SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 25.05.2020 um 18 UTC

Markante Wettererscheinungen:
Hochdruckrandlage: Ruhiges, aber nur zögerlich wärmeres Wetter.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC

Aktuell … sorgt WLA auf der Vorderseite eines hochreichenden Tiefs bei Island
dafür, dass sich ein Rücken vom Seegebiet östlich der Azoren in weitem Bogen
über den Ärmelkanal und die mittleren Nordsee mittlerweile bis zu den Lofoten
aufwölben kann. Ein aus dem Höhentrog bei Island über das Nordmeer
herauslaufender Kurzwellentrog führt dazu, dass die Achse des Rückens in seinem
Nordteil recht zügig nach OSO schwenkt, während er in seinem Südteil quasi
ortsfest bleibt. Als Gegenpart fungiert ein stark amplifizierter, von
Nordwestrussland bis zum Balkan reichender Höhentrog, der dazu neigt, über
Südosteuropa abzutropfen. Dazwischen liegt Deutschland unter einer nördlichen
Strömung, die durch einen südwärts ablaufenden Kurzwellentrog nach Osten zu
anfangs noch zyklonal, nach Westen zu recht glatt konturiert ist. Da die fast
senkrecht unter der Rückenachse liegende Hochdruckzone einen deutlichen
Schwerpunkt im Bereich des Ärmelkanals aufweist, hat sich über uns eine
nordnordwestliche Strömung eingestellt, in der eine frische subpolare Meeresluft
einfließt (T850 zwischen 2 im Nordosten und 7 im Südwesten).

Aufgrund der Zyklonalität konnten sich im Osten und Südosten nochmal zahlreiche
Schauer entwickeln, in Südostbayern war die Schichtung feucht und hochreichend
instabil genug, dass sich auch einzelne Gewitter entwickeln konnten (mit
Potenzial für einzelne stürmische Böen). Aufgrund des abziehenden
Kurzwellentroges und des Tagesganges ist die Konvektion aber nun auf deutlich
absteigendem Ast. Ansonsten konnte sich durch das Absinken bereits eine
Inversion bei 700-750 hPa ausbilden, sodass es nur noch für Quellbewölkung und
sich an der Inversion ausbreitender Stratocumulus reichte. Ein Blick auf die
Drucktendenzen zeigt einen Druckanstieg im Nordosten und leichten, wohl
diabatisch begründeten Luftdruckfall im Südwesten. Dadurch verschärfte sich der
Gradient diagonal über Deutschland, sodass hier und da einzelne steife Böen, im
Kammlagen stürmische Böen auftreten.

In der Nacht kippt die Achse des Rückens weiter im Uhrzeigersinn, sodass sie
nunmehr die südliche Nordsee und den Bottnischen Meerbusen erreicht. Der
Luftdruck steigt somit vor allem über dem nördlichen Mitteleuropa stärker an,
sodass sich eine Hochdruckzone ergibt, deren Divergenzachse von der Keltischen
See bis nach Norddeutschland reicht. Dadurch reißt der Zustrom der Subpolarluft
ab und die Luftmasse kommt mehr und mehr zur Ruhe. Eine schwache Nordkomponente
drückt die Feuchte noch gegen das Erzgebirge und den östlichen Alpenrand, sodass
die Nacht dort wolkig verläuft, vielleicht reicht es auch noch für ein paar
Tropfen. Ansonsten klart es zunächst verbreitet auf, bevor sich gebietsweise
Nebel oder Hochnebelfelder ausbilden. Prädestiniert für warnwürdige Sichtweiten
scheint der Norden und Nordwesten zu sein (deutliche Signale in MOSMix und
WarnMOS sowie Euro4). Dort, wo es länger klar ist, gehen die Temperaturen auf
niedrige einstellige Werte zurück, vereinzelt ist Bodenfrost nicht
ausgeschlossen, vor allem in höheren Muldenlagen des Westens. Meist liegen die
Tiefstwerte aber zwischen 10 (an der See) und 4 Grad.

Dienstag … schwenkt ein weiterer Trog an der Südflanke des nun über der
Grönlandsee befindlichen Höhentiefkomplexes zum Nordmeer und drückt die Achse
des Rückens in seinem Nordteil weiter gen Südosten. Bis zum Abend erreicht sie
in etwa eine Linie vom Ärmelkanal über die Deutsche Bucht bis zum Finnischer
Meerbusen, wo der Rücken Kontakt mit einem weiteren Rücken über Nordwestrussland
aufnimmt. Folglich wird der Abschnürprozess des Troges über Ost- und
Südosteuropa abgeschlossen, sodass sich ein Cut-Off über dem Balkan ausbilden
kann. Da sich auf der Vorderseite eines über dem Nordatlantik abtropfenden
Troges WLA-bedingt ein neuer Rücken westlich Britischen Inseln aufwölbt, kann
sich in der von den Azoren bis ins nördliche Mitteleuropa reichende
Hochdruckzone ein neuer Schwerpunkt über der Keltischen See ausbilden. Dadurch
behält die Strömung über Deutschland nicht nur in der Höhe (nach Südosten zu
immer noch leicht zyklonal konturiert), sondern auch in der unteren Troposphäre
eine klare Nordkomponente, wenngleich sie in den unteren Niveaus sehr schwach
ausfällt. Ausgehend von dem Tiefkomplex über der Grönlandsee läuft eine
okkludierte Front von Nordwesten her in die Nordsee und erreicht am späten Abend
die Deutsche Bucht.

Mal von einer „leidlichen“ Zyklonalität im Südosten abgesehen (im äußersten
Südosten Bayerns ist die Schichtung noch bis rund 500 hPa feucht und labil,
sodass es ein paar Schauer geben kann, Gewitter eher nicht), herrscht sonst
Hochdruckeinfluss. Vor allem in einem Streifen von der Nordsee über die östliche
Mitte nach Südosten zu ist die Grundschicht noch feucht und die Absinkinversion
noch hoch genug (700-800 hPa), sodass sich flache Konvektion in Form von breit
laufenden Quellwolken bildet. Schauer sollten die Ausnahme bleiben. Gegen Abend
kommen im Nordwesten vor der herannahenden Okklusion hohe und mittelhohe
Wolkenfelder herein. Die meisten Sonnenanteile gibt es im Nordosten sowie im
Westen und Südwesten. Die seichte Nordströmung verhindert niedertroposphärische
WLA, wodurch sie die Luft allenfalls diabatisch bzw. durch das Absinken leicht
erwärmen kann (T850 3 bis 7 Grad). Mit Sonnenunterstützung bedeutet das im
Südwesten und Westen maximal 24 Grad, unter den Wolken im Südosten nur rund 17
Grad (an der See kühler).

In der Nacht zum Mittwoch verstärkt sich der Rücken westlich von Irland, sodass
sich der vom Nordmeer nach Skandinavien schwenkende Trog etwas nach Süden bis
Jütland ausweiten kann. Der vorgelagerte Rücken hat nunmehr eine fast zonal
orientierte Neigung angenommen und erreicht Norddeutschland und das Baltikum.
Das Hoch über Großbritannien kann sich noch etwas verstärken und richtet einen
Keil nach Mitteldeutschland. Die Okklusion über der Nordsee kommt bis nach Nord-
und Nordwestdeutschland voran.

Da die Okklusion kaum Unterstützung durch den nach Jütland schwenkenden Trog
erfährt, hält sich die Wetteraktivität an ihr in Grenzen. Mit kompakteren
Wolkenfeldern ist aber im Norden und Nordwesten zu rechnen.
Die Schauer im Südosten fallen in sich zusammen, sodass die Nacht ansonsten oft
klar verläuft. Die Luft kann sich dadurch wieder stark abkühlen, bei
Tiefstwerten zwischen 8 und 2 Grad ist vor allem im östlichen und südöstlichen
Mittelgebirgsraum lokal Bodenfrost möglich. Unter den Wolken im Nordwesten
verharren die Temperaturen bei rund 10 Grad.

Mittwoch … wölbt sich der Rücken von der Biskaya über Irland bis nach Island
auf. Der davor liegenden Trog schwenkt zur Ostsee und drückt den immer mehr an
Kontur verlierenden Rücken nach Süddeutschland. Dahinter kann sich eine recht
glatte nordwestliche Höhenströmung einstellen. Das mit dem Rücken
korrespondierende Hoch verstärkt sich weiter und verlagert sich mit seiner
1035-hPa-Kernisobare zur mittleren Nordsee. Der vom Hoch nach Südosten
gerichtete Keil schwenkt von Mittel- nach Südwestdeutschland. Da sich durch die
nordwestliche Überströmung des Skandinavischen Gebirges und den an Kontur
gewinnenden Trog ein von Finnland bis zum Kattegat reichender Bodentrog
entwickelt, gewinnt die nordnordwestliche Strömung vor allem im Norden und
Nordwesten Deutschland etwas an Fahrt. Die Okklusion wird dadurch etwa bis zur
Mitte gedrückt, wo sie dann aber Schub verliert.

Im Norden und in der Mitte wird es folglich ein recht wolkiger Tag, auch, weil
die Grundschicht wieder feuchter wird und sich in der etwa bis 700 hPa labilen
Schicht Quellwolken zu dem frontalen Gewölk dazugesellt. Für Schauer reicht es
aber kaum (Tops bei >-10 Grad). Der Süden und Südwesten profitiert weiter vom
Absinken, sodass es sonnig bleibt. Später wird es in der postfrontal
einfließenden, abgetrockneten Luftmasse auch im Norden wieder freundlicher. Auf
der Suche nach warnwürdigen Ereignissen in einer ansonsten sehr ereignisarmen
Wetterphase könnte man an der Küste fündig werden, dort treten eventuell
einzelne Böen Bft 7 auf. Die (nicht advektive) Erwärmung macht insgesamt weiter
(langsame) Fortschritte (T850 4 bis 8 Grad), sodass Höchstwerte zwischen 16 Grad
im Norden und 25, vielleicht 26 Grad im Südwesten erreicht werden.

In der Nacht zum Donnerstag nimmt der zum Baltikum schwenkende Trog Kontakt mit
dem Cut-Off über dem östlichen Balkan auf, sodass sich eine langestreckte
Trogkonfiguration ergibt. Zwischen diesem Trog und dem Rücken über den
Britischen Inseln dreht die Höhenströmung wieder mehr auf NNW. Unklar ist, ob
darin ein kurzwelliger Anteil mit nennenswerter Kontur über Deutschland nach
Süden abläuft (IFS, ICON) oder nicht (GFS). Das mit dem Rücken korrespondierende
Hoch bleibt fast ortsfest über der Nordsee.

Im Bereich der alten Okklusion, die über der Mitte nur sehr langsam nach Süden
vorankommt, halten sich dichtere Wolkenfelder. Sollte der o.e. Kurzwellentrog
sich bewahrheiten, könnte die Front aktiviert werden und für leichten Regen
sorgen (vor allem nach Osten und Südosten zu). Im großen Norden und nach
Südwesten zu verläuft die Nacht dagegen gering bewölkt. Die Luft kühlt dabei auf
11 bis 5 Grad ab. Bodenfrost ist wahrscheinlich kein Thema.

Donnerstag … dreht die nach Abzug des etwaigen Kurzwellentroges wieder glatte
Höhenströmung über Deutschland zwischen dem zur Nordsee schwenkenden Rücken und
dem neu regenerierten Trog über Ost- und Südosteuropa auf Nord. Das Hoch
verlagert seinen Schwerpunkt zur Deutschen Bucht. Ageostrophisch ist demnach
auch am Boden mit einer Nordströmung zu rechnen, in der die Front (sofern man
sie überhaupt als solche bezeichnen kann, zu den Alpen gedrückt wird. Die
postfrontale, wieder trockenere Luft kann sich daher nach und nach auch in der
Mitte und im Süden durchsetzen.

Der Tag gestaltet sich im Bereich der nach Süden ziehenden Front in der Mitte
und im Süden zunächst stark bewölkt, je nach Trogkonfiguration regnet es
zeitweise (ICON, IFS), wenn auch nur leicht. Am Alpenrand entwickeln sich in der
präfrontal lagernden, feuchteren Luftmasse eventuell Schauer, Gewitter sind
unwahrscheinlich. Im Verlauf lockert die Bewölkung von Norden auf, sodass es
dann allgemein einen Mix aus Sonne und lockeren Wolken geben dürfte. Schwache,
niedertroposphärische KLA macht die mühsame Erwärmung der Vortage wieder
zunichte (T850 zwischen 3 und 8 Grad, macht Höchstwerte zwischen 17 und 24
Grad).

Modellvergleich und -einschätzung

Die Entwicklung der Großwetterlage wird von allen vorliegenden Modellen sehr
kongruent simuliert. Vorhersagerelevante Unterschiede lassen sich nicht ableiten
(von gewissen, in der Modellphysik begründeten Unterschieden bei der
Bewölkungsprognose abgesehen).
Nennenswerte Differenzen ergeben sich am Donnerstag mit dem angesprochenen
etwaigen Kurzwellentrog. Dies wurde im Text bereits angesprochen. Warnrelevanz
haben diese nicht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser