S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.03.2020 um 10.30 UTC

Antizyklonale Nordlage; Übergang zu einer antizyklonalen Nordwestlage. Anfangs
im Bergland Schnee. Für die Jahreszeit deutlich zu kalt.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 03.04.2020

Betrachtet man sich die nordhemispherische Zirkulation zum Beginn des
Mittelfristzeitraums, so sieht man einen sehr stark gestörten Polarwirbel, mit
einem kräftigen Ast über Kanada und einem etwas schwächeren Ast über
Nordosteuropa. Am Rande eines sehr starken Atlantikhochs erreichen die Ausläufer
des Polarwirbels sogar Mitteleuropa. Im weiteren Verlauf setzt über Kanada
deutliche Erwärmung ein, der kanadische Zweig des Polarwirbels wird Richtung
Nordmeer und Grönland verdrängt. Dies hat ab dem nächsten Wochenende
entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung einer neuen Witterungsphase in
Mitteleuropa.
Die Lage im Detail:
Am Montag liegt ein ungewöhnlich kräftiges, blockierendes Hoch mit Kerndruck
über 1050 hPa über dem Atlantik und ein stark ausgeprägter Trog über Osteuropa.
Mitteleuropa gelangt dazwischen in eine nördliche bis nordöstliche Strömung.
Dabei wird arktische Kaltluft aus dem Ast des Polarwirbels, der sich über
Skandinavien und der Barentsee befindet, angezapft. In Deutschlands sinkt dabei
die 850-hPa-Temperatur auf Werte von bis zu -13 °C. Im Stau der Alpen fällt noch
etwas Schnee. Sonst zieht der Trog mit der Höhenkaltluft nach Osten ab, sodass
die arktische Luftmasse unter Hochdruckeinfluss gelangt. Letzte Schneeschauer
lassen nach und die Wolken lockern zunehmend auf, sodass in der Nacht zum
Dienstag mit mäßigen, in ungünstigen Mittelgebirgslagen sogar mit strengem Frost
zu rechnen ist.
Bis Mittwoch schwächt sich der Keil über dem Atlantik ab und bildet eine
Hochdruckzone, die von der Labradorsee über den Atlantik reicht und eine Brücke
über Mitteleuropa zu einem schwachen Osteuropahoch schlägt, das sich Rückseitig
des abziehenden Trogs dort etabliert hat. Die Frontalzone liegt dabei weit im
Norden über dem Nordmeer und Nordskandinavien. Über Mitteleuropa kann sich die
eingeflossene arktische Luft durch Warmluftadvektion und durch Absinken unter
der Hochdruckbrücke zunehmend erwärmen (850-hPa-Temperatur -3 bis – 5°C am
Mittwoch). Der Norden wird aber noch von Kurzwellentrögen beeinflusst. Ansonsten
herrscht Hochdruckwetter.
Ab Donnerstag beginnt der beschriebene Umbau der großräumigen Zirkulation. Über
Nordostkanada baut sich ein kräftiges Hoch auf. Ein Ast des Polarwirbels wird
dabei ins Nordmeer verdrängt. Über Grönland fließt arktische Kaltluft in den
Nordatlantik, was zu einer starken Zyklogenese im Nordmeer führt. Der Nordwesten
gelangt in den Einflussbereich dieses Tiefdruckgebiets, während im Süden noch
eine schwache Hochdruckbrücke vorherrscht.
Am Freitag verbindet sich dann der Nordatlantiktrog mit einem Cut-Off-Tief über
dem mittleren Atlantik, sodass sich eine Langwellentrog mit SW-NO ausgerichteter
Achse bildet. Dem gegenüber steht ein Ostatlantikhoch, das immer noch einen Keil
nach Deutschland schiebt. Die Warmluftadvektion nach Mitteleuropa ist zunächst
noch sehr schwach, da die Südwestströmung auf Grund des Keils nur sehr langsam
in Gang kommt.
Am Wochenende stellt sich dann eine typische Vorderseitenlage ein. Die Achse des
Langwellentroges stellt sich auf, das Tief über dem Atlantik verstärkt sich und
ebenso das Osteuropahoch. Dabei gelangt Deutschland in eine südliche Strömung
wobei sehr warme Mittelmeerluft herangeführt wird. (850 -hPa-Temperatur ~ 8°C).

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Der neue Lauf zeigt bis zum Donnerstag keine wesentlichen Unterschiede zu den
Vorläufen. Ab Ende der Woche nehmen dann die Unsicherheiten zu. Zeigten alte
Läufe noch, dass sich der Nordatlantiktrog über Mitteleuropa ausdehnet, so gibt
es in den neueren Läufen einige Sprünge. Der ECMWF12z-Lauf zeigt gestern noch
ein Hoch über Mitteleuropa und der neue Lauf nun die besprochene Südlage.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die Modelle sind bis Donnerstag im Wesentlichen alle gleich. Ab Freitag
favorisieren GFS und insbesondere ICON die Trogvariante über Mitteleuropa, wobei
ICON den Trog sehr schnell und auch kräftig nach Mitteleuropa ziehen lässt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

In den Ensemblevorhersagen fällt auf, dass es im Süden Deutschlands einige
wenige Mitglieder gibt, die eine deutlichere Erwärmung zur Mitte der Woche
sehen. Der Großteil ist jedoch auf der kalten Seite. Sonst gibt es bis Freitag
kaum Streuung in ENS-Rauchfahnen. Es tauchen immer wieder einige schwache
Niederschlagssignale auf. Bodennah herrscht zwar überwiegend Hochdruckeinfluss,
aber durch die immer noch dominierenden schwachen Trogverhältnisse in der Höhe
scheint das Wetter nicht ganz so freundlich zu verlaufen, wie es der Hauptlauf
uns glauben macht. Schauer sollten aber selten bleiben.
Ab Freitag gehen dann die Ensembles deutlich auseinander. Zeigten die meisten
Ensembles gestern für das nächste Wochenende noch die Troglage, so geht in den
neueren Ensembles der Trend immer mehr in Richtung hohes Geopotenzial. Dass die
Lage aber noch sehr unsicher ist, zeigen die Cluster-Analysen für das Wochenende
mit insgesamt 5 Clustern, alle mit einer unterschiedlichen Position des Troges.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Lage bis Freitag einigermaßen sicher
ist, es aber dann am Wochenende zu einer Umstellung der Wetterlage kommt:
Entweder zu einer Troglage, oder zu einer warmen Südlage wobei die Südlage mit
dem neuen Lauf deutlich wahrscheinlicher geworden ist. Es wäre also nicht
verwunderlich, sollte ECMWF hier wieder einen Trend vorgeben, den anderen
Modelle in späteren Läufen folgen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

In der Nacht zum Montag und am Montag kommt es zu Stauschneefällen an den Alpen.
Ansonsten klart es in der Nacht zum Dienstag vielerorts auf, sodass es in
ungünstigen Lagen an den Alpen, sowie in den Mittelgebirgen zu strengem Frost
bis -11 °C kommen kann.
Sonst bietet die Wetterlage kaum Potenzial für signifikante Wettererscheinungen.

Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF, ab Freitag ECMWF-ENS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold.