SXEU31 DWAV 130800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Dienstag, den 13.08.2019 um 08 UTC

GWL und markante Wettererscheinungen:
TrM/Wz
Leicht unbeständig und recht kühl; heute im Norden/Nordwesten einzelne Gewitter
mit stürmischen Böen. Zeitweise windig, am Donnerstag auf einzelnen Berggipfeln
Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC

Dienstag… befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines umfangreichen
Langwellentroges mit einem zentralsteuernden Tief südlich von Island. Ausgehend
von einer Randtrogentwicklung über Südwestnorwegen erstreckt sich die Haupttrogachse über die Nordsee und das westliche Mitteleuropa hinweg südwärts
bis in den westlichen Mittelmeerraum. Im Tagesverlauf kommt sie ein wenig nach
Osten voran und greift zum Abend hin auf den äußersten Westen des Vorhersagegebietes über.
Im Bodenfeld erstreckt sich der Keil eines Hochs bei den Azoren über Frankreich
hinweg bis nach Süddeutschland, während sich im Lee des Norwegischen Küstengebirges über dem Oslo-Fjord ein Tief entwickelt hat, das zunächst quasistationär bleibt und sich kaum auffüllt. Somit gelangt von Nordwesten her
erwärmte (wegen des relativ weiten Weges von den nördlichen Breiten über den
Nordatlantik und die Nordsee) maritime Polarluft ins Vorhersagegebiet. Inzwischen hat die Kaltluftadvektion niedertroposphärisch ihren Höhepunkt erreicht, die Temperatur in 850 hPa bewegt sich zwischen 4 Grad im Nordwesten
und 8 Grad im Südosten des Landes.
Der äußerste Südosten befindet sich noch im Übergangsbereich zur deutlich wärmeren Luftmasse subtropischen Ursprungs südlich der Alpen, innerhalb derer es
auch heute einmal mehr über Norditalien und im Bereich der Adria schwere Gewitter geben dürfte. Nördlich der Luftmassengrenze sorgt eine „Gegenstromlage“
(Nordost am Boden, Westsüdwest in der Höhe) für Aufgleiten und leichte Niederschläge im Südosten Bayerns, so dass dort ein eher trüber Tag ins Haus
steht, die Regenmengen bewegen sich aber weit unterhalb jeglicher Warnkriterien.

In den Nordwesten und Norden des Landes gelangt dagegen mit Annäherung der Trogachse eine zunehmend höhenkalte Luftmasse. Am Nachmittag und Abend sinkt die
Temperatur in 500 hPa dort auf etwa -22 bis -25 Grad. Bereits aktuell fällt dort
im Einflussbereich eines flachen kurzwelligen Troganteils, der im Laufe des Vormittags rasch über den Nordwesten hinweg nordostwärts zieht, gebietsweise
schauerartiger Regen, ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen, gebietsweise
kann dabei vor allem in Ost- und Nordfriesland auch Starkregen auftreten. Bis
zum Mittag klingen die Schauer dort vorübergehend ab, lebt aber mit Annäherung
der Haupttrogachse (im Vorfeld bietet PVA auch etwas dynamischen Hebungsantrieb)
bereits am frühen Nachmittag wieder auf. Mit etwas Einstrahlung können vorher
noch etwa 200 bis 500 J/kg ML-Cape generiert werden, so dass dann vermehrt auch
mit kurzen Gewittern zu rechnen ist. Die PPW-Werte gehen im Tagesverlauf mit
zunehmender Advektion der Luftmasse polaren Ursprungs auf um oder knapp unter 20
mm zurück, so dass das Starkregenkriterium wohl allerhöchstens in Regionen mit
wiederholt auftretender Schauertätigkeit gerissen wird. C-D2 simuliert im Zeitraum 12 bis 18 UTC gegenüber dem Zeitraum 0 bis 6 UTC und auch 6 bis 12 UTC
deutlich geringere Wahrscheinlichkeiten für mehr als 20 mm in 6 Stunden. Somit
tritt als Begleiterscheinung der Gewitter mehr und mehr der Wind in den Vordergrund. In 850 hPa werden 20 bis 25 Knoten simuliert und zusammen mit der
durch die Verdunstungsabkühlung gegebenen Impuls (Stichwort: D-Cape) können an
kräftigeren Entwicklungen durchaus mal Böen Bft 7 bis 8 aus Südwest bis West
auftreten. Im Bereich einer im Tagesverlauf durchschwenkenden Bodentrogachse
kann es vor allem vom östlichen Niedersachsen bis nach Nordbrandenburg bzw. Ostvorpommern auch ohne Schauer eventuell mal für eine Bft 7 reichen. Unklar ist noch, wie weit die Schauer am späten Nachmittag und Abend nach Süden
ausgreifen. Die meisten Modelle simulieren sie in etwa bis zu einer Linie Eifel
– Nordbrandenburg. AROME lässt sie dagegen bis zur Nordpfalz und nach Mittelhessen ausgreifen.
In den Regionen zwischen den Schauern im Norden und Westen und den leichten Regenfällen im Südosten Bayerns steht dagegen ein wettertechnisch ruhiger Tag
ins Haus. Bei einem Sonne-Quellwolkenmix bleibt es überwiegend trocken, vor allem am Oberrhein und in der Lausitz scheint die Sonne auch recht häufig. Die
Höchsttemperaturen erreichen im Nordwesten und im äußersten Südosten Werte zwischen 17 und 21 Grad, im Bereich dazwischen etwa 20 bis 24 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt die Trogachse über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts. Der dynamische Hebungsantrieb lässt im Bereich der Achse rasch
nach, rückseitig dominiert schwaches Absinken. Mit der erhöhten Labilität über
den relativ warmen Küstengewässern (dort werden nach wie vor mehrere 100 J/kg
Cape simuliert) entwickeln sich aber vor allem dort weitere Schauer und auch
kurze Gewitter. Auch über den mittleren Landesteilen werden unmittelbar im Vorfeld der Trogachse noch leichte schauerartige Niederschläge simuliert, die
ostwärts ziehen und nach deren Durchschwenken rasch nachlassen. Im Südosten Bayerns können sich die leichten Regenfälle im Vorfeld der Trogachse vorübergehend etwas verstärken, bleiben aber weiterhin deutlich unterhalb der
Warnschwellen (unter 10 mm in 12 Stunden).
Im Bodenfeld kann sich der nach Südwest- und Süddeutschland gerichtete Hochkeil
etwas verstärken und beginnt sich, nach Norden auszuweiten. Allerdings kann sich
an der sich verstärkenden Absinkinervsion vermehrt Sc-Bewölkung ausbreiten, so
dass es nur in wenigen Regionen gering bewölkt bleibt. Dort bildet sich örtlich
Nebel. Mit Tiefstwerten zwischen 12 und 6 Grad fällt die Nacht recht kühl aus,
an den Küsten bleibt es etwas milder.

Mittwoch… schwenkt der Trog weiter ins östliche Mitteleuropa, ein weiterer
Kurzwellentrog greift im Tagesverlauf vom nahen Ostatlantik auf die Britischen
Inseln über. Dazwischen wölbt sich ein durch WLA gestützter flacher Höhenrücken
auf, der am Abend den Westen Deutschlands erreicht. Im Vorhersagebereich dominiert somit vorübergehend Absinken.
Mit Abzug des Troges wird die höhenkalte Luftmasse allmählich nach Osten abgedrängt. Dennoch reicht es über den warmen Küstengewässern bevorzugt am Vormittag und Mittag noch für einzelne Schauer, eventuell auch ein kurzes Gewitter. Nachmittags kommt aber auch dort wohl die Schauertätigkeit allmählich
zum Erliegen, zuletzt im Bereich der Ostseeküste. Auch im Südosten Bayerns hört
es am Vormittag auf zu regnen.
Das Bodenhoch über Süddeutschland kann sich vorübergehend noch etwas verstärken,
ein Keil reicht auch bis nach Norddeutschland. Mit beginnender WLA setzt aber
bereits im Tagesverlauf von Westen her wieder Druckfall ein. Dabei zieht ein mit
dem oben erwähnten Kurzwellentrog bis zum Abend ins Seegebiet knapp westlich von
Schottland. Das weitgehend okkludierte Frontensystem überquert die Britischen
Inseln und erreicht abends die westliche Nordsee.
Im Vorhersagegebiet kann sich unter Zwischenhocheinfluss im Tagesverlauf zunehmend die Sonne durchsetzen, die Sc-Bewölkung lockert auf, übrig bleiben
Quellwolken. Erst zum Nachmittag und Abend ziehen dann ganz im Westen mit Annäherung des Frontensystems wieder dichtere Wolken auf, es bleibt aber wohl
noch trocken. Bei Temperaturen in 850 hPa zwischen 5 Grad im Norden und 10 Grad
ganz im Süden werden Höchstwerte zwischen 19 und 24 Grad erreicht, an den Küsten
und im Bergland bleibt es etwas kühler.

In der Nacht zum Donnerstag wird der sich noch ein wenig aufwölbende kurzwellige
Höhenrücken mit der flotten Westströmung rasch ostwärts über das Vorhersagegebiet hinweg geführt. Der Kurzwellentrog greift bis zum Morgen auf
die mittlere Nordsee, Benelux und Frankreich über. Das korrespondierende Bodentief zieht ebenfalls zur mittleren Nordsee, das okkludierte Frontensystem
erreicht morgens den Nordwesten und Westen Deutschlands. Die frontalen Hebungsprozesse werden dabei anfangs durch WLA, später durch PVA dynamisch unterstützt, so dass im Laufe der Nacht Regen einsetzt, der sich über weite Teile Nordwestdeutschlands bis in die mittleren Landesteile ausweitet. Die Mengen bleiben weit unterhalb der Warnschwellen, lediglich ganz im Nordwesten
(GFS im westlichen Ostfriesland, ICON-EU im nördlichen Weser-Emsgebiet) werden
mehr als 10 mm in 12 Stunden simuliert. Mit Annäherung des Troges und sich verstärkender Labilität sowie PVA-induzierter Hebung kann es gegen Morgen ganz
im Nordwesten (am ehesten im westlichen Teil der Deutschen Bucht) auch einzelne
Gewitter geben. Im Osten und Süden bleibt es noch trocken.
Mit der Annäherung des Tiefs geht eine deutliche Gradientverschärfung vor allem
im Norden und Westen einher. Im Nordseeumfeld treten ausgangs der Nacht steife
Böen (Bft 7) aus südlichen Richtungen auf, auf dem Brocken stürmische Böen oder
Sturmböen (Bft 8 bis 9). Die Tiefstwerte liegen zwischen 15 Grad unter den dichten Wolken im Westen und Nordwesten und 6 Grad bei länger klarem Himmel in
einigen Tälern im Südosten des Landes.

Donnerstag… verlagert sich der Kurzwellentrog unter leichter Amplifizierung
weiter Richtung Vorhersagegebiet, abends befindet sich dessen Achse aber noch
knapp westlich davon, so dass wir unterhalb der leicht diffluenten Vorderseite
bleiben. Durch PVA ist somit nach wie vor etwas dynamischer Hebungsantrieb geboten.
Die Okklusion zieht bis zum Abend ins östliche Mitteleuropa. Ihr folgt erwärmte
Meeresluft subpolaren Ursprungs, die sich neben höheren Temperaturen in 850 hPa
(zwischen 8 und 11 Grad) auch durch einen höheren Feuchtegehalt auszeichnet (PPW-Werte zwischen 25 und 30 mm). Mit Übergreifen des Höhentroges wird mit etwas Höhenkaltluft auch mehr Labilität generiert, ICON-EU simuliert 200 bis
knapp über 500 J/kg ML-Cape. Somit nehmen die Niederschläge im Tagesverlauf einen mehr und mehr konvektiven Charakter an, recht verbreitet gibt es Schauer
und auch kurze Gewitter. Als Begleiterscheinungen sind wohl neben einzelnen stürmischen Böen oder gar Sturmböen am ehesten noch Starkregen, eventuell auch
kleinkörniger Hagel ins Kalkül zu ziehen.
Etwas ausgenommen davon bleiben wohl nur der äußerste Südwesten, der sich nach
wie vor nahe am Bodenhochkeil über dem benachbarten Frankreich befindet. Auch
nach Osten zu (Südostbayern, Lausitz) scheint noch länger die Sonne, dort treffen die ersten Schauer/Gewitter wohl erst am späten
Nachmittag/frühen Abend
ein.
Das Bodentief zieht bis zum Abend nach Lesart des ICON ins Seegebiet westlich
von Dänemark, nach IFS und GFS bleibt es ein wenig weiter nördlich. An dessen
Südflanke verschärft sich der Gradient noch etwas und es treten vor allem im
Westen und Norden auch im Binnenland bzw. in den Niederungen sowie außerhalb der
Schauer einzelne steife Böen (Bft 7) aus West bis Südwest auf. In den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge kann es stürmische Böen geben, auf exponierten
Gipfeln (Brocken) Sturmböen.
An den Temperaturen ändert sich insgesamt nur wenig. Die Höchstwerte liegen erneut zwischen 18 und 24 Grad, mit mehr Sonne in der Lausitz und in Südbaden
vielleicht um 25 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung

Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Warn- und prognoserelevante Unterschiede sind kaum auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff