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Thema des Tages
Die Spuren eines Tornados
Wir schreiben den 9. September 2016 in Illinois, USA. Es war wieder einer der Tage, an dem die Meteorologen vor Ort mit Sorgenfalten zum Himmel schauten. Ein kräftiger Trog (siehe unten beigefügter Link) lag über den Rocky Mountains und bewegte sich langsam nach Osten in Richtung Illinois. Sorgenfalten deshalb, weil im Süden der USA eine sehr warme und feuchte Luftmasse vorhanden war, die vorderseitig dieses Troges nach Nordosten u.a. in Richtung Illinois geführt werden sollte. Ein klassisches Setup für organisierte und potentiell schadensträchtige Gewitter. Die feuchte und warme Luftmasse stellte sozusagen den Zündstoff (die Labilität) dar und u.a. sorgte der nahende Trog für die notwendige Hebung. Dadurch sollte die
energiegeladene Luft aufsteigen, sich dabei abkühlen und
hochreichende Gewitterwolken bilden.
Mit Annäherung des Troges sollten zudem die Winde mit der Höhe zunehmen und auch mit der Höhe aus unterschiedlichen Richtungen wehen. Diese sogenannte „Windscherung“ ist dafür verantwortlich, dass Gewitter längere Zeit überleben und gar rotieren können. In diesem Stadium werden sie „Superzellen“ genannt (siehe unten beigefügter Link). Sie gehen mit den heftigsten Begleiterscheinungen wie großem Hagel und teils auch Tornados einher. Genau diese Art von Gewittern wurde am 9. September 2016 in Illinois erwartet.
Die Luft erwärmte sich an diesem Tag rasch auf Temperaturwerte um 30 Grad und in Verbindung mit der sehr feuchten Luftmasse (Taupunkte um 23 Grad) konnte man in der drückend-schwülen Umgebung bereits erahnen, dass sich die Atmosphäre im Verlauf des Nachmittags und Abend in Gewittern entladen würde. Und so geschah es auch.
Die heftigen Gewitter entwickelten sich über der Mitte und dem Süden von Illinois im Nachmittagsverlauf und brachten neben Platzregen und lokalem Hagelschlag vor allem auch mehrere Tornados. Diese wurden von zahlreichen Augenzeugen auf Handys festgehalten und zeigten zum wiederholten Male in diesem Jahr durch Tornados zerstörte
Landstriche.
Einer dieser Tornados ereignete sich in der Nähe des Städtchens Homer, das mehrere Autostunden westlich von Indianapolis zu finden ist. Dort zog der Tornado gegen 18:30 Uhr Ortszeit für 19 Minuten durch die Landschaft und wurde als kräftiger Tornado der zweiten von fünf Intensitätsstufen klassifiziert (der sog. „Fujita-Skala“). Die Schneise der Zerstörung wies eine Länge von rund 10 km und eine Breite von weniger als 70 m auf. Das Gute zuerst: Es gab weder Verletzte noch Todesopfer zu beklagen.
Das eigentlich Beeindruckende an diesem Ereignis aber war, dass rund einen Monat später neue Satellitenaufnahmen unter anderem von dieser Region gemacht wurden, die auf „Google Maps“ einzusehen sind. Sie zeigen sehr eindrücklich die durch den Tornado entstandene
Schadensspur und geben somit eine seltene Möglichkeit, solch eine Spur aus dem All zu betrachten. Im Anhang sind einige der Aufnahmen zu sehen.
Besonders beeindruckend ist, wie konzentriert die stärksten Winde um solch einen Wirbel auftreten, aber auch wie weiträumig wiederum das potentielle Gefahrenfeld durch herumfliegende Trümmerteile sein kann (gestrichelter Bereich im Bild 2). Es ist auch anhand dieser Aufnahmen sehr schön zu erkennen, dass ein Tornado nicht geradlinig durch die Landschaft „pflügen“ muss, sondern vielmehr mal den einen oder anderen Haken schlagen kann. Wie groß muss da das Pech sein, wenn das eigene Hab und Gut in dieser schmalen Schneise der Zerstörung liegt!
Satelliten werden aber auch bereits seit einigen Jahren aktiv eingebunden, wenn es darum geht, nach ähnlichen Gewitterereignissen das Ausmaß der Tornadoschneise(n) schnell und zügig überblicken zu können. Dafür werden nicht nur hoch aufgelöste Satellitendaten verwendet, sondern z.B. auch solche, die abrupte Änderungen in der Vegetation von einem zum anderen Tag erkennen können und die dabei auch unabhängig vom Bewölkungszustand arbeiten. Dies ist nur ein kleiner Teil der Möglichkeiten, denn das Feld der Satellitenanalyse ist ein sehr umfangreiches. Auf jeden Fall aber stellt diese Art der Detektion von Tornadospuren z.B. in abgelegenen Regionen, oder in sehr ländlichen und stark bewaldeten Gebieten einen großen Vorteil dar, wenn man die Hilfskräfte zielgenau in die Schadensregion schicken möchte. Dies wird nicht nur in den USA, sondern auch in anderen Bereichen der Welt, wie z.B. Russland, bereits aktiv durchgeführt.
Man sieht also, dass einen solche Satellitendaten nicht nur erschaudern lassen, wenn sie die Tornadoschneise aus der
Vogelperspektive zeigen, sondern dass man diese Information auch sinnvoll für die aktive Hilfe nach einem solchen Ereignis verwenden kann.
Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.06.2018
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