Gartenschlauch bis zur Wurzel. 

Ganz anders sieht es in der Nacht bzw. vor Sonnenaufgang in den 
frühen Morgenstunden aus. Etwa zwischen 3 und 4 Uhr, wenn der Boden 
am kühlsten ist und nur eine minimale Menge an Wasser verdunsten 
kann, ist das Bewässern am effektivsten. Damit "Morgenmuffel" oder 
Freunde des straffen morgendlichen Zeitmanagements sich nun nicht 
gänzlich ins Abseits gestellt fühlen, soll an dieser Stelle angemerkt
werden, dass das Blumengießen am späten Abend immer noch besser ist 
als am helllichten Tage, auch wenn durch die noch warmen Böden etwas 
mehr Wasser verdunsten kann als morgens.

Wenn es nicht anders geht, sollte beim Bewässern tagsüber darauf 
geachtet werden, dass kein Wasser auf den Blättern stehen bleibt. 
Denn Wassertropfen wirken wie ein Brennglas, durch die die 
Sonnenstrahlung verstärkt und besonders schädlich für die Pflanzen 
wird. Deswegen ist eine Gießkanne, mit der das im Optimalfall 
kalkarme Regenwasser (z. B. aus der Zisterne) direkt auf die Erde 
gegeben wird, einem Rasensprenger immer vorzuziehen.

Darüber hinaus sind sich die Experten einig, dass man lieber seltener
und dafür etwas mehr als jeden Tag ein bisschen gießen sollte, um 
beispielsweise ein Pilzwachstum zu verhindern. Für Topfpflanzen auf 
Balkonen gilt dies natürlich nicht, diese dürfen gerne zweimal 
täglich gegossen werden. Übrigens: Nach einem heftigen Gewitterregen 
sollte man die Gießkanne nicht stehen lassen, sondern lieber 
nachlegen. Denn zum einen befeuchtet der kurze Regenguss den Boden 
nur sehr oberflächlich, zum anderen nehmen die Pflanzen bei hoher 
Luftfeuchtigkeit Wasser besser auf.

Ein wichtiger Hinweis zum Schluss: Wenn Sie Trinkwasser zur 
Bewässerung nutzen, sollten Sie immer aktuelle Empfehlungen der 
Stadtwerke bzw. der wasserwirtschaftlichen Betriebe Ihrer Gemeinde 
bezüglich des Trinkwasserangebotes berücksichtigen. Denn gerade in 
Trockenzeiten ist Trinkwasser ein rares, kostbares Gut.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 09.08.2020

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