Thema des Tages

Wann ist wieder "Schicht" mit der Grenzschichtproblematik? 

Das Wetter in Deutschland wird aktuell entscheidend von den Prozessen
in der Grenzschicht geprägt. Welche das sind wird heute im Thema des 
Tages erläutert. 

Grenzschichtproblematik. Das Wort fällt aktuell oft, wenn sich 
Meteorologen über das Wetter in Deutschland unterhalten. Gemeint ist 
damit, dass in der momentanen Wettersituation die entscheidenden 
Abläufe des Wetters in den untersten 1,5 km stattfinden. 

Dieser Bereich der Atmosphäre wird nämlich als Grenzschicht 
bezeichnet (https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?nn=1033
46&lv2=101996&lv3=102070). Dabei dominieren die Prozesse in der 
Grenzschicht genau dann das allgemeine Wettergeschehen, wenn die 
Wetterlage ruhig ist, das heißt u.a. geringe Luftdruckgegensätze 
herrschen und wenig Hebungsantrieb und in der Folge ein nur schwach 
ausgeprägter vertikaler Lufttransport zu beobachten ist. Letzteres 
wird häufig dadurch verursacht bzw. verstärkt, dass sich warme Luft 
in der Höhe über kalte Luft am Boden schiebt. Eine solche 
Konstellation wird als "Inversion" bezeichnet. 

Geringe Luftdruckgegensätze und wenig Hebungsantrieb, das klingt 
nicht wirklich spektakulär. Und in der Tat: Das "Große", 
Faszinierende und Dramatische fehlt dem Wetter aktuell. Aber die 
Tatsache, dass das Wetter nicht kritisch ist, heißt nicht, dass die 
Vorhersage nicht knifflig wäre. Denn die Tücke liegt im Detail. 

Der wesentliche Grund dafür ist die Luftfeuchtigkeit. Da der Eintrag 
von Feuchtigkeit in die Atmosphäre praktisch ausschließlich an oder 
in der Nähe der Erdoberfläche stattfindet, diese Feuchtigkeit aber 
durch den fehlenden Luftmassenaustausch nicht wegtransportiert werden
kann, reichert sie sich in der Grenzschicht an. In der Folge nimmt 
die Nebelneigung zu, insbesondere in den Übergangsjahreszeiten. 
Darauf deutet z. B. auch die alte Bezeichnung "Nebelung" für den 
November hin. 

Aber leider bedeutet "viel Feuchte" nicht automatisch Nebel. Hier 
gilt es, auch auf andere Faktoren zu achten - wie z.B. den Wind. Denn
wenn dieser - trotz der insgesamt geringen Luftdruckgegensätze - zu 
stark ist, sorgt die in der Folge auftretende Turbulenz für ein 
Auflösen des Nebels (oder der Wind verhindert dessen Bildung). Auch 
die Bewölkung ist ein entscheidender Faktor, denn bei klarem oder 
gering bewölktem Himmel kühlt die Grundschicht nachts stärker aus. In
der Folge steigt die relativ Feuchte der Luft, was wiederum die 
Nebelwahrscheinlichkeit erhöht. Als Letztes in dieser kleinen Liste 
sei noch möglicher Niederschlag erwähnt. Der kritische Leser könnte 
anmerken, dass geringer Hebungsantrieb nicht wirklich für Regen oder 
gar Schnee spricht. Stimmt! Aber es kommt nicht selten vor, dass 
Nebel- oder Hochnebelfelder durch geringe Hebungsimpulse etwas 
angehoben werden, was schon ausreichen kann, um Nieselregen zu 
produzieren - der dann die feinen Nebeltröpfchen aus der Grundschicht
auswaschen kann. 

Dazu kommt, dass bei der aktuellen Wetterlage die Temperaturen nachts
durchaus schon mal in den leichten Frostbereich sinken. Das bedeutet,
dass sich potentieller Nebel in Form von Reif ablagern kann, und in 
der Folge besteht Glättegefahr.

Und wann ist wieder "Schicht" mit der Grenzschichtproblematik? In der
kommenden Woche deutet sich Schritt für Schritt eine Umstellung der 
Wetterlage an. Dabei wird am Montag die aktuell noch verbreitet 
vorhandene Inversion von Westen her abgebaut. Doch wer auf schönes 
Wetter hofft wird wohl enttäuscht. Aktuell sagen die Modelle einen 
eher regnerischen Dienstag voraus. 

Dipl.-Met. Martin Jonas 
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 22.11.2019

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