SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 25.07.2022 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
GEWITTER/SCHWERE STURMBÖEN:
Heute von den mittleren Landesteilen ostwärts ausgreifend einzelne, teils
kräftige Gewitter. Gefahr durch (schwere) Sturmböen bis 100 km/h (9-10 Bft).
Lokal orkanartige Böen um 110 km/h (11 Bft) nicht ausgeschlossen (UNWETTER!).
Daneben Starkregen um 20 l/qm in kurzer Zeit und Hagel um 2 cm. Im Laufe der
kommenden Nacht bei abnehmender Unwettergefahr allmählich ostwärts abziehend.
Ab dem späten Abend im Süden einzelne kräftige Gewitter und zunehmend aus den
Alpen heraus auf den Voralpenraum übergreifende gewittriger Starkregen. Bis
Dienstagfrüh andauernd. Dabei Niederschlagsmengen zwischen 20 und 35 l/qm in 6
h. Unwetterartige Niederschlagsmengen von 35 bis 60 l/qm vor allem am
unmittelbaren Alpenrand nicht ausgeschlossen. Danach im südöstlichen Bayern noch
einzelne Gewitter und/oder Starkregen möglich, Tendenz im Tagesverlauf
nachlassend.

WIND/STURM:
Von West nach Ost fortschreitend Winddrehung von Süd/Südost auf West bis
Nordwest. Auch ohne Schauer/Gewitter vorübergehend Windzunahme und einzelne
stürmische Böen um 70 km/h (8 Bft) nicht ausgeschlossen. Wind ab dem Abend
wieder abflauend.
Am Dienstag vor allem an der See und im küstennahen Binnenland, teils aber auch
bis in die Norddeutsche Tiefebene ausgreifend auffrischender West- bis
Nordwestwind mit Böen bis 60 km/h (7 Bft), exponiert bis 70 km/h (8 Bft).

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland unter der Vorderseite eines von den Britischen
Inseln auf die Nordsee übergreifenden Troges und somit unter einer südwestlichen
und leicht mäandrierenden Strömung. Diesem Trog ist eine flache Tiefdruckrinne
mit eingebetteter Konvergenz vorgelagert, die ohne nennenswerte
Wetterwirksamkeit Deutschland weitgehend überquert hat. Die Passage der
Tiefdruckrinne ging lediglich mit einer Winddrehung von südlichen Richtungen auf
West bis Nordwest und einem Auffrischen des Windes bis hin zu einzelnen Windböen
Bft 7 einher. Zudem wurde die heiße Luft, die Temperaturen bis über 35 Grad
aufwies, nach Osten abgedrängt. Aufgrund der Trockenheit der Luftmasse blieben
konvektive Umlagerungen im Bereich dieser Rinne aus. Da konnte selbst ein CAPE
(MU, KK) mit 500 bis 1000 J/kg nicht viel ausrichten.
Die nachfolgende Luftmasse weist zwar oberhalb der Grundschicht eine höhere
Feuchte (mit einem Gehalt an niederschlagbarem Wasser zwischen 30 und 35, im
Norden bis 40 mm) auf, ist aber nicht mehr so labil geschichtet wie die
Luftmasse im Bereich der Tiefdruckrinne. Dennoch reicht die trogvorderseitige
Hebung, einzelne konvektive Umlagerungen auszulösen. Da nach wie vor die
Grundschicht sehr trocken ist, besteht die Gefahr (schwerer) Sturmböen; auch
orkanartige Böen können nicht ganz ausgeschlossen werden. Derartige Ereignisse
wären dann mit Unwetter zu bewarnen. Starkregen tritt aufgrund der raschen
Verlagerung der Konvektionszellen in den Hintergrund; auch größerer Hagel sollte
nicht auftreten; hierzu ist CAPE zu sehr limitiert. Allerdings stößt
Kaltluftadvektion bis weit die Trogvorderseite hinein, so dass es sich bei
diesen Konvektiven Umlagerungen nur um Einzelereignisse handeln dürfte.
Allerdings ist da noch nicht das Ende vom Lied. Mit Annäherung des Troges bzw.
dessen erster Achse kommt der Alpenrand ins Spiel. Ab dem Abend entwickeln sich
inneralpin und danach auch aus den Alpen heraus und ins alpennahe Vorland
übergreifend einzelne und teils heftige Gewitter, die bei einer bis Mitternacht
zunehmenden Scherung auch organisierteren Charakter aufweisen können. In
Verbindung mit Gewittern können größerer Hagel, schwere Sturmböen und auch
heftiger Starkregen auftreten; Unwetter sind somit am unmittelbaren Alpenrand
wahrscheinlicher als in den anderen Gebieten. Nachfolgend, d.h. spätestens in
der zweiten Nachthälfte, dürften diese Gewitter in ungewittrigen Starkregen
übergehen, wobei bis Dienstagfrüh am Alpenrand durchaus auch unwetterartige
Niederschlagssummen zusammenkommen können. Vom Allgäu her entspannt sich die
Lage, am östlichen Alpenrand ist dies erst Dienstagfrüh der Fall.
Die eigentliche Kaltfront, die dem Trog vorgelagert ist, überquert rasch den
Osten und auch den Mittelgebirgsraum und bringt, falls überhaupt, nur ein paar
Tropfen Regen zustande. Südlich davon gelangt diese Front zusehends ins
Schleifen.

Dienstag … gelangt Deutschland in den Bereich des hereinschwenkenden Troges,
der durch einen nachlaufenden kurzwelligen Anteil regeneriert wird. Dieser Trog
wird nach wie vor durch kräftige Kaltluftadvektion überlaufen, was die
Wetterwirksamkeit dieses Troges dämpft. Demzufolge bringt dieser Trog im Norden
und in der Mitte nur ein paar Schauer zustande. Eine Absinkinversion, die aus
der Kaltluftadvektion resultiert und zwischen 600 und 700 hPa zu finden ist,
unterbindet gewitterträchtige Konvektion. Mit der Passage einer zweiten
Kaltfront, die dem nachlaufenden Trog vorgelagert ist, dreht der Wind von West
steil auf Nordwest und frischt bis weit ins Binnenland hinein mit Böen bis Bft 7
auf. An der Küste und im küstennahen Binnenland sind durchweg Böen bis Bft 7, in
exponierten (Küsten)lagen durchaus auch stürmische Böen zu erwarten.
Die erste Kaltfront dürfte bis Mittag die Alpen weitgehend überquert haben. Bis
Mittag kommen vor allem am östlichen Alpenrand noch kräftigere Regenfälle
zustande, wobei die Gefahr von Starkregen bereits am Vormittag rasch geringer
wird. Größere Auflockerungen zeichnen sich vor allem im Lee der Mittelgebirge
ab, im Südwesten stellen sich längere sonnige Abschnitte ein.
Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 24 und 29 Grad wird es nicht mehr so heiß
wie an den Vortagen. Im Nordwesten und Norden bewegen sich die Temperaturen
zwischen 20 und 23, in Nordseenähe um 18 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der Trog nur wenig ostwärts. Ausgehend
von einem Bodenhoch über den Britischen Inseln weitet sich ein Keil nach
Deutschland aus. Absinken in dessen Bereich lässt den Himmel verbreitet
aufklaren.
Bedingt durch die Nähe zur Frontalzone bleibt es an der Küste windig mit Böen
bis Bft 7, in exponierten Küstenlagen können nach wie vor stürmische Böen
auftreten. Zudem muss an der See auch mit einzelnen schwachen Schauern gerechnet
werden.
Im Nordwesten, Norden und in Teilen der Mitte besteht dabei die Chance auf
Tiefsttemperaturen um 10 Grad.

Mittwoch … verlagert sich der o.g. Trog allmählich nach Polen. Es folgt unter
Verkürzung der Wellenlänge ein Keil, der auf Frankreich und die Nordsee
übergreift. Vom nahen Ostatlantik nähert sich ein weiterer Trog, dessen Achse
bis zum Abend Irland und die äußere Biskaya erreicht. Dabei dominiert nach wie
vor über Mitteleuropa schwache Kaltluftadvektion. Dies hält den von dem
Bodenhoch über der westlichen Nordsee ausgehenden und bis nach Deutschland
reichenden Keil am Leben.
Bedingt durch den sich ostwärts verlagernden Trog kommen zunächst vor allem in
Ostseenähe, mit geringerer Wahrscheinlichkeit auch über dem östlichen
Mittelgebirgsraum, noch ein paar Schauer zustande. Für Gewitter ist die
Schichtung zu stabil. Zur tagesgangsbedingt aktivsten Zeit liegt der Trog
bereits über Polen, so dass die Konvektion in sich zusammenfällt. Aber immerhin
bleibt es an der Küste windig, so dass bis weit in den Nachmittag hinein Böen
bis Bft 7 auftreten. Für stürmische Böen sollte es kaum noch reichen.
Inneralpin können sich jedoch im Tagesverlauf zum Teil kräftige Gewitter
entwickeln, die mit Starkregen und Hagel einhergehen; ein Ausgreifen dieser
Gewitter ins Alpenvorland ist unwahrscheinlich. Auch unmittelbar am Alpenrand
ist die Luftmasse durch großräumiges Absinken bereits zu sehr abgetrocknet.
Im Nordwesten und im Norden dominiert rasch wechselnde Bewölkung, ansonsten sind
bereits wieder längere sonnige Abschnitte zu erwarten. Während es südlich der
Mittelgebirge mit 25 bis 29 Grad noch relativ warm bleibt, sind ansonsten
Tageshöchsttemperaturen zwischen 18 Grad unmittelbar an der See und 20 bis 24
Grad weiter im Binnenland zu erwarten.

In der Nacht zum Donnerstag erreicht von der Nordsee kommend der Keil das
Vorhersagegebiet. Der Schwerpunkt des korrespondierenden Bodenhochs ist dann
über dem Norden Deutschlands zu finden. Landesweit stellen sich geringe
Luftdruckgegensätze ein. Für Nebel ist die Luftmasse (und auch die
Vorgeschichte) jedoch viel zu trocken. Mit Tiefsttemperaturen zwischen 14 und 7
Grad kühlt es sich so kräftig ab wie bereits lange nicht mehr.

Donnerstag … verlagert sich der über Deutschland liegende Keil nur wenig nach
Osten und wölbt sich dabei noch etwas nach Norden auf. Der nachfolgende und
relativ breite Trog erreicht bis zum Abend die Britischen Inseln und
Westfrankreich. Mit Passage der Achse des Keils, die am Abend vom östlichen
Mittelgebirgsraum in die Nordsee reicht, stellt sich im Westen und Süden dann
wieder eine südwestliche Strömung ein, mit welcher zusehends feuchtere und
labilere Luft advehiert wird. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt in
diesen Gebieten wieder auf 25 bis 30 mm, im Alpenvorland auch etwas über 30 mm.
In Alpennähe erreicht dann auch CAPE (KK) wieder 500 bis 1000 J/kg. Das reicht
für die Entwicklung einzelner und zum Teil heftiger Gewitter, die, gestützt
durch den Tagesgang, inneralpin und auch unmittelbar am Alpenrand auftreten.
In den anderen Gebieten hält sich der Einfluss des dann mit Schwerpunkt über dem
Ostseeraum liegenden Bodenhochs. Die Schichtung ist stabil; Absinken unterbindet
jegliche wetterrelevante Konvektion. Ein paar Wolkenfelder können den Nordwesten
und Westen Deutschlands streifen, Niederschläge sind nicht in Sicht, so dass die
extreme Trockenheit andauert. Im Osten und Süden sind dann auch wieder längere
sonnige Abschnitte zu erwarten.
Gegenüber Mittwoch wird es dann wieder um 1 bis 2 K wärmer, an Ober- und
Hochrhein kann erneut die 30 Grad-Marke erreicht werden.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Externe Modelle simulieren das mit Schwerpunkt
hauptsächlich über der Nordsee liegende Bodenhoch ein wenig kräftiger, ohne dass
sich hieraus Unterschiede für die Finalprognose ergeben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann