Thema des Tages 

Wenn das ewige Eis schmilzt! 

Mit großen Schritten geht es auf die Sommermonate zu. Mit dem Ende 
der Winterbilanz Anfang Mai auf den Gletschern beginnt nun die 
Ablationsperiode und somit die jährliche Leidenszeit der 
Alpengletscher. Die Witterung in den Sommermonaten ist nun von 
entscheidender Bedeutung, wie die Massenbilanzen der Gletscher 
innerhalb des laufenden Bilanzjahres ausfallen. 

Der zurückliegende April fiel in den hochalpinen Lagen der Alpen 
schon besonders warm und trocken aus. So konstatierte die 
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) mit einer 
Abweichung von +3,4 °C den viertwärmsten April seit Beginn der 
Aufzeichnungen und das nach milden Wintermonaten und einem bereits zu 
warmen März. Das Niederschlagsdefizit im April lag im Schnitt 
zwischen 50 und 70 %. Die Glaziologen dürften diese Entwicklungen 
bereits erste Schweißperlen noch vor dem Sommerhalbjahr ins Gesicht 
treiben. Hinzukommt, dass die Schnee- und Schneefallmengen im Winter 
2019/2020 bei Weitem nicht so groß waren wie noch im Winter 2018/2019 
und in der Statistik eher wieder im Durchschnitt rangiert. Für unsere 
Alpengletscher alles andere als ein „guter Start“ in die 
Ablationsperiode. 

Gletscher lassen sich idealerweise in zwei unterschiedlich definierte 
Bereiche trennen. Der obere, höher gelegene Bereich des Gletschers 
wird als Akkumulationsgebiet oder „Nährgebiet“ bezeichnet. Dort fällt 
im Mittel im Winter und Frühling mehr Schnee, als in den sommerlichen 
Monaten abschmelzen kann. Der wichtigste Prozess der Akkumulation ist 
zweifellos Niederschlag in Form von Schnee, aber auch Nährung durch 
Lawinen, Windverfrachtung, Schneerutsche, Wiedergefrieren von 
Schmelzwasser und Resublimation spielen eine Rolle. Überdauert die 
Winterschneedecke den Sommer, wird der übrig gebliebene Altschnee 
fortan als Firn bezeichnet. Über mehrere Jahre und Jahrzehnte wird 
dieser Firn durch Komprimierung und Reduzierung der Lufteinschlüsse 
immer dichter und geht nach längerer Zeit in Eis über. Das Eis fließt 
durch die Schwerkraft langsam talwärts und erreicht eine je nach 
klimatischen Randbedingungen eine Gleichgewichtslinie, ab der das 
Ablationsgebiet beginnt. In diesem unteren Bereich des Gletschers 
überwiegen das Schmelzen und die Sublimation (Verdunstung von Schnee 
und Eis ohne Schmelzen) von Schnee und dem darunterliegenden 
Eiskörper. Das Ablationsgebiet wird auch als „Zehrgebiet“ bezeichnet. 
Die Differenz aus Akkumulation und Ablation des gesamten Gletschers 
wird Massenbilanz genannt. Vergleichbar ist das mit dem Führen eines 
Girokontos. Auf der Habenseite sind die positiven Jahreseinnahmen aus 
der Akkumulation. Die Ablation entspricht dagegen der Summe der 
Ausgaben. Das Vorzeichen des Saldos zwischen Ausgaben und Einnahmen 
bestimmt, ob der Gletscher an Masse zu- oder abgenommen hat. Erreicht 
der Kontostand jedoch null, dann ist der Gletscher verschwunden. 

Da die typische Akkumulationsperiode im Herbst beginnt und im 
Frühjahr endet, die Ablationsperiode dann im Frühjahr startet und im 
Herbst endet, wird der Massenhaushalt eines Gletschers nicht für 
Kalenderjahre, sondern für hydrologische Jahre vom 1. Oktober bis 30. 
September bestimmt. Zur Ermittlung der Massenbilanz eines Gletschers 
gibt es verschiedene Methoden. Die älteste und heute noch 
grundlegende Methode ist die direkte glaziologische Methode. Die 
Akkumulation an einem Punkt am Gletscher wird ermittelt, indem man 
die Schneetiefe und die Schneedichte misst. Die Schneetiefe bestimmt 
man mit einer Sonde oder mit dem Georadar. Die mittlere Schneedichte 
ermittelt man durch Wiegen von Schnee eines definierten Volumens 
beispielsweise aus einem Schneeschicht. Miteinander multipliziert 
ergeben Schneetiefe und -dichte die Akkumulation in Kilogramm pro 
Quadratmeter. Um die Abschmelzung zu bestimmen, werden sogenannte 
Ablationspegel mehrere Meter in das Gletschereis gebohrt, die nach 
kurzer Zeit festfrieren. Beim nächsten Aufsuchen des Gletschers wird 
die Höhenänderung gemessen. Unter Annahme einer Eisdichte von 900 
Kilogramm pro Kubikmeter wird daraus die Massenänderung berechnet. 

Um die Massenbilanz eines gesamten Gebirgsgletschers zu bestimmen, 
werden die gemessenen oberflächlichen Akkumulationen und 
Ablationpunkte auf die gesamte Gletscherfläche interpoliert. Damit 
erhält man die flächenhafte Verteilung der Massenbilanz. 

Die Massenbilanz eines Gletschers ist zum einen weitgehend von der 
Menge des Winterschneefalls abhängig. Hohe Temperaturen im April, Mai 
oder Juni können die Winterschneedecke allerdings schnell zum 
Schmelzen bringen und die darunterliegenden dunkleren Eisflächen 
bereits im Juli der Sonne aussetzen. Im Juli und August ist die 
Sonneneinstrahlung hoch und das Schmelzen des ungeschützten Eises 
wird verstärkt. Ein weiterer Faktor ist, dass durch das Abschmelzen 
des weißen Schnees die meist durch Staub, Sand und Geröll deutlich 
schmutzigere und damit dunklere Eisoberfläche zum Vorschein kommt. Da 
eine dunkle Oberfläche deutlich mehr Sonnenstrahlung aufnimmt als ein 
heller Untergrund, wird das Abschmelzen des Eises zusätzlich noch 
beschleunigt. Die Kombination dieser Faktoren kann zu sehr negativen 
Massenbilanzen führen. Anderseits schützt eine Sommerschneedecke 
(bedingt durch sommerliche Kaltlufteinbrüche oder extreme 
Winterschneedecken) bis zur Gletscherzunge die Eisfläche vor dem 
Schmelzen und führt zu weniger negativen Massenbilanzen. 
Ein Blick zurück: Dass Gletscherhaushaltsjahr 2018/19 der 
österreichischen Alpengletscher wurde trotz der im 
niederschlagsreichen Winter aufgebauten Schneemengen erneut als sehr 
gletscherungünstig charakterisiert. 93,5 % der untersuchten Gletscher 
wiesen einen mittleren Rückzugsbetrag von -14,3 m auf, der durch die 
aufgebauten Schneereserven aus dem Winter gegenüber dem Vorjahr 
zumindest etwas eingebremst wurde. Für das laufende 
Gletscherhaushaltsjahr wird aufgrund der eher durchschnittlichen 
Winterbilanz und der bereits überdurchschnittlich warmen 
Frühjahrsmonate entscheidend sein, wie die Sommermonate verlaufen. 
Ein weiterer Rückzug des ewigen Eises in den Alpen wird auch in 
diesem Haushaltsjahr wohl sehr wahrscheinlich sein. 
Links: 

ZAMG Bilanz April 2020: https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/news/april-2020-sehr-warm-sehr-tr
ocken-und-sehr-sonnig 

Gletscherbericht 2018/2019 Alpenverein Österreich: https://www.alpenverein.at/portal/service/presse/2020/2020_04_01_glet
scherbericht-2019.php 

M. Sc. Sebastian Altnau 
Deutscher Wetterdienst 
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 07.05.2020 

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst 

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