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Thema des Tages
Physik zum Anfassen: Der Mpemba-Effekt
„Heißes Wasser gefriert schneller als kaltes? Nie im Leben!“ – Doch,
das tut es … zumindest manchmal.
Steht man vor einer Schüssel mit lauwarmem Wasser und einer mit
heißem Wasser und wird gefragt, welches Wasser schneller gefriert,
wenn man die beiden Schüsseln ins Eisfach stellt, würde man sich
wahrscheinlich zunächst einmal sehr verwundert über die vermeintlich
simple Frage zeigen. Hat man sich dann wieder gefangen, würden viele
wohl ziemlich selbstsicher sagen, dass natürlich das lauwarme Wasser
zuerst gefriert. Das Kuriose an der Sache: So natürlich ist das gar
nicht. Unter bestimmten Bedingungen gefriert das heiße Wasser nämlich
tatsächlich schneller als das kältere.
Verantwortlich für dieses Paradoxon ist der sogenannte
„Mpemba-Effekt“. Bereits Aristoteles hatte seinerzeit Bekanntschaft
mit diesem Phänomen gemacht. Auch den Philosophen und
Wissenschaftlern Bacon und Descartes „lief“ dieser Effekt über den
Weg, einen wirklichen Reim darauf konnten sie sich allerdings nicht
machen und so geriet diese wissenschaftliche Frage mehr oder weniger
wieder in Vergessenheit. Erst 1963 entdeckte Erasto B. Mpemba aus
Tansania (damals noch Schüler) beim Versuch, Speiseeis herzustellen,
diesen schließlich nach ihm benannten Effekt wieder.
Bis heute ist sich die Wissenschaft uneinig über die genaue Ursache
des Mpemba-Effekts, was sich in einer Vielzahl an Theorien über
diesen Sachverhalt widerspiegelt. Bei der wohl verbreitetsten Theorie
liegt der Fokus auf der Verdunstung. Diese ist bei heißem Wasser
stärker als bei kaltem, da dem heißen Wasser grob gesagt mehr Energie
für die Verdunstung zur Verfügung steht als dem kalten. Bei gleicher
Ausgangsmenge und Umgebungstemperatur (logischerweise unter 0 Grad)
ist also bei Erreichen des Gefrierpunkts die Menge des anfangs heißen
Wassers kleiner als die des nicht erhitzten Wassers. Da eine
geringere Wassermenge weniger Wärme speichern kann als eine größere
Wassermenge, gefriert diese geringere Menge auch schneller als die
vergleichsweise größere und ursprünglich kältere.
Eine weitere Theorie besagt, dass im Wasser gelöste Salze dafür
verantwortlich sind. Beginnt Wasser zu gefrieren, erhöht sich der
Salzgehalt der noch flüssigen Wassermenge, wodurch der Gefrierpunkt
des Wassers gesenkt wird (ähnlich wie beim Salzen der Straßen im
Winter). Bei heißem Wasser fallen die Salze dagegen aus, d.h. sie
setzen sich ab und verlieren dadurch ihren hinderlichen Einfluss auf
den Gefrierprozess.
Weitgehend einig ist sich die Wissenschaft hingegen, dass das
Eintreten des Mpemba-Effekts u.a. stark von der verwendeten Menge,
Oberfläche sowie der ursprünglichen Temperatur des Wassers und der
Umgebungstemperatur abhängt. Einen großartig sinnvollen, praktischen
Nutzen des Mpemba-Effekts sieht sie allerdings nicht – auch nicht bei
der Speiseeisproduktion. Naja, so lang das Eis schmeckt … 😉
Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.04.2020
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