SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 29.07.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Im Norden windig, an den Küsten Sturmböen. Am Freitagabend aus den Alpen heraus
teils starke Gewitter mit Unwetterpotential durch Starkregen. Auch am Wochenende
ganz im Süden, vor allem am Alpenrand kräftige, teils von Gewittern durchsetzte
Stark-/und Dauerregenfälle. Ansonsten wechselhaftes Schauerwetter mit kurzen
Gewitter, dabei steife bis stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC

Aktuell … liegen wir an der Südflanke eines hochreichenden Tiefs über
Südskandinavien in einer westsüdwestlichen Strömung mit der in die
Nordwesthälfte Deutschlands mäßig warme, sonst warme bis sehr warme Luft
gelangt. Diese ist meist recht trocken und durch eine Inversion in 700 bis 800
hPa gedeckelt, sodass sich über der Mitte und teilweise auch im Norden nur
flache Quellwolken bilden konnten. Im Süden blieb es vielerorts sonnig.
Der skandinavische Trog und das zugehörige Bodentief machen aber nun Boden nach
Osten hin gut, während sich über den Britischen Inseln und dem Ärmelkanal ein
weiterer Randtrog formiert und nach Osten schwenkt. Dazwischen stellt sich
zunehmend eine leicht antizyklonal konturierte westliche Strömung mit einem
Höhenrücken ein. Die Schauer und Gewitter im Norden ziehen sich auf die
küstennahen Bereiche und auf die See zurück.

Der äußerste Süden verbleibt im Übergangsbereich zu feuchtinstabiler Luft über
dem Alpenraum und hier können aus dem Alpenraum heraus einzelne Schauer auf den
Alpenrand übergreifen. Dazwischen passiert nicht viel; die Temperatur geht bei
längerem Aufklaren im Bereich der Mittelgebirge auf Werte um 10 Grad zurück,
meist liegen die Minima bei 15 bis 9 Grad.

Der Wind lässt tagesgangbedingt im Binnenland rasch nach, an den Küsten
bringt der gut aufgestellte Druckgradient zunächst weitere Böen der Stärke 7 bis
8, bevor im Laufe der Nacht mit Annäherung des flachen Rückens der Gradient
aufweicht.

Freitag … überquert der neue Randtrog den Ärmelkanal und liegt abends über
Benelux. Die Haupttrogachse liegt dahinter über Westeuropa und reicht von den
Britischen Inseln bis vor die Nordwestküste der Iberischen Halbinsel. Davor
verlagert sich der flache Höhenrücken über das Vorhersagegebiet nach Osten, was
die nachfolgend zusehends diffluente Höhenströmung auf Südwest drehen lässt.
Im Bodenfeld setzt mit Durchschwenken des Rückens Druckfall ein, wobei sich das
Bodentief abends achsensenkrecht unterhalb dem Drehzentrum in der Höhe über der
südwestlichen Nordsee befindet.

Ein kleiner Bodentrog hält den Druckgradienten im Nordosten aufrecht, womit dort
der Tagesgang noch einmal greift und der Südwest- bis Westwind von SH bis
Vorpommern vorübergehend auffrischt, mit steifen Böen im Binnenland und teils
stürmischen Böen an der Ostsee, ehe der Wind am Nachmittag rasch wieder
nachlässt.
Niedertroposphärisch dreht die Strömung auf Südwest und erneut kann sich die
warme Luft subtropischen Ursprungs über die Alpen nordwärts ausbreiten. Die
Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf 8 Grad im Norden und bis 18 Grad
am Alpenrand. Vor allem südlich der Donau ist die Luftmasse nun wieder zunehmend
potenziell instabil geschichtet, wobei mehr als 1000 J/kg ML-Cape generiert
werden kann und die PPW-Werte auf über 30 mm steigen.

Mangels dynamischer Antriebe bleibt die Orografie als auslösender Faktor, der
für Gewitter sorgt, die sich von der Schweiz her und aus den Alpen heraus am
Spätnachmittag und Abend allmählich ins südliche Baden-Württemberg, bzw. ins
Alpenvorland ausbreiten. Durch Starkregen und Hagel sind Unwetter nicht
ausgeschlossen. Da die Scherung fehlt, dürfte der
Organisationsgrad gering bleiben und die Windentwicklung eher in den
Hintergrund treten.
Ansonsten nimmt die Bewölkung mit Annäherung des Tiefs im Nordwesten zu und an
der Kaltfront, die bis zum Abend die nordwestlichen grenznahen Regionen
erreicht, bilden sich einzelne Schauer. Ob es für Gewitter langt, ist fraglich,
da die Zutaten (CAPE, PPW) fehlen. Falls ja, reicht es nur für schwächere
Entwicklungen, eventuell mit steifen bis stürmischen Böen.
Der etwas zunehmende Gradientwind im äußersten Westen ist noch nicht
warnrelevant.

Die Temperaturen steigen auf 20 bis 25 Grad im Norden und Nordwesten, sonst auf
26 bis nahe 30 Grad im Südosten. Vor allem im Süden und Osten scheint längere
Zeit die Sonne.

In der Nacht zum Samstag ziehen Trog und Bodentief nach Osten, wobei das Tief am
Morgen laut ICON bei den ostfriesischen Inseln liegen soll. Die Südflanke ist
recht gradientstark, was dem Nordwesten steife bis (exponiert) stürmische Böen
bescheren kann. An der Nordsee sind auch Sturmböen, Bft9 im Programm.

Die Kaltfront überquert die meisten Landesteile ostwärts, wobei es nach Norden
hin Schauer und vereinzelte Gewitter geben kann. Im nachfolgenden Trog kann es
ganz im Nordwesten wieder zu einzelnen Schauern, über der Nordsee zu
vereinzelten Gewittern kommen.

Über dem Südosten kommt die Kaltfront ins Schleifen, was den präfrontalen, teils
starken Gewittern die Möglichkeit bietet etwas nach Nordosten Boden gut zu
machen und dann in schauerartigen Regen überzugehen.
Ansonsten bleibt die Nacht wettertechnisch ruhig und mit einem breiten Streifen
teils geringer Bewölkung über dem Süden und der Mitte.

Samstag … zieht das Tief nach Osten bis Nordosten, wogegen sich der Haupttrog
über Westeuropa regeneriert und nur zögernd ostwärts vorankommt. Die Kaltfront
liegt in der südwestlichen Höhenströmung schleifend über dem Südosten und sorgt
dort noch für starke Bewölkung und Regenfälle. Dahinter gelangt in der auf West
drehenden Strömung gemäßigte atlantische Meeresluft nach Deutschland.

An der Südflanke des Tiefs herrscht über der Nordhälfte ein veritabler
Druckgradient, der über der Nordhälfte den westlichen Wind tagsüber deutlich
auffrischen lässt mit verbreitet steifen, exponiert stürmischen Böen. An den
Küsten und im höheren Bergland sind Sturmböen möglich. Am Nachmittag fächert der
Gradient von Westen her wieder auf und die stärksten Böen ziehen sich zur Ostsee
zurück, wo es aber bis zum Abend Sturmböen geben kann.

Die schauerartigen Regenfälle ganz im Südosten klingen nur langsam ab. Im
äußersten Südosten und an den Alpen dauert das wohl bis zum Abend, wobei an den
Alpen in 12 Stunden 5 bis 15 mm Regen möglich sind. da die Schichtung dort noch
leicht instabil ist, sind auch eingelagerte Gewitter mit Starkregen eine Option.

Über der Nordwesthälfte labilisiert die Schichtung unter dem sich nähernden Trog
und es treten wiederholt Schauer oder schauerartige Regenfälle auf, in die sich
im Tagesverlauf auch einzelne Gewitter mischen. Dabei sind steife bis stürmische
Böen, vereinzelt auch Sturmböen nicht ausgeschlossen.

Dazwischen bleibt es in einem breiten Streifen vom Südwesten in den Nordosten
bei aufgelockerter Bewölkung abgesehen von vereinzelten Schauern
niederschlagsfrei und zum Teil recht sonnig.

In der Nacht zum Sonntag kann sich an der Kaltfront über Süddeutschland ein
Wellentief bilden und nach Nordosten ablaufen. In der Folge regnet es vor allem
südlich der Donau wieder kräftiger, teils konvektiv (auch mit
Gewittern/Starkregen) durchsetzt und ergiebig. Vor allem ICON-EU hat im
Alpenvorland bis Sonntagmittag in einem Streifen vom Alpenvorland bis zur Donau
30 bis 40 mm in 12 Stunden auf der Agenda, Cosmo Leps und ICON EU EPS haben vor
allem am Alpenrand leichte Hinweise auf unwetterartige Mengen zu bieten.
Der Norden und Westen Deutschlands verbleiben im Trogbereich, wobei sich das
Bodentief über Südskandinavien auffüllt und der Gradient auffächert, so dass
sich der Wind rasch abschwächt. Dort gibt es Schauer, vereinzelt kurze Gewitter.
Im breiten Streifen dazwischen verläuft die Nacht dagegen ruhig.

Sonntag … erstreckt sich ein langwelliger Trog ausgehend von einem Höhentief
vor Nordnorwegen über Westeuropa bis zu der Iberischen Halbinsel. Vorderseitig
liegt Deutschland zunächst in einer südwestlichen Strömung.
Im Tagesverlauf schwenkt der südliche Teil des Troges über die Alpen ostwärts
und verliert an Kontur.

Mit dem Trog korrespondiert ein Bodentief mit Schwerpunkt über Skandinavien, was
an seiner Südseite die Zufuhr mäßig warmer Meeresluft von Westen her zur Folge
hat. Schwerpunktmäßig über der Nordwesthälfte treten Schauer und einzelne
Gewitter auf, die vereinzelt mit Starkregen und stürmischen Böen verbunden sein
können.

Die instabile Luft wird zwar aus dem Südosten verdrängt, die Regenfälle dort
gehen aber weiter, da sich an der Nordwestflanke eines von der nördlichen Adria
Richtung Ungarn/Slowakei ziehenden Tiefs eine Gegenstromlage einstellt.
12-stündig sind in SE Bayern weitere 10 bis 20 mm Regen möglich, in 24 Stunden
am Alpenrand bis 50 mm. Auch im Tagesintervall liefern die Ensembles Hinweise
auf unwetterartige Mengen in diesem Bereich. Eine Dauerregenlage dort darf somit
als wahrscheinlich gelten, lokal kann auch Unwetter Dauerregen anstehen.

Zwischen den Schauern im Nordwesten und dem Regen erstreckt sich ein Streifen
von Südwest nach Nordost, wo es zwar nicht niederschlagsfrei bleibt, die
Schauerneigung durch leichtes kompensatorisches Absinken aber etwas herabgesetzt
ist.

Modellvergleich und -einschätzung

Die großräumige Entwicklung ist weitgehend unstrittig. In den Details bleiben
Fragezeichen, die sich vorab auch kaum klären lassen. Vor allem der Süden bleibt
warntechnisch im Focus. Ab Freitagabend mit starken Gewittern (loc. WU) dann mit
Stark/Dauerregen. Die hierbei von den Modellen angebotenen Regenmengen und die
Lage der Maxima variieren aber noch stark. Auf jeden Fall deutet sich wieder
eine Dauerregenlage an, ob Unwetter muss noch abgewartet werden. ICON EU, GFS
und teilweise die Ensemble haben aber Hinweise darauf.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner