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Thema des Tages
Wie Saharastaub die Entwicklung von Hurrikans auf dem Atlantik
beeinflusst
Jedes Jahr werden hunderte Millionen Tonnen Saharastaub über den
Atlantik geweht. Unvorstellbar, aber wahr: Der Wüstensand wirkt sich
auch auf die Hurrikansaison aus. Wie genau, wird heute im Tagesthema
angerissen.
In der letzten Junidekade 2020 formierte sich über der Sahara durch
starke Aufwinde eine massive Staubwolke, die in der Folge in die
vorherrschende Ostwindzirkulation aufgenommen und quer über den
Atlantik bis zur Karibik und nach Mittel- und Nordamerika
transportiert wurde. Kein seltenes Schauspiel, aber aufgrund der
Partikeldichte, Ausdehnung und zurückgelegten Strecke dennoch
beeindruckend.
Es ist keinesfalls ungewöhnlich, dass hunderte Millionen Tonnen Staub
aus der afrikanischen Wüste jedes Jahr über den Atlantik geblasen
werden. Der Saharasand hilft, unter anderem die Strände in der
Karibik zu erneuern oder dient als Dünger für die Erde im Amazonas.
Natürlich gibt es nicht nur Vorteile. So kann der Staub aus der
Sahara sogar für eine vorübergehend heftige Luftverschmutzung in
Teilen Nord-, Mittel- und Südamerikas sorgen.
Ein weiterer Effekt ist die Rolle des afrikanischen Staubs bei der
Entwicklung tropischer Zyklonen. Die Luft aus der Sahara hat dabei
eine große Bedeutung. Diese sogenannte „Saharan Air Layer“ (SAL),
eine abgehobene Schicht von Saharaluft und Mineralstaub, ist eine
warme, sehr trockene Luftmasse mit starken Winden, die einen
signifikant mildernden Einfluss auf die Entstehung und Intensivierung
von Wirbelstürmen über dem Atlantik ausübt.
Saharastaubausbrüche haben drei Merkmale, die tropische Zyklonen und
im Allgemeinen die Klimatologie der tropischen Luftmassen über dem
Atlantik beeinflussen können. Zum einen besitzt die SAL etwa 50
Prozent weniger Feuchte als eine typisch tropische Luftmasse und ist
zudem noch sehr staubig. Solch extrem trockene Luft kann zur
Abschwächung eines tropischen Sturms führen, indem die Entwicklung
kräftiger Aufwinde (aufsteigende warme Luft) unterdrückt wird bzw.
vor allem Abwinde (sinkende kalte Luft) um einen Wirbelsturm herum
begünstigt werden. Dies geschieht bspw. durch das Einmischen der
trockenen Luft in die Aufwinde und ebenso durch eine effektivere
Niederschlagsabkühlung aufgrund der trockenen Luft. (Kurzer Exkurs:
Bei der Verdunstung von Wasserdampf wird der Luft Wärme entzogen.
Dadurch kühlt sie sich ab. Kalte Luft wiederum fördert aufgrund ihrer
hohen Dichte im Vergleich zur Umgebungsluft das Auftreten von
Abwinden.)
Des Weiteren sind die Windgeschwindigkeiten in der „Saharan Air
Layer“ typischerweise stark erhöht. Dieser sogenannte „African
Easterly Jet“ in der mittleren Troposphäre (etwa zwischen 2 und 4,5
Kilometer Höhe) ist ein Ostwind, der von Afrika auf den Atlantik
gerichtet ist. Befindet sich auf dem Atlantik nun ein tropischer
Sturm, erhöht sich durch den Jet die Windscherung (Zunahme und
Änderung des Windes mit der Höhe) in der Umgebung des Wirbelsturms
stark. Das führt entsprechend dazu, dass der Aufwind innerhalb des
Sturms zu kippen beginnt, wodurch sein Antrieb (senkrecht nach oben
aufsteigende warme Luft im Inneren des tropischen Sturms) allmählich
unterbrochen wird.
Zu guter Letzt ist die abgehobene Saharaluft sehr warm und der
Mineralstaub in dieser Schicht absorbiert auch das Sonnenlicht,
sodass die Luftschicht auf dem Weg nach Westen ihre Wärme halten
kann. Gleitet die SAL über eine relativ kalte und dichte Luftschicht
über dem tropischen Atlantik, kommt es zu einer Stabilisierung der
atmosphärischen Schichtung, was wiederum dazu führen kann, dass die
Wolkenbildung unterdrückt wird.
So kam es, wie es zu erwarten war: In der Zeit des Staubsturms Ende
Juni entwickelte sich im Bereich des Atlantiks und Golfs von Mexiko
kein signifikanter tropischer Sturm. Der Saharastaub trug neben
weiteren Faktoren dazu bei, dass die Entwicklungsbedingungen
ungünstig waren.
Die Saharaluft wird typischerweise alle drei bis fünf Tage schubweise
über den Atlantik Richtung Amerika geweht. Dieses Phänomen beginnt
meist Mitte Juni und findet seinen Höhepunkt Ende Juni bis Mitte
August. Der Staubausbruch, der Ende Juni 2020 stattfand, war
beeindruckend und insbesondere aufgrund der Aerosoldichte, Ausdehnung
und Entfernung außergewöhnlich. Die Luft war um 60 bis 70 Prozent
staubiger als üblich. Damit war das Ereignis diesbezüglich das
stärkste seit Beginn der Aufzeichnungen vor 15 bis 20 Jahren.
Imposant ist auch, dass der Saharastaub zwischen der Westküste
Afrikas bis zum Golf von Mexiko etwa 8000 Kilometer zurücklegte und
eine Ausdehnung so groß wie die Fläche aller US-Bundesstaaten ohne
Alaska und Hawaii erreichte.
© Animation: NASA Worldview
Dipl.-Met. Julia Fruntke
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.07.2020
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