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Thema des Tages
Sommer 2020 „schaukelt“ weiter vor sich hin
Noch gut eine Woche und der Sommer 2020 geht bereits in sein letztes
Drittel. Anlass genug also sich die Frage zu stellen, ob es wie
bisher weitergeht oder sich grundlegend etwas ändert.
Dass man es beim Wetter nie allen rechtmachen kann, gehört zu den
Binsenweisheiten des alltäglichen Lebens. Und so gehen natürlich auch
die Meinungen zum diesjährigen Sommer teilweise diametral
auseinander. Eine zugegeben nicht eben repräsentative Umfrage beim
Verfasser dieses Artikels hat ergeben, dass der Sommer 2020
eigentlich ganz okay ist, insbesondere in Bezug auf den
Temperaturverlauf. Keine Hitzewellen, keine Tropennächte, stattdessen
schlaffreundliche nächtliche Abkühlungsraten teils bis in den
einstelligen Bereich. Fairerweise muss man an dieser Stelle aber
gleich mal nachschieben, dass die Wahrnehmung eine sehr selektive ist
– der Verfasser hat sich im Juni und Juli mit einer kleinen Ausnahme
ausschließlich im Rhein-Main-Gebiet aufgehalten. Außerdem wäre mehr
Regen nicht schlecht gewesen. Man hätte sich nicht nur häufiges und
ob abendlicher Müdigkeit manchmal auch lästiges Wässern des
hauseigenen Gartens sparen können, der gesamten Natur hätte mehr
Regen sichtlich gutgetan.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Juli Ende nächster Woche
schon zu Ende geht und der (meteorologische) Sommer damit in sein
letztes Drittel eintritt, stellt sich unweigerlich die Frage, ob sich
denn nun mal was ändert am Setup. Um es vorwegzunehmen, bis Ende
nächster Woche sieht es nicht danach aus, als würde sich am
großräumigen Zirkulationsmuster was Substanzielles ändern. Ist ja
auch gar nicht so einfach, ein seit Wochen eingefahrenes Strickmuster
zu knacken. Geprägt ist dieses Muster von Tiefdruckgebieten, die sich
über Nord- und Nordwesteuropa sowie über dem Nordostatlantik die
Klinke in die Hand geben. Weiter südlich hingegen steht das
Azorenhoch wie ein Bollwerk, das wiederholt – mal progressiv, mal
defensiv – einen Ausläufer (den sogenannten Azorenhochkeil) bis nach
Mitteleuropa respektive Deutschland entsendet. Zwischen den Tiefs im
Norden und dem Hoch weiter südlich werden immer wieder aufs Neue
westliche Winde generiert, mit der weder richtig kalte, andererseits
aber auch nicht wirklich heiße Luftmassen den Weg zu uns finden. Und
wie es bei Westwetterlagen nun mal ist, gelangen in mehr oder weniger
großen Abständen immer wieder Störungen in Form atlantischer
Tiefausläufer zu uns, die den Wetterablauf wechselhaft gestalten,
dabei aber nicht in jeder Region die gleiche Wirkung erzielen. So
fällt der meiste Regen in der Regel im äußersten Norden und Süden,
während sich dazwischen teils erhebliche Defizite offenbaren. Und bei
der Temperatur geht eine solche Westlage traditionell und
atmosphärenphysikalisch folgerichtig mit einem Süd-Nord-Gefälle
einher.
Kommen wir zur aktuellen Wetterlage, die einmal mehr von einem bis
zum östlichen Mitteleuropa reichenden Azorenhochkeil mit dem Namen
ALBRECHT geprägt ist. Ihm gegenüber steht weiter nördlich eine ganze
Horde von Tiefs, von den vor allem BEATE unweit von Schottland und
CHRISTIANE (derzeit noch weit draußen auf dem Atlantik) unser
Interesse wecken. Während ALBRECHT versucht, die Sonnenscheinbilanz
des Monats aufzupolieren, verfolgt BEATE eher den Plan, vom heutigen
Mittwoch bis Freitag Wolken und auch etwas Regen bei uns zu
platzieren. Am ehesten gelingt ihr das zunächst im Norden, wenn auch
nur mit Teilerfolgen, da ALBRECHT ordentlich dagegenhält.
Offensichtlich besitzt er ein Herz für Norddeutsche, indem er immer
mal wieder Anteile der weiter südlich kräftig scheinenden Sonne nach
Norden verlagert. Im äußersten Süden, insbesondere an den Alpen sowie
dem angrenzenden Vorland, sind die Wolkenanteile ebenfalls höher und
es bilden sich jeweils tagsüber Schauer und auch einzelne kräftige
Gewitter. Bei der Temperatur setzt sich die diesjährige Armut heißer
Tage (siehe dazu auch das Thema des Tages vom 21.7.2020) fort, 30°C
oder mehr sind – wenn überhaupt – nur vereinzelt im Süden zu
erwarten. Ansonsten liegt das Spektrum meist zwischen 20 und 29°C, an
der See zeitweise auch darunter.
Im Laufe des kommenden Wochenendes, vornehmlich am Sonntag, schlägt
die große Stunde von CHRISTIANE, die sich bis zum Seegebiet zwischen
Schottland und Island vorarbeitet und von dort Meister ALBRECHT
attackiert. Bereits in der Nacht zum Sonntag setzen im Nordwesten
schauerartige Regenfälle ein, die sich tagsüber auf das ganze Land
ausbreiten und z.T. mit einigen kräftigen Gewittern einhergehen. Wie
die Details aussehen, dazu in den nächsten Tagen mehr.
Abschließend noch ein kurzer Blick auf die kommende Woche. Business
as usual möchte man sagen. Im Süden der Azorenhochkeil mit warmer bis
sehr warmer Luft und häufigem Sonnenschein, dazu einzelne Gewitter,
vor allem über dem Bergland. Nach Norden hin wiederholt
Tiefdruckeinfluss (laut Liste der FU Berlin folgen auf CHRISTIANE die
Damen DANA, ELLEN, FARIDEH, GITTA?), dabei tendenziell wolkiger und
zeitweise Regen, mäßig warm bis kühl und mitunter windig.
Dipl.-Met. Jens Hoffmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.07.2020
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