Thema des Tages

„Normalität“ ist eingekehrt: Rückblick und Ausblick

Eine außergewöhnliche Witterungsperiode liegt hinter uns. Nachdem sich im März der Winter mit Schnee und Dauerfrost verabschiedete, schien anschließend der Frühling in diesem Jahr regelrecht auszufallen und der Winter direkt in den Sommer überzugehen. Dem bisher wärmsten April seit Beginn offizieller Temperaturmessungen folgte ebenso der bisher wärmste Mai, sodass der diesjährige meteorologische Frühling trotz des Kaltstarts im März als
zweitwärmster seiner Zunft in die Geschichte einging (siehe Frühlingsbilanz im angefügten Link). Diese bemerkenswerte
Witterungsperiode ging sogar bis zum Ende des ersten Junidrittels in die Verlängerung, das ebenso deutlich wärmer als im langjährigen Mittel ausfiel. Neben den teils hochsommerlichen Temperaturen sorgten in den vergangenen Wochen fast täglich heftige Gewitter mit sintflutartigen Regenfällen für Schlagzeilen, die in zahlreichen Orten in Deutschland verheerende Überschwemmungen, Sturzfluten und immense Schäden verursachten. Als Kontrastprogramm herrscht(e) in Teilen Nord- und Ostdeutschlands große Trockenheit, die für Natur und Landwirtschaft zunehmend zum Problem wurde.

Ursache hierfür war eine in den vergangenen Wochen und Monaten vorherrschende sehr stabile Großwetterlage. Über dem Nordatlantik war die normalerweise rege Tiefdruckaktivität auffällig schwach. Anstelle dessen dominierten vom mittleren Nordatlantik über das Europäische Nordmeer bis nach Skandinavien und Osteuropa Hochdruckgebiete, die sich immer wieder regenerieren konnten (siehe obige Abbildung vom 27 Mai, 02 MESZ). Die atlantischen Tiefs, ohnehin schon recht schwach auf der Brust, hatten somit keine Chance gegen das Hochdruck-Bollwerk anzukommen (sogenannte Blocking-Lage). Daher konnten kaum Tiefs kühle und feuchte Meeresluft nach Deutschland transportieren. Vorderseitig eines Höhentiefs über der iberischen Halbinsel sickerte dagegen immer wärmere und feuchtere Luft zu uns ein. Über Mitteleuropa selbst verhinderten zudem geringe Luftdruckgegensätze einen
Luftmassenaustausch, sodass wir uns wochenlang in dieser schwülwarmen Luftmasse befanden, in der sich über den Mittelgebirgen und im Bereich schwacher bodennaher Tiefdruckzonen schwere Gewitter entluden.

Diese Großwetterlage hat sich Anfang/Mitte dieser Woche grundlegend umgestellt. Die Blocking-Lage wurde nach langer Zeit einmal wieder von einer eher westlichen Strömung abgelöst. Salopp gesprochen ist wieder „Normalität“ eingekehrt (siehe untere Abbildung von heute, 02 MESZ). Dem Azorenhoch steht ein großräumiger Tiefdruckkomplex über dem nördlichen Nordatlantik und dem Europäischen Nordmeer gegenüber. Darin eingebettet ist das für die Jahreszeit recht kräftige Sturmtief ZOEY, das gestern Teilen Großbritanniens einen heftigen Sommersturm brachte und heute mit schweren Sturmböen die norwegische Küste heimsucht. Je nachdem, ob nun in Deutschland der Einfluss des Azorenhochs oder der des sogenannten Islandtiefs dominiert, ist entweder mit sonnigem und mäßig warmem Wetter oder mit eher kühlem und wechselhaftem Wetter zu rechnen.

Das Tal mit vergleichsweise kühlen Temperaturen zur Wochenmitte ist bereits wieder überschritten, wobei sich die Temperaturen nur wegen der vorherigen andauernden Wärme- bzw. Hitzeperiode so kühl anfühlten. Aktuell nimmt das Azorenhoch Kontakt mit einem Hoch über Russland auf, sodass sich Deutschland im Bereich einer
Hochdruckbrücke befindet. Ausgehend von Tief ZOEY macht sich noch eine schwache Okklusionsfront etwa vom Saarland über die Mitte bis nach Vorpommern mit einem schmalen Wolkenband bemerkbar. Dieses löst sich unter Hochdruckeinfluss aber langsam auf. Ansonsten können wir uns heute über recht freundliches Wetter mit einem Mix aus Sonne und Wolken bei angenehmen Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad freuen. Damit liegen die Temperaturen im für die Jahreszeit
durchschnittlichen Bereich.

Am morgigen Samstag überwiegt weiterhin der Hochdruckeinfluss. Neben einigen Quellwolken lässt sich bei noch etwas ansteigenden
Höchsttemperaturen (22 bis 28°C) vor allem im Süden die Sonne blicken. Im Norden sind jedoch ab dem späten Nachmittag erste Schauer möglich. In der Nacht zum Sonntag und am Sonntag selbst unterbricht ein kleines Höhentief über der Nordsee das Hochdruckwetter und es kommt zunächst im Norden, am Nachmittag auch im Osten und Süden zu einzelnen Schauern und kurzen Gewittern. Vor allem dort muss man beim „Public Viewing“ den Himmel im Auge behalten. In der kommenden Woche setzt sich die „Normalität“ fort, wobei ab Wochenmitte noch offen ist, wohin beim Wetter die Reise geht.

Dipl.-Met. Dr. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.06.2018

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