S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 18.10.2019 um 10.30 UTC

Vorübergehend ruhiges, trockenes und (höhen-)mildes Wetter, in den Alpen
allerdings zeitweise Föhnsturm. Zum Ende der Woche wieder etwas unbeständiger,
zumindest im Norden auch wieder spürbar kühler.

Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 25.10.2019

Zu Beginn der Mittelfrist stellt sich die Großwetterlage um. Aus einer
zyklonalen Südwestlage wird eine antitzyklonal dominierte, im Verlauf zeitweise
außerordentlich (höhen-)milde Wetterlage.

Am Montag befinden wir uns immer noch auf der Vorderseite unseres altbekannten
Höhentroges, der mit seiner positiv geneigten Achse vom Skagerrak über die
Biskaya bis zu den Kanaren reicht, in einer südsüdwestlichen Höhenströmung.
Eingeklemmt zwischen einem zu den Britischen Inseln schwenkenden Rücken und
einer Höhenantizyklone mit Schwerpunkt über dem Balkan wird der Trog immer mehr
in die Länge gestreckt. Da er zudem in seinem Nordteil von kräftiger WLA
durchstoßen und entsprechend „zugeschüttet“ wird, tropft er weiter südlich
multipel ab. Zwei signifikante Cut-Off zeichnen sich nach Lesart des jüngsten
IFS-Laufes über der Straße von Dover sowie am Kap Finisterre ab. Kurzwellige
Anteile von Ersterem sowie das von Jütland Richtung Baltikum durchschwenkende
Trogresiduum stützen eine Welle an der nach wie von Südwest nach Nordost über
Deutschland liegenden Frontalzone. An der wellenden Front vom Südwesten bis in
den Nordosten sowie im Umfeld des Cut-Offs im Nordwesten regnet es recht
verbreitet schauerartig, allerdings mit abnehmender Intensität, sodass die
etwaige, in der Kurzfrist beginnende Dauerregensituation beendet wird. Nach
Südosten zu ist es freundlicher und meist trocken, am anfangs noch föhnigen
Alpenrand (Böen Bft 9-10 auf Alpengipfeln, Bft 7 in anfälligen Tälern)
möglicherweise gar sonnig. Die Frontalzone trennt maritime, erwärmte Polarluft
von sehr milder Subtropikluft (T850 von Nordwest nach Südost 4 bis 15 Grad), was
sich entsprechend auch in den Tmax wiederspiegelt (kaum 15 im Nordwesten, bis
knapp 25 in Südostbayern).

Am Dienstag nistet sich das südliche, sehr kräftige Cut-Off mit seinem Kern über
der Iberischen Halbinsel ein. Auf der Vorderseite wird über Nordafrika und dem
westlichen Mittelmeer eine imposante Zyklogenese induziert, die wohl noch
Aufsehen erregen wird (unwetterträchtiges „High-Impact-Weather“). In
Mitteleuropa geht es ungleich ruhiger zu. Zum einen schwenkt der Rücken über den
Britischen Inseln zur Nordsee, zum anderen wölbt sich durch kräftige WLA auf der
Vorderseite des südlichen Cut-Offs, ausgehend von der Antizyklone über dem
Balkan ein weiterer Rücken Richtung Frankreich auf. Dazwischen finden sich zwar
noch Reste des nördlichen Cut-Offs, das vermutlich als Randtrog der mittlerweile
weit nördlich über Nordeuropa verlaufenden Frontalzone über Norddeutschland
hinweggesteuert wird, die Wetterwirksamkeit hält sich aber stark in Grenzen (ein
paar schlappe Schauer). Am Boden setzt sich nämlich bereits Hochdruckeinfluss
durch. Ein Keil des Azorenhochs schießt von Westen herein und bildet eine
eigenständige Hochzelle über Mitteleuropa. Die Frontalzone bekommt vorübergehend
Schub und wird als Kaltfront in den Süden und Südosten gedrückt, wo sie sich
unter dem großräumigen Absinken aber auflöst. Entsprechend präsentiert sich die
Mitte und der Süden recht freundlich. Da die Temperaturen auf 850 hPa auch im
Süden zurückgehen, weicht der Temperaturgegensatz insgesamt etwas auf,
wenngleich der Süden weiterhin am wärmsten wegkommt (Tmax um 20 Grad).

Am Mittwoch schwenkt der Rücken der Antizyklone über dem Balkan unter
Verstärkung nach Deutschland. Die dadurch gestützte Hochzelle wandert nach
Osteuropa ab, wodurch Deutschland in eine südöstliche bis südliche Strömung
gelangt. In ihr setzt sich niedertroposphärisch eine neuerliche Erwärmung durch
(T850 verbreitet 10 bis 17 Grad). Nach Auflösung zäher Nebelfelder, die sich in
einigen Flussniederungen durchaus auch den ganzen Tag halten können, scheint
verbreitet die Sonne. Nicht ganz so freundlich präsentiert sich lediglich der
Norden, wo an der Nordabdachung des Rückens das Absinken nicht ganz so effektiv
ist und feuchte Luft aus Südwesten advehiert wird.

Ab Donnerstag wird das Wettergeschehen etwas zyklonaler. Ein Kurzwellentrog, der
wieder etwas stärker mäandrierenden Höhenströmung über dem Nordatlantik und
Nordeuropa, schwenkt von den Britischen Inseln über die Nordsee nach
Skandinavien. Er hobelt den Rücken über Deutschland ab. Die Kaltfront des
korrespondierenden Sturmtiefs greift mit Wolken und etwas Regen auf den
Nordwesten und Norden über. Auch im Südwesten wird es wieder wolkiger, den auf
der Vorderseite des hochreichenden (Unwetter-)Tiefs über dem westlichen
Mittelmeer sickert feuchtere Luft ein. Es wird sogar etwas Labilität erzeugt,
fehlender dynamischer Antrieb und ein Deckel machen Schauer und Gewitter aber
eher unwahrscheinlich. Nach Südosten und Osten zu steht dagegen ein weiterer,
fernab zäher Nebelfelder sehr freundlicher und milder Tag ins Haus. Je nach
räumlicher Exposition des Cut-Offs über dem Mittelmeer, könnte sich an den Alpen
allerdings wieder ein Föhnsturm einstellen.

Am Freitag und in der erweiterten Mittelfrist stellt sich ein klassisches
Viererdruckfeld ein, mit hochreichenden, steuernden Tiefdruckkomplexen über dem
Nordatlantik und Fennoskandien/Nordwestrussland und Hochdruckgebieten über
Grönland und Südosteuropa. Die Temperaturgegensätze an der zwischen den Tiefs
mäandrierend verlaufenden Frontalzone werden dadurch weiter verschärft.
Typischerweise haben die Modelle Probleme, die sich aus diesem „instabilen“
Zustand eines Viererdruckfeldes heraus entwickelnde Großwetterlage zu erfassen.

Entsprechend unsicher ist auch die Wetterentwicklung für Deutschland.
Prinzipiell dominiert im Süden aber zunächst antizyklonales, mildes Wetter,
während es im Norden nahe oder unter der Frontalzone unbeständiger und kühler
sein dürfte. Ob es nachfolgend zu einem ersten signifikanten Kaltluftvorstoß
kommt, oder sich auch im Norden wieder milderes Wetter durchsetzt, ist völlig
offen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis Donnerstag weist die jüngste IFS-Simulation von 00UTC keine
prognoserelevanten Unterschiede zu seinen Vorgängern auf. Die Umstellung zu
einer vorübergehend ruhigen, niederschlagsarmen und wahrscheinlich auch sehr
milden Wetterlage ist sicher.
Auch danach darf die Konsistenz der neusten IFS-Modellläufe zumindest als
passabel bezeichnet werden. Zwar wird das Timing und die Ausprägung des
neuerlichen Trogvorstoßes unterschiedlich simuliert, der Grundtenor der
deterministischen IFS-Läufe geht in der erweiterten Mittelfrist aber recht klar
in Richtung „leicht wechselhafter“ und vor allem im Norden „spürbarer kühlerer
Witterung“.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die an dieser Stelle üblicherweise betrachteten, großen Globalmodelle (GFS,
ICON) weisen in ihren jüngsten Simulationen keine prognoserelevanten
Unterschiede zum IFS auf – zumindest bis Donnerstag. Danach zeigen sich – wie
schon innerhalb der IFS-Modellwelt – gewisse Unterschiede bei Timing und
Ausprägung des Trogvorstoßes. GFS zeigt im Verglich zu IFS und ICON eine für
Deutschland zurückhaltende Variante. Demnach würde nur der äußerste Nordwesten
von einer schwachen, kaum wetteraktiven Kaltfront erfasst werden.
Auch nachfolgend fährt GFS eine ganz andere Schiene als ICON und IFS. Zwar
rechnet es auch ein Viererdruckfeld, das aber deutlich nach Norden verschoben
ist. Deutschland verbliebe auf der (höhen-)warmen, antizyklonalen Seite.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Auswertung der Ensemblevorhersagen des IFS ergeben bis Donnerstag keine
wesentlich von der deterministischen Modellbetrachtung abweichenden
Erkenntnisse. So verlaufen die Rauchfahnen für 850-hPa-Temperatur und
500-hPa-Geopotenzial gut gebündelt, wobei der deterministische IFS-Lauf stets
gut in die Ensembleschar eingebettet ist.

Danach nimmt der Spread sowohl in Temperatur als auch Geopotenzial sprungartig
zu. Bei der 850-hPa-Temperatur beträgt die Spannweite schon am Freitag 20 K (+15
bis -5 Grad). Während einige Member auf konstant hohem Temperatur- und
Geopotenzial-Niveau verharren, zeigt die Mehrheit der Member einen
(vorübergehenden) moderaten, einige wenige einen signifikant starken und
nachhaltigen Temperaturrückgang.

FAZIT: Die Probleme mit der Vierderdruckfeld manifestieren sich auch im IFS-EPS.
Es ist völlig offen, was ab der erweiterten Mittelfrist (also zum Ende der
Woche) passiert. Stellt sich eine kalte, unbeständige Trog- oder Trograndlage
ein oder setzt sich das (höhen-)milde und ruhige Wetter fort?

Entsprechend polarisiert zeigt sich auch das Clustering für den Zeitraum
+192-240h: es werden 4 Cluster angeboten, die die komplette „Range“ an möglichen
Großwetterlagen bzw. Zirkulationsregimen abdecken. Das milde Lager
(Positive/Negative NAO mit Austrogung über West-/Nordwesteuropa) ist 26 Member
stark, das eher kalte Lager (Blocking/Atlantic Ridge) 25 Member stark – quasi
Patt.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STURM:
Am Montag in den Alpen anfangs noch Föhn mit (schweren) Sturmböen auf
Alpengipfeln und starken bis stürmischen Böen in anfälligen Föhntälern.
Am Mittwoch und Donnerstag an den Alpen wieder auflebender Föhn. Dabei Sturmböen
auf Alpengipfeln wahrscheinlich.

Ansonsten wahrscheinlich keine markanten Wettererscheinungen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, IFS-/MOS-MIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser