S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 11.11.2019 um 10.30 UTC

Bis auf Weiteres Großwetterlagenmuster TrW (Trog Westeuropa), dabei unbeständig
auf jahreszeitüblichem Temperaturniveau.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 18.11.2019

Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Donnerstag befindet sich
Deutschland auf der Vorderseite eines umfangreichen Langwellentrogs über
Westeuropa. Dieser hat gerade eine Frischzellenkur durch ein in seine Westflanke
eingelaufenes Höhentief bekommen, was nicht nur lebenserhaltend wirkt, sondern
den Trog zudem auf einen überaus stabilen Sockel stellt. So verwundert es auch
nicht, dass er uns – wenn auch mit Modifikationen – über den gesamten
Prognosezeitraum hinweg beschäftigen wird. Am Boden korrespondiert der Trog mit
einer umfangreichen, aus mehreren Kernen bestehenden Tiefdruckzone, die sich von
Südwest- bis nach Nordeuropa erstreckt. Deutschland ist am Donnerstag darin so
exponiert, dass sich keines dieser Tiefs so richtig für uns verantwortlich
fühlt, was unter dem Strich sogar leichten Zwischenhocheinfluss und weitgehend
trockenes, allerdings nicht besonders sonnenscheinreiches Wetter (vielfach
bewölkt, teils Nebel/Hochnebel) bedeutet. Am ehesten kann es im äußersten
Westen/Südwesten sowie später am Alpenrand etwas regnen (in höheren Lagen
schneien). Bei 850-hPa-Werten um oder etwas unter 0°C liegt das Temperaturniveau
in 2 m Höhe im saisonal üblichen Rahmen.

Am Freitag weitet sich der Trog noch etwas nach Süden aus, wobei das
Hauptdrehzentrum am Tagesende die Pyrenäen erreicht. Derweil soll sich über
Benelux oder der südwestlichen Nordsee ein abgeschlossenes sekundäres
Potenzialminimum bilden, unter dem sich ein Bodentief etabliert. Die zugehörigen
Haupthebungsprozesse bleiben wahrscheinlich knapp westlich von uns, so dass der
Westen und Nordwesten nur von etwas Regen gestreift wird. Im Südosten, später
auch im Osten hingegen baut sich eine leidliche Gegenstromlage auf (nördliche
bis östliche Winde unten vs. südliche Winde oben), die für zeitweiligen Regen
verantwortlich zeichnet. In den Alpen weht Südföhn mit Sturmböen auf exponierten
Gipfeln. Bei vor allem an der Küste und in einigen Hochlagen auffrischendem
östlichen Wind wird niedertroposphärisch etwas mildere Luft advehiert, was sich
im 2-m-Niveau aber kaum bemerkbar machen dürfte.

Kommen wir zum Wochenende, an dem der Höhentrog unter geringfügiger Verkürzung
seiner Wellenlänge etwas nach Osten vorankommt. Wir verbleiben aber auf seiner
Vorderseite, allerdings nimmt die südliche Höhenströmung etwas ab. Während das
o.e. Bodentief vergleichsweise inspirationslos über der Nordsee herumömmelt,
bildet sich noch im Laufe des Samstags über dem Tyrrhenischen Meer ein weiteres
Tief, das in Richtung Ostalpen und von dort auf Vb-ähnlicher Bahn (relativ weit
westlich) gen Norden zieht. Es soll am späten Sonntagabend das Oderhaff
erreichen und mit Hilfe des „Gegenstromgenerators“ (der trotz nachlassender
Höhenströmung am Laufen bleibt) dem Süden und Osten sowie der östlichen Mitte
einen niederschlagsreichen Novembersonntag bescheren. Dabei könnte es im
westlichen, also dem kalten Teil des Niederschlagskorridors relativ weit runter
schneien, wie man überhaupt sagen muss, dass die Wetterlage sehr dem Muster vom
vergangenen Freitag ähnelt. Dass der Verfasser an dieser Stelle stark
konjunktivlastig formuliert, hat seinen Grund darin, dass die anderen Modelle
das Vb-Gegenstrom-Spielchen so gar nicht mitspielen wollen, doch dazu später
mehr.

Für den Wochenanfang jedenfalls simuliert IFS das nach Schweden abziehende
Vb-Tief, was bei uns steigenden Luftdruck zur Folge hat. Dadurch wird ein bis
zur Mitte gerichteter Hochkeil generiert, der dem Süden und der Mitte weitgehend
trockenes Wetter beschert. Gleichzeitig deutet sich ein Abtropfen des Höhentrogs
in Richtung westliches Mittelmeer an. Der im Norden übrigbleibende Trogrest
sorgt in Norddeutschland für den einen oder anderen Schauer.
In der Folge (erweiterte Mittelfrist) gelangen wir auf die Vorderseite eines
umfangreichen und hochreichenden Zentraltiefs über dem nahen Ostatlantik, dem
hoher Luftdruck über dem nahen Osteuropa gegenübersteht. Dabei überwiegt
zunächst der Hochdruckeinfluss bei niedertroposphärisch eher milden Temperaturen
von über 0°C.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am Donnerstag und bedingt auch
noch am Freitag liegen die jüngsten Modellläufe von IFS (ECMF) sehr dicht
beieinander, so dass die Konsistenz als gut bezeichnet werden kann. Das ändert
sich ab dem kommenden Wochenende. Zwar weist die Großwetterlage nach wie vor
einen gemeinsamen Grundcharakter auf (TrW => Trog Westeuropa), in den Details
(u.a. Verhalten der kurzwelligen Anteile in und um den Trog herum, räumliche
Zuordnung der synoptischen Strukturen allgemein) nehmen die Unterschiede aber
derart zu, dass sie durchaus Auswirkungen auf die Wettervorhersage haben. Das
trifft sowohl auf den Niederschlag als auch auf die Temperatur zu. Von daher
(also rein aus Konsistenzgründen) muss die Prognose als unsicher eingestuft
werden.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die letzte Aussage wird nicht zuletzt dadurch untermauert, indem die anderen
großen Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO) die Meinung von IFS ganz und gar
nicht teilen. Schon von Anfang an beginnen die Modelllösungen zu divergieren,
was u.a. an den Niederschlagssimulationen deutlich wird. Während sich IFS und
ICON am Donnerstag noch weitgehend kongruent geben, favorisiert GFS einen
regnerischen Osten und Nordosten.
Zum Wochenende wird es nicht besser mit den Gemeinsamkeiten. Jedes Modell
rechnet die Geometrie des Höhentroges anders, was natürlich auch Auswirkungen
auf die korrespondierenden Tiefdruckgebiete hat. Das niederschlagsreiche
Vb-Szenario von IFS für Sonntag findet sich nirgendwo wieder.

FAZIT: Die zuvor schon angesprochene Unsicherheit der Vorhersage wird durch den
Modellvergleich alles andere, nur eines nicht – sicherer!

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bleibt also noch die Hoffnung, dass die Ensembles eine gewisse Hilfestellung
leisten. Diese Hoffnung bekommt aber schon einen ersten herben Dämpfer, wenn man
sich die Clusterung von IFS-EPS für den Zeitraum T+72…96h (Donnerstag auf
Freitag) anschaut. Mit sechs Clustern werden die Möglichkeiten voll
ausgeschöpft, auch wenn sich das Grundmuster kaum voneinander unterscheidet. Es
zeigt aber, dass in der Prognose ein hohes Volatilitätspotenzial steckt, was im
nächsten Zeitfenster (T+120…168h, Samstag bis Montag) gleich mal eindrucksvoll
bestätigt wird. Zwar reduziert sich Anzahl der Cluster auf fünf, und auch das
Grundmuster TrW (Trog Westeuropa) respektive das Klimaregime „Blocking“ findet
sich überall wieder, trotzdem wird die weiter oben schon einmal getroffene
Aussage voll bestätigt. So wird die Geometrie des Troges jeweils etwas anders
gerechnet, was dann natürlich auch für die kurzwelligeren Anteile im und um den
Trog herum gilt. Zwar liegen Haupt- und Kontrolllauf im am stärksten besetzten
Cluster 1, allerdings sind gerade mal 14 Fälle für einen Tabellenführer keine
nachhaltige Empfehlung (die weiteren Zahlen lauten 10, 10, 9, 8). Ab Dienstag
(T+192…240h) geht es runter auf vier Cluster, die eigentliche alle anzeigen,
dass wir den Trog oder zumindest ein Tief über Westeuropa nicht loswerden.
Die Tatsache, dass das Großwetterlagenmuster in den Clustern ähnlich ist und die
Unterschiede eher in den Details zu finden sind, erklärt, warum die
EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zwar schon früh in die Spreizung
gehen, der Spread insgesamt aber nicht ins Unermessliche rutscht. Auffallend
ist, dass Haupt- und Kontrolllauf beim Geopotenzial 500 hPa den unteren Rand der
Kurvenschar markieren. Das Gros der Lösungen zeigt ein z.T. deutlich höheres
Potenzial (vor allem im Osten), was eher gegen die niederschlagsreiche
Vb-Variante spricht. Gestützt wird die Aussage auch dadurch, dass die
Niederschlagssignaldichte am Sonntag trotz einer leichten Akkumulation nicht so
überbordend hoch ist. Kurzum, auch die Ensemblevorhersage bringt uns nur bedingt
weiter, die Vorhersage ist von Vornherein unsicher.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Trotz nicht vorhandener IFS-EPS-Wahrscheinlichkeiten für die Überschreitung
signifikanter Niederschlagsschwellen zeichnet sich keine markante
Dauerregenwarnung im Mittelfristzeitraum ab. Wo wann wie viel Schnee fällt und
ob überhaupt, ist aufgrund der Diversität der Niederschlagsprognosen nicht
seriös zu beantworten.
Auch beim Parameter „Wind“ stehen die Zeichen eher auf beschaulich denn auf
brisant. Zwar weht der meist südliche bis östliche Wind auf den Bergen zeitweise
etwas schärfer mit Böen 8-9 Bft, wirklich vom Hocker holt das aber keinen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS mit MOS-Mix und ein wenig instinktiver Improvisation. Aufgrund der
geschilderten Unsicherheiten wird viel mit Allgemeinplätzen gearbeitet.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann