Thema des Tages 

„Amphan“ bedroht Teile Indiens und Bangladesch 

Im Golf von Bengalen wütet zurzeit ein mächtiger Wirbelsturm namens 
„Amphan“, der ab dem morgigen Mittwoch das nordöstliche Indien und 
Bangladesch seine volle Kraft spüren lässt. 

Das Wettergeschehen in Deutschland wird seit Tagen schon von Hoch 
„Quirinius“ beeinflusst. Dieses sorgt noch bis zum Freitag für 
ruhiges und weitgehend trockenes Wettergeschehen bei uns. Schaut man 
aber über die Grenzen von Deutschland hinaus, geht es nicht überall 
so ruhig zu. 

Wirft man heute einen Blick in den Golf von Bengalen, einem Randmeer 
des Indischen Ozeans, entdeckt man in den Wetterkarten oder auch im 
Satellitenbild einen tropischen Wirbelsturm. Dieser lässt sich 
aktuell auf der sogenannten Saffir-Simpson-Skala als 
Kategorie-4-Wirbelsturm mit Windgeschwindigkeiten (über eine Minute 
gemittelt) von über 200 km/h und Böen mit Geschwindigkeiten von über 
260 km/h einstufen. Am gestrigen Montag und in der vergangenen Nacht 
konnte der Wirbelsturm sogar vorübergehend die höchstmögliche 
Kategorie 5 erreichen und reiht sich somit in die Liste der 
Superzyklonen ein. 

Kurz zur Erklärung: Um tropische Wirbelstürme besser beschreiben zu 
können, werden diese meist anhand der über eine bzw. mehrere Minuten 
gemittelten Windgeschwindigkeiten in verschiedene Intensitätsstufen 
eingeteilt: Bei der „tropischen Depression“ oder einem „tropischen 
Tief“ handelt es sich um die schwächste Stufe mit 
Windgeschwindigkeiten bis 62 km/h. Der „tropische Sturm“ bezeichnet 
die mittlere Stufe mit Windgeschwindigkeiten bis 118 km/h und ab 119 
km/h spricht man von einem „tropischen Wirbelsturm mit Orkanstärke“. 

Anhand der Saffir-Simpson-Skala (über eine Minute gemittelte 
Windgeschwindigkeiten) lassen sich diese tropischen Wirbelstürme dann 
nochmals in Stärkekategorien 1 (schwacher Wirbelsturm, 
Windgeschwindigkeiten bis 153 km/h) bis zur Kategorie 5 (verwüstend, 
Windgeschwindigkeiten über 251 km/h) unterteilen. Die auftretenden 
Spitzenböen können dabei jedoch weitaus höher ausfallen. Die 
Saffir-Simpson-Skala für Hurrikane im Atlantik sollte jedoch nicht 
mit anderen Skalen zur Charakterisierung tropischer Wirbelstürme 
verwechselt werden, da diese sich in der Einteilung der Intensität 
etwas unterscheiden können. 

Nun kann man sich fragen, was den tropischen Wirbelsturm im Golf von 
Bengalen denn überhaupt so gefährlich macht, wütet er aktuell doch 
meist nur über Wasser. Der Wirbelsturm, der auf den Namen „Amphan“ 
getauft wurde, hat sich in den vergangenen beiden Tagen sehr rasch 
intensiviert und bewegt sich nun mit der zweithöchsten Kategorie 4 
allmählich nord-nordostwärts fort. Dabei sind die atmosphärischen 
Bedingungen sowie die sehr warme Meeresoberflächentemperatur von bis 
zu 31 Grad günstig für die weitere Entwicklung des Sturms. Nach 
aktuellen Prognosen soll er als Wirbelsturm der Kategorie 3 oder 
höher auf Land treffen. 

Vor allem das nordöstliche Indien und Bangladesch sollen von „Amphan“ 
betroffen sein. Dort muss bereits im heutigen Tagesverlauf mit ersten 
Niederschlägen, spätestens aber am morgigen Mittwoch mit 
sintflutartigen Starkregenfällen gerechnet werden. Innerhalb von nur 
zwei Tagen können dann lokal sogar 400 bis 500 Liter pro Quadratmeter 
vom Himmel fallen. Auch der Wind zieht am Mittwoch deutlich an. Dann 
treten Böen bis zur extremen Orkanstärke von über 180 km/h auf. Die 
Folge sind massive Überflutungen und verheerende Zerstörungen an 
Häusern und Infrastruktur. Zwar schwanken die Wettermodelle noch 
etwas bei der räumlichen Verteilung und der Intensität der 
Niederschläge und Windgeschwindigkeiten, dennoch müssen sich die 
beiden Länder auf große Schäden einstellen. 

Die Region zählt aufgrund ihrer geographischen Lage und 
Oberflächenstruktur zu den weltweit durch Wirbelstürme am 
meistgefährdeten bevölkerten Regionen. Einer Studie von Nicholls und 
Kollegen aus dem Jahr 1995 zufolge sind alleine 42% der weltweit mit 
tropischen Wirbelstürmen in Verbindungen stehenden Toten in 
Bangladesch aufgetreten, 27% ließen in Indien ihr Leben. Laut der 
„Needs Assessment Working Group“ (NAWG) in Bangladesch werden im 
Falle von „Amphan“ insgesamt 10,9 Millionen Menschen über 10 
Distrikte von dem Wirbelsturm betroffen sein. Davon müssen wohl 1,5 
Millionen Menschen evakuiert werden, was sich in Zeiten von Corona 
durchaus um einiges komplizierter darstellen dürfte. Außerdem sollen 
Schätzungen zufolge nahezu 0,7 Millionen Häuser beschädigt oder 
zerstört werden. Weite Teile Indiens werden zwar vom Zyklon verschont 
bleiben, lediglich der äußerste Nordosten wird getroffen werden. 
Allerdings befindet sich genau dort die Metropolregion Kalkutta mit 
mehr als 14 Millionen Einwohnern, die recht genau in der Zugbahn von 
„Amphan“ liegt. 

Eine weitere sehr bedrohliche Begleiterscheinung von „Amphan“ wird 
eine Sturmflut sein. Durch die kräftigen Winde drückt der Wirbelsturm 
mit seiner Rotation gegen den Uhrzeigersinn die Wassermassen 
regelrecht an die Küste. Die Dreiecksform des Golfs kanalisiert die 
Wassermassen dabei, die sich dann in der recht flach zulaufenden 
Bucht erheblich aufbauen können. Zurzeit beträgt die signifikante 
Wellenhöhe, also das Mittel aus dem höchsten Drittel der Wellen, etwa 
15 Meter. Das heißt, statistisch gesehen überschreiten 13,5% aller 
Wellen diese Höhe. Beim Auftreffen im Bereich Westbengalen soll die 
Sturmflut laut dem indischen Wetterdienst noch eine Wellenhöhe von 4 
bis 6 Meter aufweisen. Neben den starken Regenfällen kann also auch 
die Sturmflut im Küstenumfeld für massive Überschwemmungen sorgen. 

MSc.-Met. Sebastian Schappert 
Deutscher Wetterdienst 
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 19.05.2020 

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