Thema des Tages

Noch einmal ein Sprung ins (kühle) Nass?

Sommerzeit ist in unseren Breiten auch Badezeit - zumindest bei 
Sonnenschein und entsprechend hohen Temperaturen. Beide Parameter 
sind heute und in den kommenden Tagen nochmals gegeben, daher steht 
einem Sprung in einen heimischen Badesee eigentlich nichts im Wege.

Der Mensch besteht nicht nur zu einem Großteil aus dem Lebenselixier 
Wasser, es übt auf viele von uns auch eine fast unwiderstehliche 
Anziehungskraft aus. In der Forschung gibt es dazu umfangreiche 
Abhandlungen, die von psychologischen bis hin zu 
evolutionsbiologischen Hintergründen reichen. Diese Theorien würden 
aber natürlich den Umfang des Artikels sprengen, daher beschränkt 
sich das heutige "Thema des Tages" auf die Eigenschaft des Wassers 
als Grundlage für verschiedenste Freizeitaktivitäten.

Zu einem perfekten Nachmittag in oder an einem Badesee gehört 
natürlich die "richtige" Wassertemperatur. Doch diese ist gar nicht 
so einfach zu definieren: die Einen bevorzugen das erfrischende 
Erlebnis in einem kühlen Bergsee, die Andern werden dagegen nur froh,
wenn beinahe Badewannentemperaturen erreicht werden. Zum Glück gibt 
es aber eine große Auswahl an unterschiedlichen Seen, es sollte also 
für jeden etwas zu finden sein.

Die Gewässertemperaturen sind in unseren Breiten vor allem deutlichen
jahreszeitlichen Schwankungen ausgesetzt. Diese sind zum einen 
abhängig von der Geographie und dem Einzugsgebiet, zum anderen von 
der Meteorologie und der Klimatologie. In den Küstengebieten kommen 
dazu auch noch die Meeresströmungen hinzu. Generell erreichen die 
meisten heimischen Seen Mitte bis Ende August, und damit etwas später
als die Luft, ihr jahreszeitliches Temperaturmaximum. Eine Ursache 
dafür ist die relativ hohe spezifische Wärmekapazität des Wassers. 
Definiert ist diese als die Fähigkeit eines Stoffes thermische 
Energie zu speichern. Für flüssiges Wasser beträgt diese bei 20 Grad 
Celsius ca. 4,2 kJ/(kg*K). Das bedeutet, dass zur Erwärmung von 1 kg 
Wasser um ein Kelvin 4,2 Kilojoule aufzuwenden sind. Zum Vergleich: 
bei trockener Luft mit 20 Grad Celsius wären nur rund 1 kJ/(kg*K) und
damit ein Viertel der Energie erforderlich. Folgerichtig braucht es 
einfach länger, um das Wasser eines Sees zu erwärmen, bei der Luft 
geht das deutlich schneller. Eine weitere Konsequenz daraus ist, dass
Wasser die gespeicherte Energie auch deutlich langsamer abgibt als 
Luft. Daher sind in vielen Seen die Wassertemperaturen bis in den 
September hinein badetauglich.

Allerdings würde eine immense Energiemenge notwendig sein, um zum 
Beispiel die Temperatur des gesamten Bodensees um 10 Kelvin zu 
erhöhen - immerhin besteht dieser aus 48 Billionen Litern Wasser. 
Damit wären mehr als 2 Trillionen Joule notwendig, um eine solche 
Erwärmung zu erreichen. In einem klassischen mitteleuropäischen 
Sommer ist dies natürlich nicht mal annähernd zu schaffen. 

Daher können sich die "Wasserratten" unter uns glücklich schätzen, 
dass Wasser noch eine weitere Besonderheit aufweist: die sogenannte 
Dichteanomalie. Wasser erreicht nämlich die höchste Dichte bei etwa 4
Grad Celsius. Bei höheren oder tieferen Temperaturen nimmt die Dichte
dementsprechend ab. Die Konsequenz daraus ist nun, dass sich im 
Sommer das wärmste Wasser des Sees immer im obersten Teils des Sees 
befindet (weil es am leichtesten ist). Die meisten Schwimmer werden 
diesen Effekt auch schon bemerkt haben, wenn sie mit den Zehen etwas 
tiefere Wasserschichten erreicht haben. Im Frühsommer spielt außerdem
auch noch der Wind eine entscheidende Rolle. Solange dieser zu einer 
Durchmischung der obersten Wasserschichten führt, geht die Erwärmung 
des Wassers nur sehr langsam vor sich.

Im Herbst beginnt sich das Temperaturprofil eines Sees langsam wieder
umzudrehen. Die oberflächennahen Wasserschichten kühlen aus, werden 
damit dichter und sinken ab. Damit kommt es zur einer Umwälzung des 
Wassers und damit auch der Nährstoffe, die für den Artenreichtum 
eines Sees natürlich sehr wichtig sind. Im Winter zeigt schließlich 
die Dichteanomalie des Wassers den zweiten entscheidenden Vorteil: 
das leichtere oberflächennahe Wasser gefriert unter Umständen, 
während es sich die Fische am Seegrund bei etwa 4 Grad Celsius 
"gemütlich" machen können.

Damit soll der kurze Winterexkurs aber schon wieder enden, denn 
aktuell stehen sommerliche Tage mit Badewetter ins Haus. Das 
Temperaturniveau von Ende Juli ist zwar nicht mehr erreichbar, 
allerdings lohnt es sich vielleicht trotzdem nochmal den einen oder 
anderen Badesee aufzusuchen. Achten Sie aber bitte regional auf 
mögliche starke Schauer und Gewitter, ganz besonders, wenn sie sich 
auf einem der heimischen Seen tummeln.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale 
Offenbach, den 24.08.2019

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