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Thema des Tages
Baroklines Blatt
Der Atlantik wird gerne als unsere Wetterküche bezeichnet. Dies deswegen, weil der Nordatlantik wie auch Mitteleuropa in der planetaren Westwinddrift der Nordhalbkugel liegen und somit Druckgebilde vom Atlantik meist auch in irgendeiner Form nach Europa gesteuert werden. Würde der Atlantik die Druckgebilde aber nur „liefern“ oder „transportieren“, so wäre der Begriff des
„Wettercaterers“ sicherlich passender.
Tatsächlich ist der Nordatlantik aber durchaus auch Wetterküche, und dies vornehmlich, weil dort kalte polare Luftmassen auf warme subtropische Luftmassen treffen. In der Folge zeigen sich über dem Nordatlantik oftmals auf engem Raum große Temperaturgegensätze zwischen der nördlich liegenden kalten Polarluft und der südlich lagernden warmen Subtropiktuft. Wenn die Atmosphäre solch hohe Temperaturgegensätze aufweist, so bezeichnet man sie als „baroklin“. Das ist zumindest eine recht einfach zu merkende Näherung. Genau genommen ist die „Baroklinität“ der Atmosphäre so definiert, dass die Flächen gleicher Temperatur und die Flächen gleichen Drucks sich schneiden, also nicht parallel zueinander liegen (vgl. Link zum DWD-Lexikon). Dies ist aber bei starken horizontalen
Temperaturgegensätzen meist (mehr oder weniger deutlich ausgeprägt) der Fall – und führt, ohne hier ins Detail gehen zu wollen, zu instabilen atmosphärischen Verhältnissen.
Sehr deutlich ausgeprägt zeigt sich das Phänomen der Baroklinität oftmals über dem Nordatlantik, wo der Bereich der stärksten Temperaturgegensätze als Polarfront bezeichnet wird. Dabei handelt es sich aber mitnichten um eine starre Luftmassengrenze. Im Gegenteil. Die Polarfront mäandriert und schlängelt sich um die Erdkugel, sie bildet Beulen und Wellen, und gerade an solchen Wellen bzw. Beulen, die nach Süden weisen, entwickeln sich mit Vorliebe neue
Tiefdruckgebiete.
Dabei gilt allgemein, dass Tiefdruckgebiete mit Hebung und in den meisten Fällen auch mit Wolkenbildung verbunden sind. Und bei „neuen“ Tiefdruckgebieten? Da starten die Hebung und die Wolkenbildung sozusagen „im wolkenfreien Raum“. Und im „Kinderstadium“ zeigen diese Wolken oftmals ein recht typisches Muster, das dem eines Blattes ähnelt. Aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte, die ja an eine barokline Zone gekoppelt ist, wird dieses Wolkenmuster als Baroklines Blatt bezeichnet.
Damit ist die Theorie geschafft. Und wir blicken zurück auf Sturmtief STEFAN, das in der zweiten Hälfte der vergangenen Woche über dem Atlantik entstanden und nach Irland gezogen ist. Sturmtief STEFAN zeigte die typischen Wolkenformen eines Baroklinen Blattes, wie in der beigefügten Grafik zu erkennen ist. Die Kaltfront bildet übrigens den nach Südwesten gerichteten Stängel des Blatts, die Warmfront befindet sich unter dem breiten „Kopf“ des Blattes, und zwar recht nahe an dessen südlicher Kante.
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.02.2019
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