SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 25.07.2021 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Verbreitet Gewitter, vor allem im Nordosten und im Südosten und dort bevorzugt
in Alpennähe mit Unwettergefahr. Am Dienstag vorübergehende Entspannung,
Unwetter nur wenig wahrscheinlich. Am Mittwoch vor allem nach Südosten hin
erneut auflebende Gewitter bis hin zum Unwetter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC

Aktuell … liegt Deutschland an der Vorderseite eines Höhentiefs mit Zentrum
über dem Ostausgang des Ärmelkanals, das sich nur wenig verlagert. Von diesem
Höhentief geht ein Trog aus, der zur Iberischen Halbinsel gerichtet ist. Dies
hat eine südwestliche zyklonale Strömung zur Folge. Mit dieser gelangt die
labilste Luftmasse in den Nordosten und Osten Deutschlands. Dort erreicht MU-
und KK-CAPE bis 2000 J/kg und der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 35 bis 40
mm. In diesen Gebieten hat sich bereits eine quasiststionäre Gewitterlinie
entwickelt, die (vor allem laut Radar) extreme Regenmengen ergibt.
Aber auch in den anderen Gebieten kann bei einem MU-CAPE bis über 1000 J/kg und
einem Flüssigwassergehalt zwischen 25 und 30 mm keinesfalls von einer
Entspannung die Rede sein. Vielmehr läuft erneut ein Kurzwellentrog nach Norden
ab, der vor allem in den Gebieten, in denen die Luftmasse nicht so „geladen“
ist, d.h. in den westlichen und nordwestlichen Landeteilen, seine Wirkung
entfaltet und konvektive Umlagerungen auslöst. Für diese Gebiete werden dann von
ICON-D2 einzelne Signale bis in den Unwetterbereich hinein durch Starkregen bis
30 l/m² (aber nicht darüber) gesetzt. Auch Sturmböen sind möglich.
Wie bereits am Vortag besteht erneut am Alpenrand die Gefahr, dass sich aus den
Alpen heraus konvektive Umlagerungen auftreten. Dort können sich in Verbindung
mit einem flachen Tief Superzellen entwickeln, mit deren Passage Sturm- und
schwere Sturmböen einhergehen; auch orkanartige Böen sind entlang der Alpen
nicht auszuschließen. Da dort ein relativ weit östlich nach Norden ablaufender
Kurzwellentrog noch einen Hebungsantrieb liefert, besteht zudem die Gefahr
größeren Hagels. Zusammengefasst – alle drei Parameter (heftiger Starkregen,
größerer Hagel, Böen Bft 10+) sind dort für Unwetter hinreichend, so dass für
diese Region eine Unwetter-Vorabinformation in Kraft ist.
In der Nacht zum Montag schwenkt der von dem Höhentief ausgehende Trog unter
Abflachung nach Nordosten. Dort wie auch in den anderen Gebieten wird demzufolge
die Konvektion weitgehend in sich zusammenfallen. Einzelne Gewitter sind vor
allem noch in der ersten Nachthälfte vorstellbar. Dort, wo es zuvor viel
geregnet hatte, können sich flache Nebelfelder bilden.
Eine Ausnahme stellt noch der Südosten bis hin zum Bayerischen Wald dar, wo ein
relativ weit östlich ablaufender Kurzwellentrog in der ersten Nachthälfte die
verclusternden Gewitter am Leben hält und noch für mehrstündigen gewittrigen
Starkregen bis in den Unwetterbereich hinein sorgt (auch extreme Regenmengen bis
80 l/m² sind nicht auszuschließen), bevor in der zweiten Nachthälfte diese
Niederschläge unter Abschwächung nach Tschechien und Niederösterreich abziehen.

Montag … verlagert sich das Höhentief über die Doggerbank hinweg ein wenig
nach Norden. Vom mittleren Nordatlantik stößt ein Kurzwellentrog nach Süden vor
und regeneriert den Trog, der von dem über der westlichen Nordsee liegenden
Höhentief ausgeht. Dieses wandelt sich somit in einen Teiltrog um. Unterm Strich
ändert sich an der südwestlichen Strömung nicht allzu viel. Diese wird durch
eben diesen Teiltrog zyklonaler. Allerdings wird der Teiltrog von
Kaltluftadvektion überlaufen, so dass sich die Hebung in Grenzen hält und vor
allem auf den Nordosten Deutschlands beschränkt, wobei sich dann zur
tagesgangsbedingt interessantesten Zeit bereits wieder eine Abschwächung
abzeichnet. Dennoch sind dort (sowie weiter im Norden bis zum Emsland
ausgreifend) Gewitter am wahrscheinlichsten. CAPE erreicht in diesen Gebieten
nochmals bis über 1500 J/kg und der Flüssigwassergehalt 30 bis nach Nordosten
hin 40 mm, so dass dort die Gefahr unwetterartiger Entwicklungen (vor allem
durch heftigen Starkregen; auch mehrstündige Ereignisse sind nicht
auszuschließen) gegeben ist. Im Nordosten, wo CAPE die höchsten Werte erreicht,
können auch größere Hagelansammlungen auftreten. Für Großhagel ist die Scherung
nicht hinreichend.
Noch nicht ganz ausgestanden ist die Situation auch im Südosten, d.h. im
Alpenvorland bis etwa zum Inn. Dort erreichen CAPE und der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser nicht so hohe Werte wie im Nordosten, aber die
Schichtung ist labiler, auch etwas mehr (hochreichende) Scherung ist vorhanden,
so dass dort auch größerer Hagel nicht ausgeschlossen werden kann.
In den anderen Gebieten setzt sich eine eher gemäßigtere Luftmasse durch. Dort
ist die Schichtung weniger labil (aber auch noch nicht stabil!), die Luftmasse
ist mit einem Flüssigwassergehalt zwischen 25 und 30 mm nicht mehr so feucht, so
dass dort trotz der ausgeprägteren Zyklonalität die Unwettergefahr deutlich
geringer ist als in den zuerst genannten Gebieten. Gegenüber den Vortagen ändern
sich die Temperaturen nur unwesentlich.

In der Nacht zum Dienstag wird der Trog, der aus dem bislang wetterbestimmenden
Höhentief hervorging, nach Norden weggesteuert. Das steuernde Höhentief liegt
dann bei Island. Der von diesem Tief ausgehende „neue“ Trog greift auf die
Bretagne über und lässt die südwestliche Strömung erneut aufsteilen. Da sich
aber diese Strömung über Mitteleuropa ein wenig durchglättet, fehlt dann die
Hebung, um weitere konvektive Umlagerungen auszulösen. Damit sollte erst einmal
Ruhe einziehen. In Alpennähe, wo sich noch Reste feuchtlabiler Luft halten sowie
im Norden und Nordosten ist dies wahrscheinlich erst in der zweiten Nachthälfte
der Fall. Bis dahin sind vor allem an den Alpen, mit geringerer
Wahrscheinlichkeit auch im Norden und Nordosten, noch Unwetter vor allem durch
heftigen und teils mehrstündigen Starkregen vorstellbar.
Im Süden und Südosten kann sich dort, wo es zuvor viel geregnet hatte, flacher
Nebel bilden. In den anderen Gebieten kommt zwar etwas Gradient zustande, der
zwar nicht für Windböen reicht, aber die Nebelneigung gering hält.

Dienstag … verlagert sich das Höhentief vom Raum Island südwärts. Der von
diesem Tief ausgehende Trog schwenkt von der Bretagne zu den Benelux-Staaten und
bis in den Nordwesten Deutschlands reichend, was die südwestliche Strömung über
Deutschland andauern lässt. Gleichzeitig weitet sich der Trog noch etwas in
Richtung Mitteleuropa aus. Mit dem Ergebnis, dass sich eine gemäßigtere
Luftmasse (mit einem Flüssigwassergehalt zwischen 25 und 30 mm und CAPE meist
unter 500 J/kg) auch in den anderen Gebieten (abgesehen vielleicht vom äußersten
Südosten) durchsetzt.
Bedingt durch die Annäherung des Troges und den hierdurch zustande kommenden
Hebungsantrieb entwickeln sich auch im Westen vermehrt Gewitter. Allerdings ist
die Luftmasse dort aufgrund der Nähe zum Trog gemäßigter, auch weisen die
Gewitter eine höhere Verlagerungsgeschwindigkeit auf, so dass es kaum für
Starkregen bis in den Unwetterbereich hineinreichen sollte.
Weite Teile Deutschlands profitieren noch von kompensierendem Absinken, das
zwischen dem nach Südschweden schwenkenden Kurzwellentrog und dem weiteren, auf
Ostfrankreich übergreifenden Trog zustande kommt. Somit sind dort konvektive
Umlagerungen unwahrscheinlich. Auflockerungen und auch längere sonnige
Abschnitte sind im Nordosten und Osten am ehesten zu erwarten. Dies lässt in
diesen Gebieten die Temperatur auf Werte um 28 Grad steigen, wogegen sonst 20
bis 26 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Höhentief weiter südwärts zu den
Britischen Inseln und nimmt damit ungefähr die Position des zuvor
wetterbestimmenden Höhentiefs ein. Kurzwellige, nach Nordosten ablaufende
Sekundärtröge lassen von Südwesten und Westen her bis auf die Mitte übergreifend
die Niederschlagstätigkeit erneut aufleben, wobei diese Niederschläge anfangs
noch von Gewittern begleitet sind, aber aufgrund der von Westen her einsetzenden
Stabilisierung in schauerartigen Regen übergehen. Problematisch ist die sehr
ausgeprägte niedertroposphärische wie auch hochreichende Scherung, als Szenario
wäre auch die Passage einer sehr organisierten Gewitterlinie vorstellbar. Mit
Passage dieser Struktur können (schwere) Sturmböen einhergehen. Starkregen bis
in den Unwetterbereich hinein oder auch größerer Hagel sollten nicht auftreten.
Da die Richtungsscherung jedoch nur schwach ausgeprägt ist, sind rotierende
Strukturen eher unwahrscheinlich.
Im Norden und Osten sollte dagegen die Konvektion (sofern welche zustande kam)
in sich zusammenfallen. Die Nebelneigung ist insgesamt nur gering.

Mittwoch … weitet sich, ausgehend von dem Höhentief über den Britischen
Inseln, ein Trog zur westlichen Iberischen Halbinsel aus, was die Strömung über
Mitteleuropa erneut leicht rückdrehen lässt. Ein in dieser Strömung ablaufender
Kurzwellentrog lässt die Schauertätigkeit bis hin zu Gewittern auch im
Nordosten, Osten sowie im Süden aufleben. Wahrscheinlich erreicht dieser
Kurzwellentrog zur tagesgangsbedingt aktivsten Zeit bereits Polen, so dass die
Gewittertätigkeit im weitaus größten Teil Deutschlands ohne Unwetter erfolgen
sollte. Eine geringe Wahrscheinlichkeit für Starkregen bis in den
Unwetterbereich hinein zeichnet sich aufgrund des hohen Flüssigwassergehalts
(bis 35 mm) noch von Vorpommern bis zur Lausitz ab. Allerdings sind diese
Aussagen mit Unsicherheiten behaftet, die aus der Prognoseunschärfe resultieren,
was die Passage dieses Troges betrifft.
In den Süden und Südosten gelangt trogvorderseitig wieder ein Schwall
Subtropikluft aus dem südfranzösischen Raum. Dort wird zwar rückseitig des
abziehenden Kurzwellentroges die Konvektion etwas gedämpft, lebt aber danach
umso stärker auf, wobei dann Unwetter durch heftigen Starkregen, bei einem CAPE
über 2000 J/kg auch durch größeren Hagel und (schwere) Sturmböen zustande kommen
können. Gegenüber den Vortagen ändern sich die Temperaturen nur unwesentlich.

Modellvergleich und -einschätzung

Die verfügbaren Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede sind kaum erkennbar. So lässt sich lediglich
herausarbeiten, dass nach GFS und auch nach EZMW in der Nacht zum Mittwoch und
am Mittwoch nicht so weit nach Süden vorankommen, so dass sich eher eine
west-südwestliche Strömung ergibt. Mit dieser würde sich dann die gemäßigtere
Luftmasse (in welcher die Gewitter dann wahrscheinlich keinen Unwettercharakter
mehr annehmen) auch in den östlichen und nordöstlichen Landesteilen komplett
durchsetzen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann