Thema des Tages

Auch Aktien sind wetterfühlig – Teil 1

Sind Aktien etwa wetterfühlig? Kann das Wetter tatsächlich die Kurse an der Börse beeinflussen? Tatsächlich fanden Forscher heraus, dass sich sonniges Wetter nicht nur positiv auf die Laune des Menschen, sondern auch auf die Börsenwelt auswirkt.

Auf den großen Börsenparketten in den Finanzzentren der Welt geht es zurzeit drunter und drüber. Teilweise herrscht große Verunsicherung, unter anderem aufgrund der gesamtwirtschaftlichen „Abkühlung“ sowie politischer Konflikte, andererseits zieht die vorherrschende Niedrigzinspolitik Groß- als auch Kleininvestoren magisch an und die Preise für Aktien steigen. Aber nicht nur Wirtschaft und Politik beeinflussen die Aktienkurse, auch das Wetter spielt dabei eine Rolle.

In der Tat haben sich Forscher bereits mit der Frage beschäftigt, ob bei „schönem“ Wetter Aktienkurse steigen und diese umgekehrt bei „schlechtem“ Wetter fallen. Und das Ergebnis: Tatsächlich sollten nicht nur die Fans von Outdoor-Sport und Freiluftaktivitäten das Wetter im Blick behalten. Auch für Anleger kann es durchaus von Interesse sein, ob die Wettervorhersage tendenziell eher sonnig oder wolkenreich und regnerisch ausfällt. Denn Aktienhändler sind nun mal keine gefühllosen Wesen. Und da das Wetter einen signifikanten Einfluss auf die Stimmung der Menschen besitzt, schlägt sich die Laune auch in ihrer Risikoneigung und den Aktiennotierungen nieder.

Bereits die Investment-Legende André Kostolany wusste um die Massenpsychologie der Börse, denn diese wird hauptsächlich von den Massen bestimmt. So verwundert es kaum, dass in etlichen Studien nachgewiesen werden konnte, dass Faktoren, die die Stimmung aufhellen oder trüben, wie Feiertage, Fußballergebnisse oder Wetterparameter wie Temperatur, Niederschlag und Sonnenschein auch Auswirkungen auf die Einschätzung der Märkte und somit auf die Kurse haben können.

Amerikanische Forscher schauten sich im Rahmen einer Studie die größte Wertpapierbörse der Welt, die New York Stock Exchange (NYSE) an und glichen die Wertentwicklung des Dow-Jones-Indexes mit der Bewölkung in New York City ab. Dabei fanden sie heraus, dass zwischen den beiden Größen ein signifikanter Zusammenhang besteht: Je bewölkter der Himmel über der Stadt, desto enttäuschender fiel der Wertzuwachs aus.

So schön diese Theorie auch sein mag, nicht alle Anleger sitzen bei schlechtem Wetter in New York, sondern könnten genauso gut in der Sonne Floridas am Strand liegen und von dort aus „traden“ (engl.: mit Aktien handeln). Deshalb konzentrieren sich einige Studien besonders auf die sogenannten „Market Maker“ (dt.: „Marktpfleger“ oder „Marktmacher“). Das sind Makler, die besonders beim Telefonhandel und bei wenig gehandelten Wertpapieren kontinuierlich die entsprechenden An- und Verkaufskurse (also die Brief- und Geldkurse) festlegen, um so deren Handelbarkeit sicherzustellen. So bieten sie beispielsweise einem Kunden an, eine gewisse Anzahl an Aktien für 100 Euro zu kaufen (Geldkurs) und ihm diese dann für 100,30 Euro weiter zu verkaufen (Briefkurs), teilweise stammt eine gewisse Anzahl an Wertpapieren auch aus ihrem eigenen Besitz. So sorgen sie bei volatilen Märkten für Stabilität und gestalten die weitere Entwicklung des Marktes mit. Aufgrund des Risikos, dass die Market Maker dabei tragen, steht ihnen die Differenz zwischen An- und Verkaufskurs dann als eigener Gewinn zu. Das Ergebnis der Studie bleibt jedoch gleich: Je mieser das Wetter in New York, desto weniger risikofreudig sind die Market Maker. Sie fassen dann die Spanne zwischen Geld- und Briefkurs (auch „Spread“ genannt) breiter, was wiederum Verluste für Anleger wahrscheinlicher werden lässt.

Auch am deutschen Kapitalmarkt lässt sich dieses Phänomen beobachten. Der Darmstädter TU-Professor Dirk Schiereck stellte mit seinem Team nachweislich fest, dass sich die Bewölkung über Frankfurt auf die Spanne zwischen An- und Verkaufskursen, die von Börsenmaklern auf dem Frankfurter „Parkett“ festgelegt werden, auswirkt. Ein Einfluss auf die Kursentwicklung konnte dabei jedoch (anders als in den USA) nicht festgestellt werden, weil gleichzeitig die Handelsaktivität durch die übrigen Marktteilnehmer an Tagen mit „schlechtem“ Wetter zunahm. Scheinbar vertreiben sich die Anleger in Deutschland bei Regen gerne die Zeit mit Börsenspekulationen.

Dass die Märkte bei sonnigem Wetter hingegen deutlich zulegen, war unter anderem das Ergebnis einer groß angelegten Studie des Forscherduos David Hirshleifer und Tylor Shumway. Diese verglichen das Wetter mit dem „Auf und Ab“ an 26 verschiedenen internationalen Märkten und zeigten, dass Aktienkurse bei Sonnenschein besonders häufig steigen. Sonnenschein wirkt sich folglich nicht nur positiv auf das Wachstum der Natur aus, sondern tut auch Börsianern und den Kursen gut. Herrscht hingegen „schlechtes“ Wetter, sinkt die Laune der Anleger und damit auch ihre Aktienrendite.

Es existieren jedoch auch Studien, die keinen Zusammenhang zwischen den Aktienmärkten und dem Wetter herstellen konnten. So ist es kaum verwunderlich, dass dieses Thema noch immer in Forscherkreisen heiß diskutiert wird. Die Suche nach Zusammenhängen geht also weiter, um am Ende womöglich sogar eine Anlagestrategie zu finden, die die Wettervorhersage beim Wertpapierkauf berücksichtigt.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.07.2019

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