Thema des Tages

Die Entfernung von Gewittern

Man sieht die bedrohlich dunklen Gewitterwolken oft schon aus der 
Ferne oder man hört den Donner, der auf einen Blitz folgt. Aber wie 
weit ist das Gewitter weg?

Auch in diesen und den folgenden Tagen gibt es in Deutschland wie so 
oft im Sommer mal wieder teils kräftige Gewitter. Wolkentürme, die 
sich bei Gewittern stapeln, kann man über viele Kilometer hinweg 
sehen, den Donner von Blitzen oft bereits einige Zeit vor Ankunft des
Gewitters hören. Wie weit sind die Gewitter dann tatsächlich 
entfernt?

Ein Gewitter bildet Wolkenberge aus, die in kräftigen Exemplaren in 
den mittleren Breiten im Winter bis etwa 8 und im Sommer 10 bis 12 km
hoch werden können. In den Tropen sind sogar Gebilde mit bis zu 
stolzen 16 km Höhe möglich.

Über die Erdkrümmung und den Satz des Pythagoras sowie unter 
Beachtung der atmosphärischen Refraktion (Lichtbrechung) lässt sich 
berechnen, wie weit der Horizont entfernt ist. Für einen 1,70 m 
großen Menschen ist er rund 5 km entfernt. Kommen nun aber Objekte am
Himmel dazu, kann man diese über eine viel größere Strecke noch 
sehen! Eine 8 km hohe Gewitterwolke wäre theoretisch bis zu 350 km 
weit sichtbar, eine 12 km hohe bis 435 km. Die höchsten 
Gewitterwolken bis in 16 km Höhe könnten sogar bis zu 500 km weit zu 
sehen sein!

Allerdings vermindern in vielen Fällen andere Faktoren diese 
theoretische Sichtweite. Dunst, Staubpartikel, andere Wolken, Bäume 
oder Objekte lassen die Sichtweite bei uns meist auf maximal 100 bis 
150 km schrumpfen. An Tagen mit einer guten Sichtweite kann also ein 
sehr weit entferntes Gewitter gut am Horizont beobachtet werden 
(siehe dazu das angehängte Bild mit geschätzt etwa 50 bis 100 km weit
entfernten Gewittern unter 
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/6/28.html).

Die Chance, dass dieses Gewitter zum eigenen Standort zieht, ist 
jedoch gering. Zum einen müsste sich das Gewitter zu uns verlagern 
und dürfte sich dabei nicht vorher schon auflösen. Die meisten 
Gewitter haben allerdings nur eine Lebensdauer von einer bis 
anderthalb Stunde(n). Zum anderen müsste auch die Zugrichtung passen.
Da sich das Gewitter ja in alle möglichen Himmelsrichtungen bewegen 
kann, ist es eher unwahrscheinlich, dass es genau die Richtung zu uns
einschlägt. Manch einem Beobachter drängt sich dann der Verdacht auf,
dass die Gewitter immer an einem vorbeiziehen, was in der Tat aber 
nicht so ist (siehe dazu das Thema des Tages "Warum ziehen die 
Gewitter immer an mir vorbei?" vom 15.08.2015 unter 
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2015/8/15.html).

Die Blitze eines sehr weit entfernten Gewitters lassen sich nachts 
oft auch beobachten, tagsüber sind sie durch die Störung anderer 
Lichtquellen (vor allem der Sonne) meist nur in Entfernungen bis 
maximal 20 oder 25 km zu sehen. Den auf einen Blitz folgenden Donner 
eines weit entfernten Gewitters hört man jedoch meist nicht. Der sich
in alle Richtungen ausbreitende Schall des Donners verliert sich 
ebenfalls spätestens nach 25 km, im seltenen optimalen Fall kann man 
ein dumpfes Grollen noch bis zu 50 km weit hören. Ein zu sehender 
Blitz ohne Donner wird per meteorologischer Definition übrigens als 
Wetterleuchten bezeichnet. Andererseits ist es auch möglich, dass man
einen Donner hört, aber vor allem tagsüber gar keinen Blitz sieht. 
Dann wissen Sie jetzt, dass das Gewitter wohl nicht weiter als 25 km 
weit weg ist.

Um die genaue Entfernung des Blitzes zu ermitteln, lässt sich die 
Schallgeschwindigkeit ausnutzen. Während der Blitz quasi zeitgleich 
zum Auftreten zu sehen ist (Lichtausbreitung rund 300.000 km pro 
Sekunde), legt der Schall des Donners nur rund 330 m pro Sekunde 
zurück. Für einen Kilometer braucht er also 3 Sekunden. Zählt man nun
die Sekunden zwischen dem Blitz und den Donner und teilt diese durch 
3, hat man die Entfernung zum Gewitter in Kilometern. Beispiel: 
Zwischen Blitz und Donner lagen 9 Sekunden, dann hat der Blitz in 
etwa 3 Kilometern Entfernung eingeschlagen.

Hat das Gewitter eine Entfernung von etwa 10 km unterschritten, wird 
es zunehmend gefährlich. Spätestens dann sollte man sich in 
Sicherheit begeben, am besten in einem Gebäude oder zur Not auch im 
Auto. Ein "Blitz aus heiterem Himmel" (oder auch "Blitz aus dem 
Blauen") ist meteorologisch gesehen tatsächlich möglich (siehe auch 
https://www.weather.gov/pub/lightningBoltBlue). Meist ist das 
Gewitter dann aber schon in der Nähe, in der Regel nicht mehr als 10 
bis 20 km weit weg. Allerdings sind nachweislich sogar schon Blitze 
aus heiterem (blauem) Himmel mit bis zu 40 km Entfernung beobachtet 
worden! Die Wahrscheinlichkeit für ein solches Ereignis ist 
allerdings eher gering.

Dipl.-Met. **
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 28.06.2020

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